Diese Autos werden im Kreis Görlitz am häufigsten gestohlen
Die Polizei hat zumindest ein Gesicht vom Täter: Der junge Mann, der am 16. Juli spätnachts am Steuer des dunkelgrüner Hyundai Ioniq 5 sitzt, ist auf dem Foto aus der Überwachungskamera gut zu erkennen. Kurz vor 23 Uhr passiert der Fahrer mit dem 57.000 Euro teuren E-Auto den Grenzübergang in der Zittauer Chopinstraße in Richtung Polen. Die Kamera hält das fest.
Am nächsten Morgen wird Familie Heidrich aus Zittau feststellen, dass ihr Auto vom Straßenrand vor ihrem Haus gestohlen wurde. Polizeibeamte werden später berichten, dass Spezialisten die Elektronik von schlüssellosen - so genannten "keyless" - Systemen von modernen Hyundai-, aber auch Kia- und anderen Modellen inzwischen spielend knacken können. Sie brauchen dazu nicht mal mehr das Funksignal des echten Schlüssels.
Inzwischen sind sechs Wochen vergangen. Von seinem Auto, sagt Thomas Heidrich, fehlt jede Spur. Der Diebstahl in Zittau reiht sich ein in ganze Serien von Fahrzeugdiebstählen in diesem Jahr: Von Anfang Januar bis Ende Juli zählt die Statistik der Polizeidirektion Görlitz insgesamt 349 Fahrzeugdiebstähle in der Oberlausitz, davon 244, also mehr als zwei Drittel, im Kreis Görlitz.
Allein im Kreisgebiet zwischen Neiße und Spree verschwanden in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 152 Pkw. 65 Transporter, zwölf Landmaschinen, neun Quads und sechs Wohnmobile. Damit steht zu befürchten, dass die Zahl der Fahrzeugdiebstähle in diesem Jahr das Jahr 2023 mit insgesamt 338 Fällen noch übertreffen könnte.
Aus der Statistik der Polizeidirektion Görlitz lässt sich auch herauslesen, welche Fahrzeugmarken bei den Dieben derzeit am beliebtesten sind. Die Marke Hyundai wie der Ioniq von Familie Heidrich allerdings gehört nicht dazu - Fahrzeuge mit Keyless-Systemen dagegen schon.
Platz 1: Alle Modelle von VW
Seit Mai dieses Jahres würden sich laut Siebenäuger auch gezielte Diebstahlsfälle von jüngeren und nagelneuen VW-Modellen häufen. Vor allem im Zittauer Gebirge wurden mehrere Fälle von so genanntem "Home jacking" registriert, bei dem Täter in Wohnungen und Ferienwohnungen eindringen, um an die Autoschlüssel zu gelangen. Bei neueren Keyless-Modellen gelingt der Diebstahl auch immer häufiger durch das Knacken der elektromischen Steuerung, erklärt der Polizeisprecher. Der Diebstahlsschaden summiert sich hier seit Jahresbeginn auf rund 550.000 Euro.
Platz 2: Audi
Auch bei Fahrzeugen der Marke Audi werden fast ausschließlich Pkw mit „Keyless-Go-System“ gestohlen, weiß Kai Siebenäuger. Hier gehen die Täter in der Regel nach "Relay Attack"-Angriffen vor, bei denen sie die Fahrzeuge öffnen und starten, indem sie das Funksignal des Autoschlüssels abfangen. Gestohlen werden vorwiegend Audi A4 und A6 sowie Q5, Q7 oder SQ-Modelle. Der Diebstahlschaden insgesamt liegt hier inzwischen bei etwa 450.000 Euro.
Platz 3: Mazda und Kia
Gestohlen werden vor allem Pkw-Modelle ab Baujahr 2014, vorwiegend Kia Ceed, Kia Pro oder Mazda CX-5. Auch hier werden meistens Pkw mit Keyless-Go-Systemen gestohlen, indem die Signale der Fahrzeugschlüssel abgefangen oder die Elektronik - so wie im Fall des Hyundai von Familie Heidrich - direkt geknackt werden. Laut Polizei beläuft sich der materielle Diebstahlschaden hier auf rund 500.000.
Platz 4: Skoda, Ford und Fiat
Beim Skoda wurden bisher Modelle aller Baujahre zwischen 2009 und 2022 gestohlen, vorwiegend Skoda Octavia Kombi. Den Diebstahlschaden beziffert die Polizei insgesamt mit rund 100.000 Euro. Auffällig sei bei den Skoda-Modellen, dass es ungewöhnlich viele Versuchshandlungen gebe, bei denen der Diebstahl nicht gelang, so Siebenäuger.
Bei Modellen der Marke Ford wurden vorwiegend Ford Focus, Kuga und Edge gestohlen. Die Polizei beziffert den bisherigen Stehlschaden auf etwa 200.000 Euro.
Bei den Modellen der Marke Fiat haben es Autodieben überwiegend auf Transporter und Wohnmobile ab 2013 abgesehen. Auch hier registrierte die Polizei zahlreiche Versuchshandlungen, bei denen ein Diebstahl letztlich nicht gelang. Der Gesamtschaden beläuft sich hier auf rund 100.000 Euro.