Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Zittau

Teil-Freispruch für Bürgermeister Hallmann

Eine Anklage am Amtsgericht Zittau wirft dem Mittelherwigsdorfer Bürgermeister vor, absichtlich einen Rotlicht-Verstoß begangen und dabei einen Unfall verursacht zu haben. Aber ist die Zeugin glaubwürdig?

Von Markus van Appeldorn
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Markus Hallmann, Bürgermeister von Mittelherwigsdorf, hat in Zittau einen Unfall verursacht.
Markus Hallmann, Bürgermeister von Mittelherwigsdorf, hat in Zittau einen Unfall verursacht. © Matthias Weber

Was sich am Abend des 26. Oktober 2020 an der Kreuzung Schrammstraße / Humboldtstraße in Zittau zugetragen hatte, stellte sich zunächst als unglückliches Allerweltsgeschehen dar. Am Steuer seines Autos hatte Mittelherwigsdorfs Bürgermeister Markus Hallmann (Freier Wählerverein) ein Rotlicht missachtet und war mit dem vorfahrtsberechtigten Auto einer Frau kollidiert. Die Frau wurde dabei leicht verletzt - ein Verkehrsunfall wie viele. Doch Wochen später präsentierte die Frau bei ihrer Aussage bei der Polizei eine völlig andere Version. Demnach habe Hallmann ihr gegenüber am Unfallort erklärt, das Rotlicht absichtlich missachtet zu haben, weil er es eilig gehabt habe. Und so wurde aus dem Unfall ein strafrechtlich massiver Vorwurf.

Die Staatsanwaltschaft hatte deshalb damals einen Strafbefehl nicht nur wegen der ohnehin erwiesenen fahrlässigen Körperverletzung durch den Unfall erwirkt, sondern wegen "grob rücksichtslosen und verkehrswidrigen Verhaltens" auch wegen Gefährdung des Straßenverkehrs - 50 Tagessätze zu 50 Euro nebst neun Monaten Entzug der Fahrerlaubnis. Hallmann legte Widerspruch ein. Ja, er sei für den Unfall verantwortlich. Und seine Unachtsamkeit tue ihm sehr leid. Aber eines wollte er nicht auf sich sitzen lassen: Das Ganze absichtlich herbeigeführt zu haben.

Eine Rücksichtslosigkeit belastete Hallmann

Er und sein Anwalt argumentierten auch mit der absoluten Unlogik des Vorwurfs. Nur jemand, der lebensmüde ist, würde eine nicht einsehbare Kreuzung mit unverminderter Geschwindigkeit bei Rotlicht überqueren. Zudem habe er es an jenem Abend weder eilig gehabt, noch sei er unterwegs nach Hause gewesen - warum also sollte er der Frau so etwas je erklärt haben? Doch in ihrer Zeugenaussage vor Gericht blieb die Frau standhaft bei den Anschuldigungen. Und mehr noch: Er habe diese Erklärung am Unfallort gegenüber auch der Polizei abgegeben.

Gegen Hallmann sprach ein Eintrag in seiner Verkehrsakte von 2018. Damals war er dabei erwischt worden auf der A4 bei Tempo 111 nur 15 Meter Abstand zum Vordermann gehalten zu haben. Ein Umstand, den er ebenfalls bedauere, vor Gericht aber damit zu relativieren versuchte, auf der A4 würden alle so fahren. Die Staatsanwältin nun dazu: "Ich habe das mal ausgerechnet. Bei Tempo 111 legt man 30 Meter in der Sekunde zurück - 15 Meter also in einer halben Sekunde." Und bei über Tempo 100 auf der Autobahn seien die absehbaren Folgen viel schlimmer als bei dem von Hallmann nun verursachten Unfall bei Tempo 50 - so viel also zu der von ihm vorgebrachten Logik des jetzigen Vorwurfs. "Dieses grob Verkehrswidrige und Rücksichtslose scheint bei Ihnen ja noch vorhanden zu sein", sagte die Staatsanwältin und forderte eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu 100 Euro - und neun Monate Führerscheinentzug.

Bloß: Der zur endgültigen Wahrheitsfindung befragte Polizist, der den Unfall aufgenommen hatte, hatte ein solches angebliches Geständnis Hallmanns nicht aufgenommen. Und er war sich sicher: Hätte Hallmann eine solche Erklärung abgegeben, wäre sie ganz sicher zum Gegenstand der Ermittlungen geworden. Für Hallmanns Anwalt war damit klar: "Die Polizei hatte keinen Anlass für solche Ermittlungen, weil es eine solche Erklärung niemals gegeben hat." Die Frau habe bei ihrer Aussage Wochen nach dem Unfall und auch bei Gericht gelogen. Der Verteidiger vermutete dabei auch finanzielle Motive, weil ein Schmerzensgeld bei so einem schweren Vorwurf viel höher ausfallen würde als bei einem gewöhnlichen Unfall.

Auch der Richter hielt die belastende Aussage der Frau schließlich nicht für glaubwürdig - und auch das Hallmann vorgeworfene Verhalten für nicht plausibel. Er verurteilte den Bürgermeister nur wegen fahrlässiger Körperverletzung zu 30 Tagessätzen zu 120 Euro und zwei Monaten Fahrverbot. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.