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Lawalde verlässt Tourismusverein Zittauer Gebirge

Grund für den Austritt ist das Geld und die unwichtiger werdende Rolle des Tourismus im einst staatlich anerkannten Erholungsort. Ein früheres Hotel soll gar versteigert werden.

Von Anja Beutler
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Lawalde hat ein Fremdenverkehrszentrum - aber auf Tourismus setzt die Gemeinde seit langem nicht mehr in großem Stil.
Lawalde hat ein Fremdenverkehrszentrum - aber auf Tourismus setzt die Gemeinde seit langem nicht mehr in großem Stil. © Matthias Weber

Lawalde muss rechnen. Und trennt sich deshalb noch einmal ein Stück mehr von seiner Ausrichtung auf Tourismus: Die Gemeinde wird in den kommenden Tagen offiziell ihren Austritt aus der Touristischen Gebietsgemeinschaft Zittauer Gebirge/Oberlausitz (TGG) erklären. Dieser Verein hat sich zum Ziel gesetzt, den "wirtschaftlichen, umweltverträglichen und sozial verantwortlichen Tourismus in dem Gebiet der südlichen Oberlausitz zu fördern und die touristische Wirtschaftskraft zu erhöhen" und machte zuletzt mit der Idee zur Einführung einer elektronischen Gästekarte Schlagzeilen. Neben Vereinen und Einrichtungen sind bislang 14 Gemeinden Mitglied - inklusive dem Landkreis.

Die Themen dort - so der Eindruck der Lawalder - sind eher durch das Gebirge geprägt und für die eigene Gemeinde kaum relevant. Hinzu kommen die Kosten: "Seit wir eingetreten sind, hat sich der Mitgliedsbeitrag verdoppelt", bilanziert Bürgermeisterin Nadja Kneschke (parteilos). Aktuell liege man bei über 1.000 Euro pro Jahr. "Wenn andere Gemeinden über 10.000 oder 100.000 Euro diskutieren, diskutieren wir schon über 1.000 Euro", skizziert sie die finanzielle Lage.

An dem Punkt, dass sich die Gemeinde von ihrer Orientierung am Tourismus verabschiedet, war Lawalde bereits vor acht Jahren: Auch damals ging es ums Geld - in dem Fall um 10.000 Euro. So viel hätte man investieren müssen, um den seit 1998 verliehenen Titel "Staatlich anerkannter Erholungsort" beizubehalten. Der Gemeinderat entschied dagegen. Seither sind zwar Minigolf, Kegelbahn und namentlich das "Fremdenverkehrszentrum" geblieben, aber der Fremdenverkehr selbst hat sich auf niedrigerem Niveau eingepegelt. Grund dafür ist unter anderem auch die Zahl der Vermieter, die noch Zimmer, Wohnungen oder Häuser für Gäste anbieten. "Wir sind auf fünf oder sechs derzeit gekommen", bilanziert die Bürgermeisterin die Diskussion im Gemeinderat zu dem Thema. Früher waren es deutlich mehr - und vor allem fehlen inzwischen auch größere Häuser.

Hotel Oberlausitz in Zwangsversteigerung

So wie das Ferienhotel Oberlausitz. 2021 ging hier plötzlich das Licht aus, der Besitzer war nicht mehr auffindbar - bis heute. Deshalb soll das Gebäude demnächst zwangsversteigert werden, weiß die Bürgermeisterin. Das größte Haus mit 25 Fremdenzimmern und Bewirtung ist damit der Kretscham. Seit 45 Jahren betreibt ihn Familie Heinrich. Wie genau es weitergehen könne, sei noch nicht entschieden, sagt Waltraud Heinrich. Aber aktuell läuft's. Zu DDR-Zeiten brummte der Kretscham, der damals das "Aushängeschild der damaligen Konsumgenossenschaft Löbau" war, wie auf der Homepage zu lesen steht. Auch heute können Heinrichs über Interesse nicht klagen: "Es kommen viele Stammkunden, aber durchaus auch neue Gäste", betont die Wirtin. Zudem mieten sich gern Arbeiter auf Montage oder Angehörige, die auf Familienbesuch sind, bei Heinrichs ein.

Diesen Trend bestätigt auch ein anderer Vermieter im Ort, der nicht namentlich genannt werden will. Über Mund-zu-Mund-Propaganda durch die treuen Stammgäste spreche sich das Lawalder Feriendomizil herum. Zudem suchten viele Gäste durchaus Ruhe und machten eben Ausflüge. Dass im Ort nicht einmal mehr ein Einkaufsladen existiert und seit der Umstellung des Fahrplanes auch kein Bus mehr bis ans Ortsende fährt, sei manchem Gast aber durchaus negativ aufgefallen, erinnert sich auch Waltraud Heinrich. Zudem sehe es an manchen Stellen nicht immer sehr gepflegt aus. Bürgermeisterin Nadja Kneschke sieht die Defizite und weiß, dass sich daran so rasch nichts ändern wird: "Wir liegen am Rand, sind zu weit weg", sagt sie und gibt sich überzeugt: "Die Gäste nehmen sich gleich direkt im Zittauer Gebirge oder in der Sächsischen Schweiz ein Quartier."

Dass die Gemeinde überhaupt vor rund fünf, sechs Jahren in die TGG Zittauer Gebirge/Oberlausitz eingetreten ist, lag ironischerweise am Geld: Um Fördergelder für den Bau des Wander- und Touristenparkplatzes in Kleindehsa zu erhalten, war eine Mitgliedschaft in einer TGG erforderlich. Überzeugt hat das Angebot Lawalde dauerhaft aber eben nicht. Kein Einzelfall, denn schon 2016 war die Ausrichtung aufs Gebirge schon einmal in Löbau und im Oberland Thema. In eine andere solche Tourismusvereinigung will Lawalde nun nicht eintreten - Kosten und Nutzen stehen für die Gemeinde eben in keinem Verhältnis.