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Isergebirge: Plötzlich sind die Gipfelkreuze weg

Zwei Holzkreuze auf Bergen bei Hejnice im tschechischen Isergebirge sind verschwunden. Die Umstände sind unklar. Was bisher bekannt ist.

Von Petra Laurin
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Auf dem Gipfel des Palicník-Berges steht das Kreuz noch. Andere im Isergebirge sind verschwunden.
Auf dem Gipfel des Palicník-Berges steht das Kreuz noch. Andere im Isergebirge sind verschwunden. © Tomas Exner

Sie waren über drei Meter hoch, jeweils über 60 Kilogramm schwer. Und trotzdem hat jemand die Gipfelkreuze möglicherweise hinabgetragen von den Bergen Holubník (Taubehaus) und Ptačí kupy (Vogelkoppen) zwischen Hejnice (Haindorf) und Josefuv dul (Josefsthal). Beide Erhebungen befinden sich im tschechischen Teil des Isergebirges.

Wanderer, die nun hinaufsteigen, finden keinen markanten Punkt mehr, um das Ankommen zu feiern. Oder um Fotos zu machen. Die beiden hölzernen Kreuze auf den Bergkuppen sind verschwunden.

Darauf aufmerksam gemacht haben jene Bergsteiger, die die Zeichen dort vor Jahren errichtet hatten. Warum die Kreuze weg sind, wie das ablief und wer dafür verantwortlich ist, das ist noch nicht bekannt. Unklar ist zudem, ob hier Fälle von Vandalismus vorliegen, oder ob jemanden das Kreuz als christliches Symbol störte. Allerdings wurde die Polizei nach Recherchen der Sächsischen Zeitung nicht eingeschaltet; es laufen derzeit also keine Ermittlungen.

Bürgermeister ruft zur Hilfe auf

Der Erbauer des Holubník-Kreuzes ist Jan Novotný, ein lokaler Kletterer und Bergretter. „Ich habe es vor sieben Jahren zusammen mit einem Freund als ein Symbol für das Gebirge angefertigt. Wir haben es damals von der Ptačí kupy über zwei Kilometer bis zum Holubník geschleppt, das war nicht einfach“, erinnert Novotný im Gespräch mit der Presse.

Der Berg Holubník ist 1.070 Meter hoch und bietet mit seinem Aussichtsfelsen den Blick über das Isergebirge. Das Kreuz von der Ptačí kupy sei schon im letzten Herbst verschwunden. Es stand dort etwa drei Jahre lang. Es stammte nicht von Jan Novotný.

Vor der Stadt Hejnice, in deren Kataster sich der Gipfel des Holubníks befindet, wurde bereits ein Aufruf veröffentlicht, der helfen soll, die Angelegenheit zu klären. „Am Kreuz haben sogar zwei Hochzeiten stattgefunden“, erzählt Jaroslav Demčák, Bürgermeister von Hejnice. Die Bergsteiger sind nun auf der Suche nach dem Kreuz.

An die Anfertigung eines Ersatzes denkt Jan Novotný momentan noch nicht. Auch der Verein Patron, der die Kreuze im Isergebirge pflegt, wird keine neuen Kreuze aufstellen lassen. „Aus unserer Sicht sind die ursprünglichen historischen Denkmale wertvoll, die uns an die glücklichen oder traurigen Ereignisse im Gebirge erinnern“, sagt Bohumil Horáček, der Vorsitzende des Vereins. Er bezieht sich damit auf Denkmale allgemein, darunter auch Gedenktafeln. Es gebe hier rund vier Dutzend solcher Male. Sie seien im Buch über das Isergebirge („Kniha o Jizerských horách“) von Miroslav Nevrlý beschrieben und in der historischen Landkarte von Matouschek aus dem Jahr 1927 zu finden. „Es ist nicht üblich, dass ein solches Kreuz verschwindet. Aber es ist auch nicht gewöhnlich, neue Kreuze auf den Gipfeln aufzustellen, obwohl es das durchaus gibt.“

Zum Beispiel auf dem 944 Meter hohen Paličník (Käuliger Berg) oberhalb von Bílý Potok (Weißbach), dort passierte das 1992. Auch die Jizera (Siechhübel) – zweithöchster Berg im böhmischen Teil des Isergebirges – und im Jahr 1993 die Frýdlantské cimbuøí (Friedlander Zinne) erhielten solche. Das einzige historische Kreuz befinde sich auf dem Oøešník (Nussstein), südlich von Hejnice, wo es im 19. Jahrhundert von Franziskaner-Mönchen aus Haindorf aufgestellt wurde, sagt Jiøí Hušek, Leiter des Landschaftsschutzgebiets Isergebirge. Allerdings schreibt Rudolf Hemmerle im Sudetenland-Lexikon, das Kreuz sei 1945 entfernt worden. Allerdings befindet sich auch heute ein Kreuz auf dem Gipfel.

Vandalismus nimmt ab

Vor sieben Jahren haben Vandalen aber das gusseiserne Kreuz auf der Nová louka (Neuwiese) bei Bedřichov (Friedrichswald) zerbrochen, das der Patron-Verein bald neu aufstellen lassen will. Dennoch sei Vandalismus heute im Isergebirge nach der Meinung der Mitglieder des Vereins Patron weniger häufig, und wenn, dann konzentriere sich das Geschehen auf Orte mit höherer Touristenfrequenz.

Auch gegenüber deutschen Beschriftungen auf Denkmälern seien die Menschen toleranter geworden. „Die heutige Generation akzeptiert eher, dass die Vergangenheit der Region überwiegend deutschsprachig war“, bestätigte Horáček.

Ähnliches bestätigt sich immer wieder auch in Polen. Dort kümmern sich Einzelpersonen, Vereine oder auch Kommunen teils sehr intensiv beispielsweise um deutsche Friedhöfe, restaurieren und erhalten sie. In der Vergangenheit waren deutsche Worte nicht selten übermalt oder abgeschlagen worden.