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Bierabsatz in Sachsen sinkt trotz mehr Brauereien

Im vergangenen Jahr sind in Sachsen zwei Braustätten hinzugekommen. Der sachsenweite Bierabsatz ist aber wie im Rest der Republik seit Jahren rückläufig. Hoffnung macht alkoholfreies Bier.

Von Tobias Winzer
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Die Zahl der Brauereien in Sachsen ist leicht gestiegen. Der Absatz aber sinkt.
Die Zahl der Brauereien in Sachsen ist leicht gestiegen. Der Absatz aber sinkt. © Bernd Weißbrod/dpa

Die Zahl der Brauereien ist sachsenweit im vergangenen Jahr leicht gestiegen. Das teilt das Statistische Landesamt zum Tag des Bieres am 2. August mit. Demnach wurden im Jahr 2023 82 Braustätten im Freistaat Sachsen betrieben. Das sind zwei mehr als im Vorjahr. 5,5 Prozent aller deutschen Braustätten haben damit ihren Sitz in Sachsen.

Im ostdeutschen Vergleich einschließlich Berlin ist Sachsen mit dieser Anzahl führend, wenn auch weit hinter dem Freistaat Bayern liegend. Dort gibt es die mit Abstand höchste Zahl mit 622 Braustätten. Insgesamt werden fast 1.500 Brauereien in Deutschland betrieben.

Absatz der Brauereien seit Jahren rückläufig

Insgesamt wurden in sächsischen Braustätten im vergangenen Jahr 7,6 Millionen Hektoliter Bier produziert. Dies entsprach fast zehn Prozent der gesamtdeutschen Jahreserzeugung (79,8 Millionen Hektoliter). Der Absatz sächsischer Braustätten belief sich 2023 auf 6,9 Millionen Hektoliter Bier und sank im Vergleich zum Vorjahr um 2,5 Prozent (2022: 7,0 Hektoliter).

Seit 2016 sinkt die Bierproduktion in Sachsen. Zwischendurch waren es mal gut 850 Millionen Liter.

Über das Jahr 2023 betrachtet war mit reichlich 0,7 Millionen Hektolitern der höchste Bierabsatz der sächsischen Braustätten im Mai, der geringste im Dezember (rund 0,5 Millionen Hektoliter) zu verzeichnen.

Bierabsatz bricht in ganz Deutschland ein

Auch im Rest der Republik melden die Brauer sinkende Absatzzahlen. Im Inland gingen von Januar bis einschließlich Juni 3,4 Milliarden Liter des Traditionsgetränks an Handel und Gastronomie - 0,9 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Deutsche Brauer-Bund nennt das wechselhafte Wetter als entscheidenden Faktor für das schleppende Biergeschäft. "Auch während der Fußball-EM haben die Achterbahnfahrt der Temperaturen und die häufigen Unwetter vielen Wirten das Geschäft verhagelt, so manche Gartenparty fiel ins Wasser", sagt Hauptgeschäftsführer Holger Eichele. Gleichwohl habe eine ganze Reihe von Brauereien auch von diesem Sportereignis profitieren können.

Neuer Minus-Rekord in Sicht

Auch einschließlich der Exporte und des steuerfreien Haustrunks für die eigenen Beschäftigten ging der Absatz der rund 1.500 Betriebe zurück, und zwar um 0,6 Prozent auf 4,2 Milliarden Liter. Das waren fast 30 Prozent weniger als im Juni 2006, als Fußball-Deutschland bei der Weltmeisterschaft sein Sommermärchen feierte. Alles deutet darauf hin, dass 2024 noch einmal schwächer wird als das bereits maue Vorjahr, das mit knapp 8,4 Milliarden Litern selbst das Corona-Jahr 2021 unterboten hat.

Eine einzige Enttäuschung für die Branche war schließlich der EM-Spielmonat Juni mit einem Rückgang des Gesamtabsatzes von mehr als 11 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat. Nach den statistischen Zahlen war das der schlechteste Juni seit Neufassung der Biersteuer im Jahr 1993. Im Inland fiel der Absatz sogar noch etwas stärker um 13,5 Prozent auf knapp 626 Millionen Liter. Der Handel habe einfach nicht nachbestellt. "Eigentlich ist das nicht mehr aufzuholen", sagt ein Sprecher der Sauerland-Brauerei Veltins.

Alkoholfreies Bier legt deutlich zu

Als Hoffnungsschimmer bleibt den Brauern das alkoholfreie Bier, das in den amtlichen Statistiken nicht enthalten ist, weil keine Alkoholsteuer fällig ist. Eichele zufolge werden alkoholfreie Biere für die Brauereien immer wichtiger und legen seit Jahren mengenmäßig zu. Laut amtlicher Statistik hat sich die Menge seit 2013 mehr als verdoppelt. Deutschland sei mit mehr als 800 nach dem Reinheitsgebot gebrauten alkoholfreien Marken und einem Marktanteil von 8 Prozent an der Weltspitze. "Bald wird jedes zehnte in Deutschland gebraute Bier alkoholfrei sein", sagt der Brauer-Funktionär. Wichtige Exportziele für die neuen Produkte seien die USA sowie die Länder der Europäischen Union.

Wie gut alkoholfreies Bier in die Zeit passt, zeigt nicht zuletzt der Hype um das "Alkoholfrei Hell" der Münchener Traditionsbrauerei Augustiner. Seit März auf dem Markt, ist der Stoff selbst in München manchmal schwer zu bekommen, weil bevorzugt Vertragsgaststätten beliefert werden und Getränkemärkte nur wenige Kisten erhalten. Kürzlich hat in München sogar ein alkoholfreier Biergarten eröffnet.

Die fünftgrößte Braubranche der Welt leidet ansonsten bereits seit Jahren trotz wachsender Bevölkerung am sinkenden Bierdurst. Gesellschaftliche Trends zu einer gesünderen und bewegungsorientierten Lebensweise treffen auf eine durchschnittlich immer ältere Konsumentenschaft. Die Kunden ächzen zudem in vielen Ländern unter der Last der hohen Inflation, heißt es im aktuellen Branchenbericht des weltgrößten Hopfenhändlers BarthHaas aus Nürnberg.

Seit 1993 ist der Bierabsatz in Deutschland um mehr als ein Viertel zurückgegangen und der schrumpfende Markt ist von Überkapazitäten geprägt. Allein im vergangenen Jahr wurden Braustätten für mehr als 200 Millionen Liter Produktion aus dem Markt genommen. Bei vielen anderen Brauereien stehen hohe Investitionen an, um die energieintensive Produktion auf nachhaltige Energiequellen umzustellen.

Fußball kein Absatz-Turbo mehr

Veltins-Chef Michael Huber sieht zudem die Strahlkraft des Fußballs auf den Bierkonsum erloschen. Er sagt: "Der Hoffnungsfunke Europameisterschaft hat nicht gezündet, nachdem die frühzeitige Turnierniederlage der deutschen Elf die beginnende Nachfrage abgedreht hat." Nur rund um die EM-Stadien seien kurzzeitige, aber durchaus widersprüchliche Effekte in Hotellerie und Gaststätten zu spüren gewesen. "Die Gastronomie vor Ort wurde durch die Fan-Meilen der UEFA oft leergesaugt", sagt Huber. Die Bedeutung der Fußball-Großturniere als Absatz-Turbo sei schon mit der letzten Fußball-Winter-WM deutlich gesunken. (mit dpa)