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Wie ein Zittauer zum "Cannabis-Farmer" wider Willen wurde

Auf dem Balkon von Bernd Renger in der Zittauer Innenstadt gedeiht eine prächtige Cannabispflanze - ein zwar nicht geladener und doch gern gesehener Gast.

Von Markus van Appeldorn
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Bernd Renger erfreut sich an seiner Cannabis-Pflanze auf seinem Balkon.
Bernd Renger erfreut sich an seiner Cannabis-Pflanze auf seinem Balkon. © Matthias Weber/photoweber.de

Im Ruhestand hat sich Bernd Renger ein gemütliches Nest gebaut. Sein Haus in Dittelsdorf war ihm allein zu groß geworden, er siedelte um in eine Mietwohnung in der Zittauer Innenstadt. "Hauptsache Altbau und ein großer Balkon", sagt er. Diesen Balkon kennzeichnet ein Schild mit der Aufschrift "Wohlfühloase". Viele Blumen wachsen dort, Lavendel sorgt für ein bisschen provenzalischen Charme, mit einem Vogelhäuschen lockt er auch singende Gäste an. Und eines dieser Vögelchen hat vermutlich den Samen einer Pflanze mitgebracht, die seit neuestem prominent auf Rengers Balkon gedeiht: Cannabis.

Bernd Renger liebt alles, was wächst und gedeiht - er ist ein Mann vom Fach. "Ich war 22 Jahre lang als Landschaftsgartenbauer in Baden-Württemberg im Großraum Stuttgart beschäftigt", erzählt er. Und dort war er mit Schaffung von Gartenpracht ganz anderer Dimensionen betraut, als der seiner kleinen "Wohlfühloase". "Ich war zum Beispiel in den Gärten der Familien Porsche oder Stihl tätig oder oft auch am Bodensee, wo 100 Quadratmeter mitunter eine Million Euro kosten", sagt er.

Bis zu fünf Meter Wuchshöhe möglich

So beobachtete er denn auch jüngst, dass sich in einem Blumentopf auf seinem Balkon ein neues zartes Pflänzchen regte - eines, das er nicht auf Anhieb kannte. "Ich dachte, es wäre eine Blume", sagt er. Bloß entwickelte das Pflänzchen keine Blüte, schoss dafür aber wie der Teufel in die Höhe. "Bis zu vier Zentimeter am Tag, wenn die Sonne richtig scheint", erzählt er. Und alsbald sprossen dann doch diese charakteristischen gezackten Blätter. "Da habe ich erkannt, dass es eine Cannabispflanze ist", erzählt Renger lachend - und er hatte Freude daran.

Als die Pflanze immer weiter nach oben strebte, band er sie im Topf an einen Bambusstab als Wuchshilfe. "Das reichte schon bald nicht mehr, ich musste den Bambusstab schon einmal verlängern", erzählt er. Auch über diese Verlängerung ist Rengers Balkon-Pflanze mittlerweile hinausgeschossen, misst gut zwei Meter Höhe. Für eine weitere Verlängerung des Stabs müsste Renger schon fast auf die Leiter steigen. "Ich bin mal gespannt, wie hoch sie noch wird", sagt er. Bis zu fünf Meter Wuchshöhe sind bei optimalen Bedingungen möglich - doch dafür dürfte die Oberlausitzer Sonne nicht ausreichen.

Privater Cannabis-Anbau ist jetzt erlaubt

Rengers Pflanze hat auch schon Aufmerksamkeit erregt. Er blickt von seinem Balkon nämlich auf einen Bio-Laden in der Nebenstraße - und von dort aus kann man eben auch diese Pflanze sehen. "Da waren mal Kunden, die haben das gesehen und zu mir herauf gerufen: Das ist ja Cannabis, was Sie da haben. Da habe ich sehr gelacht", erzählt er. Und es ist noch gar nicht lange her, da hätte ihm so etwas Besuch von der Polizei einbringen können. Noch vor ein paar Monaten machte man sich mit dem Anbau von Cannabis strafbar. Das seit April 2024 geltende "Konsumcannabisgesetz" aber erlaubt nun den privaten Anbau von bis zu drei Pflanzen.

Bernd Renger hat aber ohnehin keinerlei Absicht, sich anders als rein optisch an seiner Pflanze zu berauschen. "Ich habe noch nie Cannabis geraucht oder sonst wie konsumiert und habe das auch jetzt nicht vor", sagt er. Und er hat auch keine Kenntnis, wie man die berauschenden Bestandteile überhaupt aus der Pflanze gewinnt. Cannabis ist eine einjährige Pflanze - geht also nach kurzer Vegetationszeit ein. "Ich werde sie dann einfach abschneiden und in den Biomüll geben", sagt er. Und wenn welcher nachwachsen sollte? "Dann erfreue ich mich wieder daran", sagt er.

Ohnehin ist nicht gewiss, ob sich aus seiner Cannabispflanze überhaupt das berauschende THC gewinnen ließe. Der Hanf entwickelt nämlich männliche und weibliche Pflanzen - und Haschisch und Marihuana werden nur aus Bestandteilen von weiblichen Pflanzen gewonnen.