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Warum der Strom an der E-Tankstelle teurer als zu Hause ist

Ludwig Kern fährt ein Auto mit Elektromotor. Er kritisiert die schlechte Infrastruktur in Zittau und die Preise für die Kilowattstunde an öffentlichen Ladesäulen. Was die Anbieter dazu sagen.

Von Thomas Christmann
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Ludwig Kern steht mit seinem Skoda Citigo an den Ladesäulen der enBW am Kaufland Zittau, die noch nicht in Betrieb sind.
Ludwig Kern steht mit seinem Skoda Citigo an den Ladesäulen der enBW am Kaufland Zittau, die noch nicht in Betrieb sind. © Matthias Weber/photoweber.de

Die Zapfsäule kann Ludwig Kern zwar in die Hand nehmen, doch Strom fließt darüber bislang keiner in seinen Skoda Citigo. Schon vor Monaten errichtet, sind die beiden Ladesäulen der EnBW Energie Baden-Württemberg auf dem Kaufland-Parkplatz an der Äußeren Weberstraße in Zittau immer noch nicht in Betrieb. Den 76-Jährigen wundert das. Gerade die mangelnde Infrastruktur in der Stadt sieht der Rentner als einen der Gründe an, warum die E-Mobilität nur langsam vorankommt. "Sie hinkt dem Bedarf hinterher", sagt er.

Ludwig Kern hat sein Fahrzeug mit Elektromotor vor drei Jahren erworben - aus Gründen der Ökologie. Der Senior schätzt die im Vergleich zum Verbrenner geringeren Kosten, vor allem für die Werkstatt tendieren sie nach seiner Aussage gen Null. Mittlerweile ist der Rentner 47.000 Kilometer elektrisch gefahren. "Es gibt so gut wie keinen Verschleiß", meint der Zittauer mit Pfälzer Wurzeln. Die Reichweite des Skodas beträgt zwischen 120 und 350 Kilometern - je nach Witterung. Deshalb müssen längere Reisen geplant werden und steht bei ihm sparsames vor schnellem Fahren.

Er empfindet aber Zittau nicht nur in der Zahl der öffentlichen Ladepunkte als zu schwach, sondern auch in der technischen Ausstattung. So kann an den meisten der 14 bei Google Maps in Betrieb befindlichen Standorten nur bis zu 50 Kilowatt Strom die Stunde gezapft werden, an den wenigsten bis zu 150. Das bedeutet: Das Fahrzeug von Ludwig Kern braucht beispielsweise je nach Lade-Geschwindigkeit zwischen 30 und 90 Minuten für eine Füllung. Hinzu kommt der Preis pro Kilowattstunde: Der liegt je nach Anbieter in einer Spanne von rund 50 bis 90 Cent.

Ludwig Kern ist das zu viel. Der 76-Jährige nutzt eine öffentliche Ladesäule in Zittau nur noch im Notfall und hat sich stattdessen eine eigene für sein Zuhause angeschafft. Dort lädt sein Skoda zwar einige Stunden mehr, dafür zahlt er bei seinem Anbieter nur 29 Cent pro Kilowattstunde und meint: Auch ein niedrigerer Strompreis würde die Akzeptanz für E-Mobilität erhöhen.

Auslastung liegt nur bei 30 Prozent

Doch wie sehen die Anbieter die Situation vor Ort? Größter in Zittau sind die Stadtwerke mit neun Strom-Tankstellen für Elektro-Autos und einer für Elektro-Fahrräder. Die Standorte bieten 20 Ladepunkte. Im Vergleich zu anderen Städten in Ostsachsen hat Zittau nach den Worten des Geschäftsführers Rocco Deckert einen guten Ausbaugrad erreicht. Nur liegt die Auslastung der Ladesäulen nach seiner Angabe aktuell nur bei 30 Prozent und ist damit noch "stark steigerungsfähig". Hinzu kommt die Zahl zugelassener E-Fahrzeuge. Dort sei momentan eine Kaufzurückhaltung deutlich spürbar, sagt er. Von beiden Faktoren aber hängen weitere Investitionen ab. So haben die Stadtwerke derzeit nur einen neuen Standort an der Böhmischen Straße vorgesehen, deren Ausbau dieses Jahr endet. Und für die beiden Ladesäulen des Fremdanbieters bei Kaufland konnten sie laut Rocco Deckert "alle Voraussetzungen zeitgerecht" erfüllen.

EnBW betreibt nach eigenen Angaben schon heute das mit Abstand größte öffentliche Schnellladenetz Deutschlands, investiert jährlich bis zu 200 Millionen Euro und will 2030 von über 5.000 auf 30.000 Ladepunkten wachsen. "Dabei errichten wir die Infrastruktur dort, wo sie benötigt wird und sich in den Alltag der Menschen einfügt", berichtet Sprecherin Marie Reinfurt. So stehen in Zittau zwei E-Tankstellen mit vier Ladepunkten, die bis zu 150 Kilowatt Leistung bieten. Dass sie noch nicht genutzt werden können, hängt nach ihrer Aussage mit einem technischen Engpass zusammen - und kann noch keinen Starttermin nennen. "Weitere Standorte sind bereits in Planung", berichtet sie.

Während die Stadtwerke an ihren E-Tankstellen aktuell 50 Cent pro Kilowattstunde verlangen, liegen die Preise bei EnBW je nach Tarif bei 49 Cent mit einer monatlichen Grundgebühr von 5,99 Euro und bei 59 Cent ohne. Damit verlangen beide mehr als für ihren Hausstrom. Den Unterschied begründet die EnBW-Sprecherin mit Zusatzausgaben. So investiert das Unternehmen nicht nur in den Aufbau, sondern auch in den laufenden Betrieb. Das sind laut Marie Reinfurt zum Beispiel Kosten für Pacht, Service und Instandhaltung oder Wartung. Die Energiekosten sind ebenfalls andere, denn der Betreiber zahlt neben dem gelieferten Strom auch die bereitgestellte Leistung. "Also mit wie viel Kilowatt letztlich geladen werden kann", erklärt sie. Und zuletzt steht hinter den E-Tankstellen ein IT-System, beispielsweise für die Authentifizierung und Abrechnung. "Diese muss immer erreichbar sein", so die Sprecherin.

Rocco Deckert ergänzt, dass auch die Tarife für das Laden Zuhause stark variieren. "Je nach den individuellen Voraussetzungen", sagt er und nennt das Vorhandensein einer Photovoltaikanlage als Beispiel.

Die Stadtwerke sehen E-Autos als Bestandteil einer nachhaltigen Mobilität und begrüßen den Ausbau umweltfreundlicher Verkehrslösungen. Für EnBW sind sie gar von zentraler Bedeutung für die Mobilitätswende. "Also der Hebel für die dringend notwendigen CO2-Einsparungen im Verkehrssektor", sagt Marie Reinfurt. Zudem sei sie mit Abstand die effizienteste Antriebsform im motorisierten Verkehr. Ein dichtes und gutes Ladenetz in Deutschland stellt laut der Sprecherin eine wichtige Grundlage dar, dass sich immer mehr Menschen für ein E-Auto entscheiden. Das Unternehmen geht bis 2030 von einem Bedarf von etwa 120.000 Schnelllade-Punkten aus.