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Nach 24 Jahren in Zittaus Innenstadt das Ende: Schlussverkauf in Textil-Laden

Dong Tran Van und Tam Hoang Thi schließen ihr Geschäft an der Frauenstraße in Zittau. Warum sie Abschied nehmen.

Von Thomas Christmann
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Dong Tran Van und seine Frau Tam Hoang Thi vor dem Geschäft an der Frauenstraße 1 in Zittau. Dort läuft der Ausverkauf.
Dong Tran Van und seine Frau Tam Hoang Thi vor dem Geschäft an der Frauenstraße 1 in Zittau. Dort läuft der Ausverkauf. © privat

Die Entscheidung ist ihnen schwergefallen. Seit Jahren haben Dong Tran Van sowie Frau und Mitarbeiterin Tam Hoang Thi darüber nachgedacht, den Laden "Citytextil" an der Zittauer Frauenstraße 1 zu schließen. Bisher verschoben beide das Vorhaben. "Um die Kunden nicht zu enttäuschen", erklärt der Inhaber. "Doch irgendwann muss Schluss sein." Der Grund ist das Alter: Er ist 70, sie 65. Deshalb hört das Paar nun Ende Dezember auf, geht in Rente.

Aus dem Grund läuft seit diesem Monat der Schlussverkauf für das gesamte Sortiment, zu dem neben Oberbekleidung, Unterwäsche, Tischdecken und Taschen gehören. Damit Dong Tran Van das Geschäft leer bekommt, hat er die Preise für die Waren um bis zu 90 Prozent reduziert. Sollte am Ende nicht alles verkauft sein, will der Betreiber die Sachen spenden. "Es wäre schade drum, sie wegzuschmeißen", sagt der Händler.

Dong Tran Van kommt aus Vietnam. In Vinh Phuc geboren, besuchte der Bauern-Sohn eine Fachschule für Maschinenbau. Und war 1975 erstmals als Praktikant in der DDR. Drei Jahre arbeitete er im VEB Feinmeßzeug in Suhl. Wieder in der Heimat ist der Vietnamese in einer Werft in der Ho-Chi-Minh-Stadt - früher Saigon - in verschiedenen Funktionen tätig gewesen. Dort machte der Maschinenbauer ein berufsbegleitendes Studium zum Ökonom und lernte seine Frau kennen. Sie heirateten 1980, zwei Jahre später kam ihr Sohn auf die Welt. Als Vertragsarbeiter kehrte Dong Tran Van 1988 zurück in die DDR, leitete bei Frottana in Großschönau eine vietnamesische Arbeitsgruppe. Mit der Wende folgte die Arbeitslosigkeit.

Seit 32 Jahren als Händler tätig

Nach Vietnam wollte er nicht mehr und holte seine Familie nach. Nur ein Job fehlte, trotz Weiterbildung in Betriebswirtschaft. So übernahm Dong Tran Van mit vier Landsleuten die Gaststätte "Sachsenhof" in Zittau-Süd. Das habe nicht funktioniert, sagt der 70-Jährige. Am Ende blieb einer übrig, der darin noch heute ein Asia-Restaurant betreibt. Dong Tran Van machte sich 1992 als Einzelhändler selbstständig, in dem Jahr kam auch seine Tochter zur Welt. Für kurze Zeit verkaufte er Kleidung auf Wochenmärkten, fand dann in den Fleischbänken einen festen Standort: Die Fläche war klein, das Angebot gering, das Geld knapp. Die Leute seien nicht so wählerisch gewesen, sagt der Betreiber.

Um das Sortiment auszubauen, zog Dong Tran Van mit "Citytextil" 1996 in den früheren Sächsischen Hof an die Neustadt 34. "Das Geschäft lief gut, wir wären gern geblieben", sagt er. Ende 1999 musste der Laden schließen, weil ihm der Vermieter mit Blick auf einen Verkauf oder eine Sanierung des Hauses kündigte. Mit der Frauenstraße 1 fand der Händler ab 2000 ein neues Geschäft. Und konnte sich abermals vergrößern. Der Standort sei gut, da viel Laufkundschaft vorbeikomme, sagt der 70-Jährige. Zu der gehört eher die ältere Generation. Die Ware, die der Vietnamese vom Großhandel, kommt aus Europa und Asien holt: Die Sachen sind seiner Aussage zufolge zwar nicht von solcher Qualität wie Markenware, dafür aber preiswert. So könne sich jeder mit wenig Geld etwas Neues leisten, meint er.

Ab 2025 ist "Citytextil" Geschichte. Den Kontakt mit den Kunden wird das Ehepaar vermissen, denn über die Jahre sind Freundschaften entstanden. Andererseits freuen sich Dong Tran Van und Tam Hoang Thi auf den Ruhestand. Dann haben sie Zeit für ihre Kinder und Enkel, die im Stuttgarter Raum leben. Vielleicht wollen beide hinziehen und die deutsche Staatsbürgerschaft beantragen. Das Land ist zur zweiten Heimat geworden, in dem sie das restliche Leben verbringen wollen.