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Elbanlieger bangen bis zum letzten Moment

Nach jüngster Prognose wird der Scheitel erst Donnerstagfrüh erreicht - bei knapp 6,80 Metern in Schöna. Zuversichtlich stimmt die Wettervorhersage.

Von Mareike Huisinga & Thomas Möckel & Heike Sabel & Anja Weber & Steffen Neumann & Roland Kaiser
 20 Min.
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Steg am Ruderbootshaus vom Ruderverein 1872 in Pirna. Mittlerweile hat das Wasser ein Gebäude des Vereins erreicht.
Steg am Ruderbootshaus vom Ruderverein 1872 in Pirna. Mittlerweile hat das Wasser ein Gebäude des Vereins erreicht. © Daniel Förster

Das Bootshaus des Pirnaer Rudervereins 1872 auf der Altstadtseite in Pirna ist vom Wasser eingeschlossen. "Wir kommen nicht mehr ran", bestätigt Grit Hermann, Vorsitzende des Pirnaer Rudervereins. Auch, weil das Flutschutztor am Durchlass Klosterstraße/Ecke Rosa-Luxemburg-Straße bereits Anfang der Woche geschlossen wurde. Nach ihren Informationen stehe das Wasser am Mittwochvormittag noch vor den Toren des Hauptgebäudes. "Folglich ist es drinnen noch trocken", sagt Hermann. Sie hofft, dass es so bleibt. Die Boote wurden bereits zuvor gesichert und abtransportiert.

Anders sieht es in dem Gebäude "Carolabad" gleich neben dem Bootshaus aus. Hier befindet sich im Erdgeschoss unter anderem die Werkstatt des Rudervereins. Im Erdgeschoss ist das Elbewasser bereits eingedrungen. "Auch hier haben wir im Vorfeld die Gegenstände in die obere Etage gebracht und sie somit gesichert", berichtet die Vereinsvorsitzende. Ähnlich wie die Wassersportler bangen in diesen Stunden viele Elbanlieger - steit das Wasser doch noch so hoch, dass es in die Gebäude eindringt und Schäden hinterlässt? Hier berichtet Rainer Weiß vom Hotel Elbparadies von seiner Situation.

Fotomotiv Hochwasser: Die Elbe steht in Pirna an der Schwelle zur historischen Altstadt - Viele Passanten wollen das sehen und fotografieren.
Fotomotiv Hochwasser: Die Elbe steht in Pirna an der Schwelle zur historischen Altstadt - Viele Passanten wollen das sehen und fotografieren. © Daniel Förster

Vom Ruderverein 1872 aus gesehen rund 800 Meter weiter elbaufwärts am Steinplatz hat der Sportverein Grün-Weiß Pirna, Abteilung Kanu, sein Bootshaus. Die Kanuten sind genauso vom Hochwasser betroffen. "Im Keller unseres Bootshauses steht das Wasser. Das Erdgeschoss ist noch nicht betroffen", sagt Vereinsvorsitzender Ullrich Schulz am Mittwochmittag. Die Mitglieder haben bereits rechtzeitig den Keller geräumt. Auch wurde der Steg mit Ketten extra gesichert, damit er nicht kippt. "Und natürlich mussten wir die Motorboote, die normalerweise am Steg liegen, herausnehmen", sagt Schulz.

Um 12 Uhr am Mittwoch liegt der Pegel in Pirna bei 6,30 Meter. "Das bedeutet Alarmstufe drei", sagt Sebastian Hübner von der Feuerwehr Pirna, Hauptwache. Die Gaststätte und Pension Refugium Elbschlösschen Pirna sei komplett vom Hochwasser eingeschlossen. Ebenso sind die Elbeparkplätze auf beiden Seiten in Pirna gesperrt. "Das betrifft auch zahlreiche Radwege an der Elbe", so Hübner. Schnittstelle für die Altstadtseite ist der Bahndamm. "In den Unterführungen steht das Wasser", sagt der Feuerwehr-Mitarbeiter. Nach Angaben des Landeshochwasserzentrums wird das Elbehochwasser erst am frühen Donnerstagmorgen seinen Scheitelpunkt erreichen. Zuletzt wurde Mittwochabend prognostiziert. Nun soll der Höchstand zwischen 4 und 7 Uhr bei 6,78 Metern in Schöna markiert werden. Danach soll der Pegel sinken, sodass er am späten Freitagabend unter 6 Meter fällt und die Alarmstufe 3 aufgehoben werden kann. Dann gilt nur noch Alarmstufe 2. Beim Landeshochwasserzentrum heißt es mit Blick auf alle Hochwasser führenden Flüsse in Sachsen: "Aufgrund der niederschlagsarmen Witterung in den kommenden Tagen wird die Wasserführung überall weiter zurückgehen."

