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SZ + Zittau

Wie steht es um den Handel in den Innenstädten in der Region Löbau/Zittau wirklich?

Die Situation sieht laut des jüngst veröffentlichten Handelsatlas' in Zittau, Löbau und Ebersbach-Neugersdorf unterschiedlich aus. Die Probleme allerdings ähneln sich.

Von Frank-Uwe Michel
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Bärbel Michel vor ihrem Fachgeschäft für Wäsche und Strickmoden in der Inneren Weberstraße in Zittau. Der Laden feiert 30-jähriges Bestehen. Sonst aber gibt es hier den größten Leerstand in der Stadt.
Bärbel Michel vor ihrem Fachgeschäft für Wäsche und Strickmoden in der Inneren Weberstraße in Zittau. Der Laden feiert 30-jähriges Bestehen. Sonst aber gibt es hier den größten Leerstand in der Stadt. © Matthias Weber/photoweber.de

Bärbel Michel kann sich noch gut an die Zustände in der Inneren Weberstraße erinnern, als Bagger und Baufahrzeuge das Bild in der einstigen Zittauer Vorzeige-Einkaufsstraße bestimmten. Da war sie froh über jeden Kunden, der trotz aller Unbilden den Weg in ihr Fachgeschäft für Wäsche und Strickmoden fand. "Mein Laden hat die Straßensanierung überlebt", sagt sie. Jammern ist sowieso nicht ihr Ding. Aber auch nach dem Abschluss aller Arbeiten muss sie sehen, dass am Ende des Monats genug in der Kasse übrig bleibt. Denn Zittau gehört nicht gerade zur Spitzengruppe der Kommunen im Freistaat, was das verfügbare Netto-Einkommen und damit die Kaufkraft der Einwohner anbelangt.

Im Gegenteil: Gerade hat der vom Wirtschaftsministerium und der Industrie- und Handelskammer veröffentlichte Handelsatlas ergeben, dass die Stadt im Dreiländereck in dieser Kategorie die "rote Laterne" in Sachsen hält. Jeder Einwohner hat hier nur 5.284 Euro fürs Einkaufen im Jahr zur Verfügung. Im Vergleich zum Durchschnittswert von 6.128 Euro für den gesamten Freistaat und 5.714 Euro für den Landkreis Görlitz. In Löbau (5.583 Euro) und Ebersbach-Neugersdorf (5.641 Euro) sieht es ein kleines bisschen besser als in Zittau aus.

Zittau: Innere Weberstraße mit größtem Leerstand

Erschwerend für die Inhaberin des Zittauer Wäscheladens kommt hinzu, dass ihr Geschäft in der Inneren Weberstraße liegt. Denn hier gibt es mit 44 Prozent nicht vermieteten Gewerbeeinheiten den größten Leerstand unter Zittaus Geschäftsstraßen. In der Reichenberger Straße sieht es mit 37 Prozent nicht viel besser aus. Gefolgt von der Bautzener Straße mit 29 Prozent. Die Frauenstraße zwischen den beiden zentralen Plätzen der Innenstadt ist mit nur 9 Prozent Leerstand der einzige Hoffnungsschimmer.

Trotz der insgesamt wenig frohen Botschaft geht Stadtsprecher Kai Grebasch nach wie vor von "einer guten Sortimentsvielfalt" aus. Sie werde von inhabergeführten Fachgeschäften geprägt. Darauf ausruhen dürfe man sich aber nicht. "Hat in den 1990er Jahren die entstehende Konkurrenz auf der grünen Wiese den Unternehmen zu schaffen gemacht, ist es mittlerweile der Online-Handel." Dagegen könne man die Einzelhändler in der Innenstadt nicht schützen. "Aber wir unterbinden weitere Fehlentwicklungen mit Einzelhandelskonzept und Bebauungsplanung."

