Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Update Zittau

Wie die Krematorien in Zittau und Görlitz Erlöse mit Edelmetallen machen - ganz legal

Nach der Verbrennung von Leichen bleiben oft kostbare Metalle zurück - und die kommen weder ins Grab noch in den Abfall.

Von Markus van Appeldorn
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Das Krematorium Zittau - hier fallen wertvolle Metalle an.
Das Krematorium Zittau - hier fallen wertvolle Metalle an. © Matthias Weber

Wenn Angehörige die Urne eines lieben Verstorbenen zu Grabe tragen, haben sie dabei in aller Regel eines gar nicht im Kopf: Viele Verstorbene verbrennen im Krematorium nicht bloß zu Asche. In der Asche bleiben etwa Implantate zurück oder auch Sarggriffe. All diese Dinge sind aus werthaltigen Metallen. Um diese Metalle gab es jetzt einen Rechtsstreit, der inzwischen beim Bundesfinanzhof liegt.

Die SZ wollte von den hiesigen jeweils von den Städten betriebenen Krematorien in Zittau und Görlitz wissen: Wie geht man mit diesen Überresten um? Werden sie an die Angehörigen gegeben oder weggeworfen? Die Antwort: Diese edlen Metalle werden tatsächlich zu Geld gemacht - und unterliegen dem Kreislaufwirtschaftsgesetz.

Werden werthaltige Metalle aus den Verbrennungsrückständen zurückgewonnen und wie?

"Grundsätzlich ist es erforderlich, die Aschereste vor dem Einfüllen in die Aschekapsel zu sortieren", heißt es dazu von der Städtische Beteiligungs-GmbH Zittau (SBG) als Betreiber des Krematoriums. Dabei würden jegliche verbliebenen Stoffe, die nicht organisch sind, wie zum Beispiel Implantate, Zahnprothesen oder Sargbeigaben, separiert. "Dies erfolgt mittels eines Magneten sowie auch bei den nichtmagnetischen Stoffen per Hand", so Geschäftsführerin Sandra Tempel. Das Eigentum daran erlangt die SBG. Tempel: "Unsere Kunden werden vorab informiert, dass im Falle von vorhandenen Implantaten bei den Verstorbenen, das Eigentum dieser an uns übergeht und die Implantate entsprechend dem Kreislaufwirtschaftsgesetz wieder verwertet werden."

Zumeist würde bei dieser Thematik an Zahngold gedacht. "Dieses ist übrigens auch nur eine Legierung und kann beim Sortieren der Aschereste als solches nicht mehr erkannt werden", so Tempel. Darüber hinaus würden sonstige Implantate aber durchaus noch weitere wertvolle Metalle enthalten - wie zum Beispiel Platin und Palladium.

Ähnlich verfährt auch das Krematorium in Görlitz. "Vor Einlieferung der Verstorbenen ins Krematorium erfolgt die Trennung von nicht fest mit dem Körper verbundenen Wertgegenständen (Uhren, Ringe, Ketten, Ohrringe) durch die Angehörigen selbst oder durch von ihnen Beauftragte oder Bevollmächtigte (Pflegekräfte, Bestatter)", heißt es dazu. Im Zuge der Einäscherung von Verstorbenen würden dann verschiedene Metallteile anfallen, die aus Sargbestandteilen (Nägel, Schrauben, Beschläge, Winkel) und körpereigenen Implantaten (Gelenke, Schrauben, Platten) sowie Zahnersatz (Zahnfüllungen, Kronen) bestehen können. "Das Aussortieren der großen Metallteile geschieht vor der Zerkleinerung der heißen Aschereste mithilfe von Magneten manuell. Die Entnahme ist aus technischen Gründen erforderlich, da sie in der Aschemühle bzw. -abfüllanlage nicht zerkleinert werden können", so die Stadtverwaltung Görlitz.

Kleine Teile würden in der Asche verbleiben, in der Aschemühle mit vermahlen und in die Aschekapsel eingefüllt. "Sofern die Verstorbenen zu ihren Lebzeiten selbst oder die Bestattungspflichtigen keine Herausgabe der Metallteile verfügt haben, verbleiben diese beim Krematorium", heißt es weiter. Zahngold ist dabei offenbar kein Thema: "Zahngold bleibt beim Verstorbenen. Es handelt sich dabei um Zahnersatz, der fest im Gebiss verankert ist und mit dem Verstorbenen verbrannt wird: Zahngold lagert sich im Zuge des Verbrennungsprozesses entweder an größeren Metallteilen ab oder bleibt als Partikel in der heißen Asche, durchläuft die Aschemühle, kommt in die Aschekapsel und wird letztlich mit beerdigt", so das Krematorium Görlitz

Werden diese Metalle erlösbringend verwertet?

"Ja, die Metalle werden unsererseits in separaten Behältern gesammelt und in der Regel einmal jährlich von einer Spezialfirma abgeholt", erklärt Tempel. Diese Firma trenne die Edelmetalle und vergüte sie sortenspezifisch. "Die Metalle werden gesammelt und im Sinne der Wiederverwertung der Kreislaufwirtschaft zugeführt", heißt es dazu aus Görlitz.

Wie hoch waren diese Erlöse in den Jahren 2022 und 2023?

"In Abhängigkeit der Anzahl der Einäscherungen als auch der jeweils gültigen Preise für die Metalle, werden jährlich Erlöse im unteren fünfstelligen Bereich erzielt", sagt Sandra Tempel. Ähnlich auch in Görlitz: "Die Erlöse schwanken und werden als sonstige Einnahme verbucht. Sie lag 2022 bei 3.300 Euro, 2023 waren es 2.400 Euro. Gemessen am Jahresumsatz entspricht das einem Anteil von etwa 0,002 Prozent" heißt es.

Was geschieht mit diesen Erlösen?

In Zittau fließen sie in die Gesamtkalkulation der Kosten ein. "Diese Erlöse werden bei der Kalkulation der Preise für die Einäscherung kostenmindernd verrechnet. Sie kommen damit wieder unseren Kunden zugute", so Tempel.

Müssen diese Erlöse versteuert werden?

Das war tatsächlich die Frage bei einem 2023 am Finanzgericht Baden-Württemberg geführten Steuerprozess. Es ging dabei um ein Krematorium, das 2017 aus der Verwertung solcher Kremationsrückstände über 300.000 Euro erlöst hatte. Und das zuständige Finanzamt sah darin steuerpflichtige Betriebseinnahmen. Dagegen klagte die betreffende Stadt als Betreiberin des Krematoriums - mit Erfolg. Das Gericht urteilte, dass die (mit Einverständnis der Angehörigen) erfolgte Verwertung metallischer Kremationsrückstände dann keine Betriebseinnahmen darstellen würden, wenn sie keinen Einfluss auf die Kosten der Bestattung hätten - dann nämlich seien es "Sachspenden" der Angehörigen an den Krematoriumsbetreiber. Das war hier der Fall. Allerdings gehen in jener Stadt diese Erlöse in einen separaten Haushalt, aus dem ausschließlich Geld für karitative Zwecke fließt - etwa auch zur Förderung von Hospizwohnungen. Der Fall liegt jetzt zur höchstrichterlichen Beurteilung beim Bundesfinanzhof.

Korrekturhinweis, 17.09.2024, 11.55 Uhr: In einer ursprünglichen Fassung dieses Artikels hieß es, die Stadtwerke Zittau seien die Betreiber des Zittauer Krematoriums. Es ist aber die Städtische Beteiligungs-GmbH Zittau (SBG).