So hat Sächsische.de am Dienstag, 17. September, berichtet:

Die Elbe wird im Oberen Elbtal weitaus weniger ansteigen als ursprünglich vorhergesagt. Aktuelle Prognosen gehen derzeit davon aus, dass der Scheitel am Mittwoch in der Zeit von 13 bis 16 Uhr erreicht sein wird. Für diesen Zeitpunkt ist in Schöna ein Elbpegel von 6,68 Meter prognostiziert, das sind etwa 30 Zentimeter weniger als zunächst angenommen. Nach den Vorhersagen des Landeshochwasserzentrums soll der Wasserstand dann wieder langsam sinken. Bereits am 20. September gegen 4 Uhr könnte der Richtwert für die Alarmstufe 3 - das sind am Pegel Schöna sechs Meter - bereits wieder unterschritten werden. Allerdings könnte es noch bis Ende des Monats dauern, bis auch die Alarmstufe 1 aufgehoben werden kann.

Schockmoment in Bad Schandau

Besonnen und umsichtig hat man bislang in Bad Schandau reagiert. Das hängt möglicherweise damit zusammen, dass man zum einen in der Kurstadt schon Routine bei Hochwasser hat. Zum anderen aber vor allem damit, dass der Pegel in Schöna nun doch zum Glück nicht auf die einst vom Landeshochwasserzentrum am Sonntag prognostizierten 7,83 Meter steigen wird. Das wiederum hänge damit zusammen, so die Behörde, dass es im Einzugsbereich der Nebenflüsse der Oberen Elbe nicht so stark wie ursprünglich befürchtet, geregnet hat. Deshalb atmet man in Bad Schandau jetzt erst einmal etwas auf, obwohl man sich auch hier auf einen langen Scheitelpunkt eingestellt hat.

Umso größer war am Dienstagmorgen bei einigen der Schock, als am Hotel Elbresidenz am Marktplatz und an der Toskana-Therme die Flutschutzwände aufgestellt wurden. Für die Einwohner ist das auch ein Zeichen, dass es brenzlig wird. Axel Hausmann, Manager der Elbresidenz und der Toskana-World kann beruhigen. "Wir haben etwa 20 Meter Flutschutzwand vor der Elbresidenz und vor der Therme aufgestellt und die dann sofort wieder abgebaut. Da wir eh das ganze immer einmal im Jahr üben, haben wir das gleich genutzt. Das Material war ja da", sagt er. Entsprechend der Prognosen von Sonntag habe man auch das Hotel am Montag geschlossen. Inzwischen ist es aber wieder offen. "Aktuell gibt es nur einige wenige Stornierungen", sagt er.

Stefan Glaser und seine Kollegen bauen an der Elbresidenz in Bad Schandau die Spundwände auf, die gegen die Fluten schützen wollen. Das Ganze aber nur zu Übungszwecken.
Stefan Glaser und seine Kollegen bauen an der Elbresidenz in Bad Schandau die Spundwände auf, die gegen die Fluten schützen wollen. Das Ganze aber nur zu Übungszwecken. © Mike Jäger

Neue Einschränkungen in Pirna

Gleichwohl gelten noch weitreichende Einschränkungen im Elbtal, in Pirna sind noch weitere hinzugekommen. So ist das Flutschutztor an der Rosa-Luxemburg-Straße inzwischen verschlossen, das Ruderbootshaus ist daher nicht mehr erreichbar. Bereits seit Montagnachmittag ist auch die Unterführung an der Dohnaischen Straße gesperrt, die Pirnaer Altstadt lässt sich derzeit nicht mehr über Brückenstraße verlassen - und auch nicht erreichen.

Die Zufahrt zur Pirnaer Innenstadt und zur Altstadt ist aber weiterhin über die Bahnhofstraße zu erreichen. Damit Kraftfahrer die Altstadt wieder verlassen können, hat die Stadt vorübergehend die Marktdurchfahrt wieder geöffnet. Die Umleitung aus der Stadt heraus führt über die Lange Straße, Badergasse, Markt, Schlossstraße und Obere Burgstraße.

