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Viele Bahnhöfe verfallen - der Großschönauer ist nun wieder voller Leben

Eine beispielhafte Sanierung ist am Ziel: Die Verwaltung des Johanniter-Kreisverbands und viele Jugendliche ziehen in den Großschönauer Bahnhof ein.

Von Jana Ulbrich
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Großschönaus Bürgermeister Frank Peuker und Kerstin Rokitta, die Geschäftsführerin des Johanniter-Kreisverbands in den neuen Räumen der Johanniter-Geschäftsstelle im sanierten Großschönauer Bahnhof.
Großschönaus Bürgermeister Frank Peuker und Kerstin Rokitta, die Geschäftsführerin des Johanniter-Kreisverbands in den neuen Räumen der Johanniter-Geschäftsstelle im sanierten Großschönauer Bahnhof. ©  Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Der große Umzug ist in vollem Gange: Achtung: Stufe! Vorsicht: Kabel! Bitte die Tür offen lassen! Kerstin Rokitta bleibt die Ruhe selbst in dem ganzen Gewusel um sie herum. Die Geschäftsführerin der Johanniter-Unfallhilfe im Kreis Görlitz spricht gerade mit dem Bürgermeister.

Die Verwaltung des Johanniter-Kreisverbandes bezieht ihren neuen Geschäftssitz im Großschönauer Bahnhofsgebäude: Der Wohlfahrtsverband, der im ganzen Landkreis über 350 Mitarbeiter hat und acht Pflegedienste, zwei Tagespflegen und drei Kitas betreibt, hat das gesamte Obergeschoss gemietet: 550 Quadratmeter, großzügig, barrierefrei, mit viel Grün und einer angenehmen Arbeitsatmosphäre.

Der Mietvertrag läuft über 25 Jahre - ein Glücksfall für beide Seiten, für die Gemeinde Großschönau und die Johanniter. "Es ist eine tolle Zusammenarbeit", sagt Kerstin Rokitta. "Wir freuen uns riesig, dass es jetzt so weit ist." Die 15 Mitarbeiter der Verwaltung ziehen gerade alle um. Im bisherigen Verwaltungssitz am Großschönauer Lindenweg bleibt der ambulante Pflegedienst.

Die große Eingangshalle des Großschönauer Bahnhofs soll ihr denkmalgeschütztes historisches Aussehen behalten. Die Bodenfliesen sind noch die originalen aus der Bauzeit des Gebäudes um 1870, die Wandfliesen stammen aus DDR-Zeiten. Auch die bei den Großschönauern so beliebte historische Personenwaage soll hier wieder aufgestellt werden, verspricht der Bürgermeister.
Die große Eingangshalle des Großschönauer Bahnhofs soll ihr denkmalgeschütztes historisches Aussehen behalten. Die Bodenfliesen sind noch die originalen aus der Bauzeit des Gebäudes um 1870, die Wandfliesen stammen aus DDR-Zeiten. Auch die bei den Großschönauern so beliebte historische Personenwaage soll hier wieder aufgestellt werden, verspricht der Bürgermeister. © Rafael Sampedro
Das ist die frühere Mitropa-Gaststätte, in der Großschönaus Bürgermeister Frank Peuker (r.) und Bauamtsleiter Markus Hummel gerade stehen. Hier wird bis Ende September der Großschönauer Jugendclub einziehen. Außerdem soll es hier Möglichkeiten für auswärtige Schüler geben, die Zeit nach der Schule sinnvoll zu verbringen. Busse und Züge fahren hier direkt vor der Haustür.
Das ist die frühere Mitropa-Gaststätte, in der Großschönaus Bürgermeister Frank Peuker (r.) und Bauamtsleiter Markus Hummel gerade stehen. Hier wird bis Ende September der Großschönauer Jugendclub einziehen. Außerdem soll es hier Möglichkeiten für auswärtige Schüler geben, die Zeit nach der Schule sinnvoll zu verbringen. Busse und Züge fahren hier direkt vor der Haustür. © Raphael Sampedro
Ein paar Möbel stehen schon im künftigen Jugendclub. Einrichten dürfen sich die Jugendlichen die Räume aber nach eigenen Vorstellungen und Entwürfen.
Ein paar Möbel stehen schon im künftigen Jugendclub. Einrichten dürfen sich die Jugendlichen die Räume aber nach eigenen Vorstellungen und Entwürfen. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de
Noch ein Blick in die Johanniter-Geschäftsstelle im Obergeschoss. Sowohl für die Gemeinde Großschönau als auch für die Johanniter ist die Zusammenarbeit ein Glücksfall.
Noch ein Blick in die Johanniter-Geschäftsstelle im Obergeschoss. Sowohl für die Gemeinde Großschönau als auch für die Johanniter ist die Zusammenarbeit ein Glücksfall. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Großschönaus Bürgermeister Frank Peuker (parteilos) ist gekommen, um sich vom Fortschritt der letzten Bauarbeiten in einem der größten und markantesten Gebäude seiner Gemeinde zu überzeugen. Es ist den Großschönauern gelungen, den riesigen, vom Verfall bedrohten Bahnhof nach jahrzehntelangem Leerstand wieder zu einem Schmuckstück zu machen. Und es zieht sogar wieder Leben ein. In der ganzen Region ist das einmalig.

