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Sozialer Möbelmarkt zieht in Zittaus alte Brauerei

Die ABS Robur bereitet Räume im früheren Labor-Gebäude an der Bahnhofstraße in Zittau vor. Die Stadt gewährt für das Külzufer noch eine Gnadenfrist.

Von Thomas Christmann
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Daniel Schmidtke (vorn) und Stephan Bahr bereiten die Räume im früheren Labor der Zittauer Brauerei vor.
Daniel Schmidtke (vorn) und Stephan Bahr bereiten die Räume im früheren Labor der Zittauer Brauerei vor. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Mit einem Spachtel schabt Daniel Schmidtke über den Holzrahmen, um die alte Farbe abzukratzen. Stephan Bahr kehrt die Reste mit einem Besen zusammen. Nachdem die Mitarbeiter der gemeinnützigen ABS Robur GmbH das Labor-Gebäude der ehemaligen Zittauer Brauerei an der Bahnhofstraße 23 in den vergangenen Wochen von Bauschutt und Müll befreit haben, sind sie mittlerweile mit dem Aufbereiten der Fenster im Erd- und Obergeschoss beschäftigt. Zudem müssen die zwei die Wände teilweise verputzen und malern, mit Holzbalken noch eine durchgebrochene Decke schließen. Auch das Dach ist zu flicken, ein Raum trockenzulegen, ein zugewachsener Eingang freizuschneiden. "Wir haben noch ordentlich Arbeit vor uns, aber werden es schon schaukeln", meint Stephan Bahr. "Wir bräuchten nur einige Leute mehr", sagt er. Dann ginge es schneller.

Die alte Brauerei gehört der gemeinnützigen Zeitsprung Zittau GmbH, dem Tochterunternehmen der ABS Robur. Die Mutterfirma will nun den Standort ihres sozialen Möbelmarktes dahin verlagern. Den betreibt sie immer noch am Külzufer 19, nutzt eine Ausstellungshalle sowie ein Büro- und Werkstattgebäude. Dabei müsste die ABS Robur dort schon seit 30. April raus sein. Diese letzte Auszugs-Frist bekam sie von der Stadt als Eigentümer genannt, die ihr zuvor schon wegen baulicher Mängel kündigte und daraufhin die obere Etage des Gebäudes sperrte. Doch weder hat der Betreiber das Gelände geräumt, noch besteht derzeit die Pflicht dazu.

Stattdessen hat die Stadt die Frist bis Ende September verlängert. Rathaus-Sprecher Kai Grebasch begründet den neuen Termin mit dem geplanten Umzug in die Räume an der Bahnhofstraße, welche die Firma aber wegen der dort notwendigen Arbeiten nicht zeitnah realisieren kann. Diese Vorgehensweise sei mit Prüfstatikern durch eine erneute Vor-Ort-Begehung abgestimmt, berichtet er. Vor Eintritt der nächsten Nässe- und Kälteperiode müsse das Büro- und Werkstattgebäude aber beräumt sein. Dass der Auszug notwendig sei, hätte die Stadt bereits seit September 2023 kommuniziert. Sodass nun ausreichend Zeit für die praktische Umsetzung bleibe, meint Kai Grebasch. Die Ausstellungshalle dürfte hingegen bei Bedarf weiter genutzt werden.

Das Labor-Gebäude auf dem ehemaligen Brauerei-Gelände stand wie der Rest seit 1991 leer. Nun soll wieder Leben einziehen: durch den sozialen Möbelmarkt.
Das Labor-Gebäude auf dem ehemaligen Brauerei-Gelände stand wie der Rest seit 1991 leer. Nun soll wieder Leben einziehen: durch den sozialen Möbelmarkt. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Die ABS Robur will gerne die drei Schaufenster des ehemaligen Imbisses "Bahnhofstübl" als Ausstellungsfläche für die Möbel mitnutzen.
Die ABS Robur will gerne die drei Schaufenster des ehemaligen Imbisses "Bahnhofstübl" als Ausstellungsfläche für die Möbel mitnutzen. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Susanne Wolf kann die Kündigung zwar nach wie vor nicht nachvollziehen, aber will mit ihren Mitarbeitern nun das Beste daraus zu machen. "Ein Kraftakt", sagt die Chefin der ABS Robur und Zeitsprung Zittau schon angesichts des seit 1991 ungenutzten Brauerei-Geländes. Die Wahl darauf fiel mangels geeigneter Alternativen, aber auch aufgrund der besseren Lage und wegfallenden Miete. Doch auf dem Grundstück ist bisher nur ein Teil der Villa saniert, dank EU-Mitteln. "Dort könnten wir sofort einziehen", meint sie. Allerdings sind die Fördermittel bis 2027 an den Zweck gebunden, darin an die Brau-Tradition zu erinnern. Sonst droht die Rückzahlung.

So soll das Büro des Möbelmarkts nun mit in den Verwaltungssitz der ABS Robur an die benachbarte Bahnhofstraße 25 ziehen. Ausstellungshalle und Werkstatt kommen hingegen in das alte Labor hinter der Villa. Das ist von den leerstehenden Gebäuden laut der Geschäftsführerin noch im besten Zustand und ermöglicht Kunden kurze Wege. Doch im alten Labor liegt weder Strom noch Wasser an. "Warmhalten kann man die Räume auch nicht", meint die Chefin. Aber wenn es kalt und feucht sei, täte es Möbeln und Besuchern wenigstens gut, kurz zu heizen. Dafür fehlen allerdings die Öfen.

Von den Eingangstüren über die Fenster bis zum Dach: Um das Gebäude herzurichten, benötigt die ABS Robur sowohl Materialspenden als auch Hilfe von Handwerkern. "Wir haben keine Rücklagen mehr", berichtet Susanne Wolf. Die einzigen Gewerbe-Einnahmen der Firma aus dem Gewässerbau fließen bereits in den Betrieb des Möbelmarktes. Durch die Kündigung und die ursprüngliche Räumungsfrist ging nämlich das Gerücht um, dass er schließen muss. Die Folge: Der Umsatz lag im Mai nur noch bei 790 Euro, der an normalen Monaten 3.000 bis 4.000 Euro beträgt. Die Möbelspenden gingen ebenfalls zurück. "Die Leute sind völlig verunsichert", sagt sie. "Wir verzweifelt."

Das Jobcenter wollte schon die zwei geförderten Mitarbeiter-Stellen für den Möbelmarkt streichen. Durch die neue Räumungsfrist bleiben diese nun nicht nur erhalten, sondern bekommt die ABS Robur auch noch vier Arbeitskräfte für den Umzug gestellt. "Ich habe vor Freude angefangen zu heulen", sagt Susanne Wolf, die über jede Unterstützung dankbar ist.

Sie hat das Ziel, jeden fertigen Raum bereits mit Möbeln zu bestücken. "Sonst ist das zeitlich nicht schaffbar", meint die Chefin mit Blick auf Ende September. Allerdings bietet das alte Labor weniger Ausstellungsfläche als die Halle am Külzufer. Deshalb will Susanne Wolf gern noch die drei Schaufenster vom früheren Imbiss "Bahnhofstübl" an der Bahnhofstraße dazu nehmen. Die darf ABS Robur bislang kostenfrei nutzen, um die Geschichte des Robur-Werks und der Brauerei darin zu präsentieren. Ob das auch für den Möbelmarkt gilt, will die Geschäftsführerin noch mit dem Eigentümer klären.