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Wie drei alte Windräder verschwinden und was aus ihnen wird

Nach der Inbetriebnahme der drei Repowering-Riesen rücken im Windpark Oberseifersdorf/Eckartsberg bald erneut die Bagger an.

Von Frank-Uwe Michel
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Das war der Riesenkran, mit dem die Repowering-Anlagen im Windpark in Olberseifersdorf/Eckartsberg montiert wurden. Der Kran für die Demontage der Altanlagen fällt ein Stück kleiner aus.
Das war der Riesenkran, mit dem die Repowering-Anlagen im Windpark in Olberseifersdorf/Eckartsberg montiert wurden. Der Kran für die Demontage der Altanlagen fällt ein Stück kleiner aus. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Gerade erst sind die drei Riesen-Windräder mit einer Gesamthöhe von jeweils 230 Metern und einer Leistung von 4,2 Megawatt pro Anlage ans Netz gegangen, da kündigen sich schon die nächsten Veränderungen im Windpark Oberseifersdorf/Eckartsberg an. Denn nach dem Repowering wird in Kürze - wie vereinbart - mit dem Rückbau von drei Bestandsanlagen begonnen. In den nächsten Wochen verschwinden also Windenergieanlagen der Typen E-40, E-66 und E-70.

Hatte beim Aufbau der neuen Anlagen vom Typ E-138 die Firma Energiequelle im Verbund mit der Alterric Deutschland GmbH das Sagen - die künftig zwei der drei größten Windräder im südlichen Landkreis Görlitz betreibt - liegt die Verantwortung für den Rückbau der Altanlagen komplett bei Alterric. Das Unternehmen entwickelt, projektiert, vermarktet und bewirtschaftet Windparks insbesondere in Deutschland, Frankreich und Griechenland und gehört nach eigenen Angaben zu den größten Grünstromerzeugern in Zentraleuropa. Aktuell hat die Firma europaweit in über 250 Windparks mehr als 2.400 Megawatt installierte Leistung im Bestand.

Den Rückbau in Oberseifersdorf führt das im ostfriesischen Aurich ansässige Unternehmen allerdings nicht selbst durch, sondern bedient sich eines auf diese Arbeiten spezialisierten Unternehmens, der Neowa GmbH aus Lüneburg. Beide Partner waren nach Informationen von Alterric-Sprecher Heiko Lammers in der Vergangenheit schon bei mehreren Projekten dieser Art gemeinsam aktiv. Neowa verfüge über die notwendige Erfahrung und auch über Kontakte zur Recyclingwirtschaft.

Jens Monsees ist der Mann, der für den Abriss der ausgemusterten Windräder verantwortlich ist. "Voraussichtlich Mitte Oktober werden wir starten", so der Neowa-Manager. Auf welchen Tag der Beginn genau terminiert werde, richte sich nach der Verfügbarkeit des benötigten Kranes. Der wird zwar nicht so ein "Riesen-Monster" sein, wie er für das Repowering-Projekt benötigt wurde. "Er ist eine Nummer kleiner. Das Material dafür umfasst aber trotzdem fünf bis sechs Lkw-Ladungen. Der Aufbau dauert bis zu zwei Tage." Weil solche Geräte aktuell sehr gefragt seien, müsse man möglicherweise noch etwas warten. "Wir arbeiten mit einer Spezialfirma zusammen, für die das natürlich passen muss."

Ehe der Riese aufgebaut ist, werden an den drei ausgewählten Windrädern bereits Kabel- und Schraubverbindungen gelöst, ohne die Standfestigkeit zu beeinträchtigen. "Nabe und Rotorblätter werden dann in einem Stück abgenommen und auf einem zuvor definierten Platz auf dem Acker gelegt", erklärt der Leiter des Rückbaus. Und er macht deutlich, dass wegen der besonderen Materialbeschaffenheit der Rotorblätter auf größte Sorgfalt geachtet wird. Zwar sind die aus Glasfaserverbundstoffen bestehenden "Flügel" nicht als gefährlicher Abfall deklariert, werden aber trotzdem speziell behandelt. "Auf der befestigten Kranstellfläche wird ein Vlies ausgerollt, das wie ein Kaffeefilter wirkt." Anschließend würden die Rotorblätter auf Containermaße von maximal sechs Metern Länge gestutzt. "Ein feiner Wassersprühnebel bindet die beim Sägen entstehenden Stäube, die dann von dem Vlies aufgefangen werden." In der Zementindustrie würden Glasfasern als Sandersatzstoffe verwendet.