Pirna macht die Schotten dicht: Das Flutschutztor an der Rosa-Luxemburg-Straße ist seit 16. September verschlossen.
Pirna macht die Schotten dicht: Das Flutschutztor an der Rosa-Luxemburg-Straße ist seit 16. September verschlossen. © Daniel Förster
Auftrieb: Die Steganlage vor dem Pirnaer Ruderbootshaus schwimmt auf der hochwasserführenden Elbe.
Auftrieb: Die Steganlage vor dem Pirnaer Ruderbootshaus schwimmt auf der hochwasserführenden Elbe. © Daniel Förster
Riskanter Spaziergang in der reißenden Strömung Zwei Jungen laufen im knietiefen Wasser auf dem Elberadweg unter der Stadtbrücke hindurch.
Riskanter Spaziergang in der reißenden Strömung Zwei Jungen laufen im knietiefen Wasser auf dem Elberadweg unter der Stadtbrücke hindurch. © Daniel Förster
Den Fluss gestoppt: Die Elbe hat sich den Weg bis zum Flutschutztor in Pirna gebahnt. Weiter geht es dort nicht. Der Zugverkehr rollt wie gewohnt.
Den Fluss gestoppt: Die Elbe hat sich den Weg bis zum Flutschutztor in Pirna gebahnt. Weiter geht es dort nicht. Der Zugverkehr rollt wie gewohnt. © Daniel Förster
Nichts geht mehr: Über die Brückenstraße ist die Pirnaer Altstadt derzeit nicht zu erreichen.
Nichts geht mehr: Über die Brückenstraße ist die Pirnaer Altstadt derzeit nicht zu erreichen. © Daniel Förster

Talsperre Gottleuba hat zusätzlich Wasser aufgenommen

Durch die Trockenheit der vergangenen Wochen war auch der Wasserstand in der Talsperre Bad Gottleuba geringer als sonst. Zu den 3,5 Millionen Kubikmeter gewöhnlicher Hochwasserrückhalteraum kamen so noch 900.000 Kubikmeter dazu. Somit konnte zusätzlich Wasser aufgenommen werden, teilt die Landestalsperrenverwaltung mit.

Neben den Talsperren wurden auch Hochwasserrückhaltebecken genutzt. Dies betraf im Einzugsgebiet der Gottleuba unter anderem die Hochwasserrückhaltebecken Mordgrundbach, Liebstadt und Friedrichswalde-Ottendorf.

So berichtete Sächsische.de am Montag, 16. September:

Während die Lage im mährischen Landesteil der Tschechischen Republik weiter dramatisch ist, können die Gemeinden im Elbe-Einzugsgebiet aufatmen. Zwar steigen die Pegel in Ústí nad Labem und Děčín immer noch an. Aber sie steigen langsamer als noch am Sonntag. Die wichtigste Nachricht ist aber, dass die Pegel deutlich unter den zunächst vorausgesagten Höchstständen bleiben werden.

Grund für diese erfreuliche Nachricht ist eine erhebliche Drosselung des Abflusses der Talsperren an der Moldau, den sogenannten Moldau-Kaskaden. „Seit Mitternacht haben wir den Abfluss um 200 Kubikmeter je Sekunde gesenkt“, meldet der Wasserbetrieb Moldau.

Damit ändert sich auch die Situation an der Elbe, die mit der Moldau nördlich von Prag bei Mělník zusammenfließt. War das Tschechische Hydrometeorologische Institut (THMI) am Wochenende noch davon ausgegangen, dass der Pegel in Ústí bis zu einer Marke von 8 Metern steigen könnte, bleibt er nun deutlich darunter. Am Montagvormittag lag der Pegel in Ústí bei 6,38 Meter, bei einem Durchfluss von knapp 1.500 Kubikmeter je Sekunde.

Das THMI geht in seiner neuen Modellrechnung für den Pegel Ústí nun nur noch von einem Höchstwert von 6,74 Meter aus. „Das entspricht einem zweijährigen Hochwasser“, sagt Hana Bendová vom Wasserbetrieb Elbe (Povodí Labe). Im Vergleich zu den Höchstmarken bei den Hochwassern 2002 und 2013 fehlen also noch fast vier Meter.

Laut Bendová sei das Vorgehen an den Moldau-Kaskaden entscheidend für den Elbepegel. „Wir haben auch eigene Talsperren an der Elbe sowie den Nebenflüssen, aber die reichen nur dafür aus, die Lage vor Ort unter Kontrolle zu halten, haben aber keinen so großen Einfluss auf die Lage an der Elbe flussabwärts“, so Bendová weiter.