Bärbel Michel, die gerade das 30-jährige Bestehen ihres Ladens feiert, hätte noch einen anderen Tipp: mehr Parkmöglichkeiten in der Inneren Weberstraße. "Die Leute werden älter, das Laufen fällt schwerer. Es wäre gut, wenn im Straßenverlauf noch einige Stellflächen eingerichtet werden könnten." Nicht jeder sei in der Lage, die nächstgelegenen Plätze in der Inneren Oybiner Straße, an der Weberkirche und am Stadtbad zu nutzen.

Löbau: Magnetfunktion durch neuen Supermarkt

Auch Löbaus Stadtsprecherin Eva Mentele sieht in der Innenstadt einen guten Branchen-Mix. Eine aktuelle Leerstandsquote gibt es nicht. Der letzte verfügbare Wert stammt aus dem Einzelhandelskonzept von 2020: Damals waren 22 Prozent der verfügbaren Gewerbeflächen im Löbauer Zentrum nicht besetzt. "Die Leerstände konzentrieren sich insbesondere auf die Randbereiche der Innenstadt, vor allem auf die Innere Zittauer Straße." Das 2022 eingerichtete Citymanagement werde die Situation demnächst neu erfassen.

Insgesamt, schätzt Eva Mentele ein, hat sich die Situation des Löbauer Handels gegenüber den Vorjahren nicht sonderlich verändert. Die Probleme seien jedoch weiter vielfältig: vom zunehmenden Online-Handel über die steigenden Heiz- und Energiekosten bis hin zum fehlenden Personal.

Anders als in der Zittauer Innenstadt wird die kleinteilige, inhabergeführte Handelsstruktur flankiert von Märkten wie Lidl in der Poststraße, Diska in der Sachsenstraße und dem neu entstehenden Edeka in der Hartmannstraße. Gerade von diesem erhoffe man sich "eine gewisse Magnetfunktion", so die Stadtsprecherin. Darüber hinaus sehe das Einzelhandelskonzept unter anderem den Ausbau des Gastronomieangebots am Altmarkt vor. "Wir setzen viel daran, die Verweildauer der Menschen im Stadtzentrum zu erhöhen", begründet Mentele. Ein Punkt dabei sind auch zusätzliche Parkmöglichkeiten. Über 30 Stellflächen habe die Stadt 2022 auf dem Altmarkt geschaffen. Die Wege zu den umliegenden Händlern seien von da aus kurz.

Ebersbach-Neugersdorf: Viel Verkaufsfläche je Einwohner

"Die Nahversorgung hat sich in den vergangenen Jahren stetig verbessert", charakterisiert Stefan Halang von der städtischen Wirtschaftsförderung die Situation des Handels in Ebersbach-Neugersdorf. Mit 3,29 Quadratmetern gebe es überdurchschnittlich viel Verkaufsfläche je Einwohner. Im Vergleich zum gesamten Landkreis Görlitz entspreche dieser Wert 192 Prozent. Besonders dazu beigetragen hätten der neue Rewe sowie die Verlagerungen von Aldi und Edeka. Lediglich der Süden von Neugersdorf weise eine Lücke in der Nahversorgung auf.

Eine aktuelle Leerstandsquote ist in der Stadt derzeit nicht bekannt. Für die Zukunft rechnet Stefan Halang jedoch mit einer rückläufigen Vielfalt bei den Nahrungsmittelläden. Vor allem Fleischer und Bäcker hätten es in Ebersbach-Neugersdorf schwer, Nachfolger zu finden. Bei den Branchen zählt der Fachmann ebenfalls Defizite auf. Vor allem Sport- und Freizeitartikel seien unterrepräsentiert.

Um die Situation des Handels zu verbessern, sieht sich die Stadt in mehreren Punkten in der Pflicht. So sei das Parkplatzproblem verbesserungswürdig, kurze Wege wichtig, sagt Halang. "Die Menschen sind nicht mehr so mobil wie früher. Andererseits ist die Bereitschaft gesunken, Strecken zu Fuß auf sich zu nehmen." Schließlich wolle die Stadt auch den kleinteiligen Fachhandel stärker unterstützen. "Wir möchten dazu in diesem Jahr mit verschiedenen Branchen ins Gespräch kommen und Ideen austauschen", blickt der Wirtschaftsförderer voraus.