Ist der Kran vor Ort, verschwinden die drei Anlagen nacheinander. Zwei Tage rechnet Jens Monsees pro Windrad. Das Umsetzen des Kranes sei dann weniger aufwendig als der erste Aufbau. "Ich gehe deshalb von etwa eineinhalb Wochen aus. Dann sind die betroffenen Altanlagen aus der Silhouette des Windparks verschwunden."

Es ist erst ein paar Wochen her, dass die riesigen Rotorblätter für die neuen Windräder herantransportiert wurden. Solche Schwerlasttransporte wird es beim Abbau der Altanlagen nicht mehr geben.
Es ist erst ein paar Wochen her, dass die riesigen Rotorblätter für die neuen Windräder herantransportiert wurden. Solche Schwerlasttransporte wird es beim Abbau der Altanlagen nicht mehr geben. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Der umfangreichere Teil der Arbeiten spielt sich dann am Boden ab. Denn neben den Rotorblättern werden auch die anderen Teile wie Ringgenerator, Turm und Maschinenhaus zerlegt. Überall sind verschiedene Materialien verbaut, wie Stahl, Aluminium, Kupfer, Plastik. Es gibt Magnete und mit Platinen bestückte Schaltschränke. "All diese Dinge sind im Recycling und der Wiederverwertung sehr begehrt", weiß der Neowa-Manager. Die Verwertungsquote liege bei insgesamt etwa 98 Prozent.

Auf dem Acker bei Oberseifersdorf wird aber lediglich grob separiert: Zum Beispiel welche Bauteile wiederverwendet werden können - etwa Motoren und Getriebe. "Die werden dann als Ersatzteile direkt zu Alterric zurückgeführt", so Monsees. Beim Recyclingmaterial prüfe man, wo sich das nächste auf den jeweiligen Stoff spezialisierte Unternehmen befinde, um unnötig lange Fahrtstrecken zu vermeiden. Und als gefährlich deklarierte Abfälle wie Öle und Gase würden von einem Fachbetrieb abgeholt. "In der Regel sind wir mit einem Windrad nach sechs, sieben Tagen durch. Ich denke, dass wir das auch in Oberseifersdorf schaffen."

Damit ist das Rückbauprojekt aber noch nicht abgeschlossen, denn auch die Fundamente im Erdreich und die Stellflächen an den Anlagen müssen verschwinden. Für beide veranschlagt der Experte pro Anlage jeweils eine Woche. Der Transportumfang beträgt jeweils etwa 30 Lkw-Ladungen. Der anfallende Stahlbeton wird gleich vor Ort gebrochen und klein gestemmt. Mit einer 0,45er Körnung wird der Betonschutt als Zuschlagstoff für den Straßenbau interessant. Insgesamt sei die Nachfrage nach den anfallenden Materialien hoch. "Hier hat Nachhaltigkeit tatsächlich die Bedeutung, die ihr zukommen sollte."

Bis zum Abschluss aller Arbeiten haben Alterric und Neowa, beginnend von der Inbetriebnahme der Repowering-Anlagen, ein halbes Jahr Zeit. "Das werden wir aber nicht ausreizen", ist sich Andreas Tränapp sicher, der bei Alterric den Rückbau von Altanlagen koordiniert. Und er wagt eine Prognose: Spätestens Ende 2024 sei Schluss. Somit sind auch die Tage der Behelfsausfahrt an der Nordspange der neuen B178 gezählt. Schwerlasttransporte wird es hier sowieso nicht mehr geben. Aber auch "normale" Container-Fahrzeuge sind nur noch zeitlich begrenzt unterwegs.