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Das Geheimnis des großen Olbersdorfer Mühlenturms

Die Obermühle mit ihrem Getreidesilo prägte das Olbersdorfer Ortsbild. Heute ist sie wie viele andere verschwunden. Ein Mühlenpfad erinnert an die technischen Denkmäler.

Von Heike Schwalbe
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So sah die Olbersdorfer Obermühle in ihren besten Zeiten aus (links). Verfallen zeigte sich der Gebäudekomplex 2007, wenige Jahre vor dem Abriss
So sah die Olbersdorfer Obermühle in ihren besten Zeiten aus (links). Verfallen zeigte sich der Gebäudekomplex 2007, wenige Jahre vor dem Abriss © Schwalbe/Gemeindeverwaltung

Wer noch vor 15 Jahren von Zittau nach Olbersdorf auf der 1926 gebauten Entlastungsstraße fuhr, dem fielen zwei ortsbildprägende Bauwerke auf: auf der linken Seite das gewaltige Schulgebäude, auf der rechten ein markanter Turm. Er gehörte zur Obermühle, eine der Wassermühlen am Olbersdorfer Goldbach. Während die Schule noch heute als solche genutzt wird, sucht das Auge den Turm vergebens. Er wurde abgerissen.

Die Obermühle, früher nach den einstigen Besitzern auch Hähnelmühle oder Mauermannmühle genannt, befand sich an der Dorfstraße, der späteren August-Bebel-Straße, und trug die Hausnummer 135. Bereits 1545 wurde sie als Teil eines großen Gutes erstmals urkundlich erwähnt. Mehrmals wechselten die Besitzer. Als 1874 Wilhelm Louis Hähnel das Areal übernahm, wurde die Mühle nur mit Wasserkraft betrieben. Der Antrieb der Mühlentechnik erfolgte über ein oberschlächtiges eisernes Wasserrad von 6,55 Meter Durchmesser, wie in Frank Nürnbergers Nachschlagewerk „Mühlen der Oberlausitz, einst und jetzt“ nachzulesen ist. Damit konnte Müller Hähnel täglich 1,5 Tonnen Mehl herstellen.

Um die Wirtschaftlichkeit zu erhöhen und wettbewerbsfähig zu bleiben, baute Hähnel vollständig um. Er legte das Wasserrad still und stellte 1907 eine Dampfmaschine mit 100 PS Leistung auf. Dafür wurde ein Kesselhaus mit hohem Schornstein und Nebengebäuden errichtet. Die Leistung stieg auf zehn Tonnen Mehl am Tag.

Turm führte 1931 zum Konkurs

Schließlich übernahm Hähnels Sohn die Geschäftsführung. Unter seiner Leitung wurde 1922 das markante Getreidesilo, eben jener markante Turm, durch den Wilthener Baumeister Hübner errichtet. 26 Meter hoch, fasste das Silo 1.000 Tonnen Getreide. Doch Hähnel junior hatte sich übernommen. All diese Investitionen überspannten seine finanziellen Möglichkeiten. Es blieb ihm nichts anderes übrig, als 1931 Konkurs anzumelden.

Nun verwaltete die Städte- und Staatsbank der Oberlausitz die Mühle und das Gut. Gemahlen wurde nur noch wenig. Der Gutsbetrieb wurde aufgelöst und ein Großteil der Felder verkauft.

Doch 1935 ging die große leistungsstarke Mühle wieder in Betrieb. Neuer Besitzer des Grundstückes war der Zittauer Karl Ewald Mauermann geworden. Er machte aus der Mühle ein florierendes Unternehmen. Als Antrieb nutzte er weder das Wasser aus dem Mühlgraben noch den Dampf der Maschine, sondern setzte vielmehr auf Strom.

1972 übernahm der VEB Mühlenwerke Zittau die Olbersdorfer Obermühle. Mit dem Mahlen von Roggen war sie gut ausgelastet. Bis zur Wende war sie in Betrieb. Danach wurde sie nicht mehr gebraucht, stillgelegt und zu einer der zahlreichen Industrieruinen. 2011 brach man die Mühle mit allen Gebäuden ab und pflanzte Grün an. Am Standort erinnert die Skulptur eines Mühlenesels mit Sack an den Gebäudekomplex.

An die Obermühle erinnert diese Skulptur am Olbersdorfer Geschichts- und Mühlenpfad.
An die Obermühle erinnert diese Skulptur am Olbersdorfer Geschichts- und Mühlenpfad. © Frank Nürnberger

Damit diese und viele andere Mühlen nicht in Vergessenheit geraten, wurde zur Erinnerung an die einst 18 Wassermühlen des Goldbachtals ein Geschichts- und Mühlenpfad mit sachkundigen Informationstafeln angelegt, denn von diesen technischen Bauwerken arbeitet kein einziges mehr, nur noch wenige Mühlengebäude sind vorhanden. Genannt seien die Niedermühle oder die Kokosweberei. Der Pfad symbolisiert zugleich den von Mühlen genutzten Wasserreichtum des Goldbachs, der in Zittau in die Mandau mündet.