Frank Peuker schmunzelt, wenn er sich an die Anfänge erinnert: 5.000 Euro und den Segen des Gemeinderats hatte er in der Tasche an jenem Tag vor elf Jahren, als das marode Bahnhofsgebäude aus einem privaten Immobilienfonds versteigert werden sollte. Das Dach war da teilweise schon eingefallen, der Schwammbefall war weit fortgeschritten. Der Bürgermeister bekam für die 5.000 Euro den Zuschlag.

"Wir haben uns gesagt, ehe hier die nächsten Spekulanten kommen, versuchen wir selber, das Gebäude zu retten", erzählt Peuker. Und nicht nur das Gebäude selbst: Im Zuge des gesamten Projekts wurden die Zufahrtsstraßen erneuert, eine Verbindungsstelle von Bus und Bahn gebaut, der Bahnhofsvorplatz neu gestaltet. Sogar eine Skulptur - ein privates Geschenk des früheren Bürgermeisters der baden-württembergischen Partnergemeinde Hüfingen, Anton Knapp - ziert jetzt den Platz. Und auch die Deutsche Bahn zog nach, sanierte die Bahnsteige und das Umfeld.

Mehr als eine Million Euro investierte die Gemeinde zuerst in die Notsicherung und die Sanierung von Dach, Fassade und Fenstern. "Es war für das Gebäude die Rettung in allerletzter Minute", weiß Markus Hummel, der erfahrene Bauamtsleiter der Gemeinde. Fördermittel bekamen die Großschönauer aus einem Denkmalschutz-Sonderprogramm des Bundes und des Freistaates.

Und inzwischen nähert sich auch der Innenausbau dem Ende. Während die Johanniter schon in das Obergeschoss einziehen, wird der künftige Jugendtreff im Erdgeschoss gerade eingerichtet. In den Räumen der ehemaligen Mitropa-Gaststätte werden sich künftig die Großschönauer Jugendlichen treffen. "Der Jugendtreff wird für alle offen sein", sagt der Bürgermeister. Für die Betreuung der Jugendlichen hat die Gemeinde extra einen Mitarbeiter in Teilzeit eingestellt.

Bei der Gestaltung der Räume sind die Jugendlichen gerade selbst gefragt: "Sie haben den Grundriss bekommen und können jetzt die Möblierung nach ihren Wünschen planen", erklärt Frank Peuker. Medienraum, Tischtennisplatte, Sofaecken - er ist schon gespannt auf die Ideen. Der Jugendtreff wird auch auswärtigen Schülern offenstehen, um die Zeit nach Schulschluss sinnvoll verbringen zu können, so der Bürgermeister.

Die große Eingangshalle des Bahnhofs wird ihren historischen Charme behalten. Die Bodenfliesen sind noch die originalen aus der Bauzeit des Gebäudes um 1870, die Wandfliesen stammen aus DDR-Zeiten. Auch die bei den Großschönauern so beliebte historische Personenwaage soll hier wieder aufgestellt werden, verspricht der Bürgermeister.

Selbstverständlich gehörte zum Innenausbau auch der Einbau einer öffentlichen Toilettenanlage im Erdgeschoss. Das Empfangsgebäude soll außerdem noch einen touristischen Info-Punkt erhalten. Die Kosten für den Innenausbau belaufen sich laut Bauamtsleiter auf rund 445.000 Euro. Förderrichtlinien kamen aus dem Projekt "Vitale Dorfkerne".

  • Tag der offenen Tür: Am Freitag, dem 27. September, laden die Johanniter und der Jugendtreff von 15 bis 18 Uhr, alle herzlich zum Tag der offenen Tür ein. Die offizielle Einweihung des Jugendtreffs ist dann für den 30. September geplant.