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Höhere Parkgebühren für SUVs? Ein Pro und Kontra

Hier diskutieren ein Nachhaltigkeitsforscher und der Chef eines Autoklubs, ob die von der Umwelthilfe geforderte Maßnahme sinnvoll ist.

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Der Platz ist vor allem in den Städten knapp. Doch die in Europa gebauten Autos werden laut Daten des französischen Beratungsunternehmens Inovev immer größer und schwerer.
Der Platz ist vor allem in den Städten knapp. Doch die in Europa gebauten Autos werden laut Daten des französischen Beratungsunternehmens Inovev immer größer und schwerer. ©  Sebastian Gollnow/dpa

Weil es immer mehr große SUVs gibt, hat die Deutsche Umwelthilfe Hunderte Städte aufgefordert, die Parkgebühren für diese Autos anzuheben. In Sachsen sollen Dresden, Leipzig und Chemnitz tätig werden. Ob eine solche Maßnahme den gewünschten Effekt hat beziehungsweise mit vertretbarem Aufwand umgesetzt werden kann, darüber gehen die Meinungen auseinander.

Sächsische.de hat den BUND-Landesvorsitzenden Felix Ekardt und Marcus Namokel vom Königlich Sächsischen Automobil-Club gebeten, ihre Position darzulegen.

Pro: Ja, es wäre eine kleine Kompensation

Felix Ekardt ist Professor, Nachhaltigkeitsforscher und Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Sachsen.
Felix Ekardt ist Professor, Nachhaltigkeitsforscher und Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) in Sachsen. © BUND Sachsen

Die Frage, ob Fahrer besonders großer Pkw höhere Parkgebühren zahlen sollten, steht einerseits im Kontext der Reduktion des CO2-Ausstoßes und der Flächeninanspruchnahme durch überdimensionierte Fahrzeuge in urbanen Räumen. Andererseits wirft die Debatte Fragen nach der Wirksamkeit solcher Maßnahmen auf.

Gerade in dicht besiedelten Städten, wo der öffentliche Raum knapp ist, beanspruchen SUVs oft wertvolle Parkfläche, die effizienter genutzt werden könnte. Eine Erhöhung der Parkgebühren könnte dazu beitragen, die Nutzung solcher Fahrzeuge unattraktiver zu machen und damit den Umstieg auf kleinere Autos oder besser noch öffentliche Verkehrsmittel, Fuß- oder Radverkehr zu fördern.

Darüber hinaus tragen SUVs im Vergleich zu kleineren Autos zu einem höheren Energieverbrauch und einer höheren Schadstoffbelastung bei. Eine höhere Parkgebühr kann insoweit als eine – sehr begrenzte – Kompensation begriffen werden.

Derartige Maßnahmen sind auch nicht Ausdruck bevormundender Verbotspolitik. Erstens ist das Polemisieren gegen klare Spielregeln im Umweltschutz generell verfehlt. Denn Aufgabe von Parlamenten und auch Gemeindevertretungen in der Demokratie ist es gerade, die Freiheit der einen und die Freiheit der anderen in einen sinnvollen Ausgleich zu bringen. Das gelingt nur über klare Spielregeln.

Zweitens sind Gebühren gerade kein Verbot. Sie führen lediglich dazu, dass jemand, der seine Freiheit nutzt, um einen SUV zu fahren, auch die Verantwortung für die Folgen kostenmäßig (mit) übernimmt. Eine solche zwingende Verknüpfung von Freiheit und Folgenverantwortung ist jedoch ein Kernelement liberaler Demokratien. Diktaturen dagegen nehmen ihren Bürgern alles ab, als wären sie kleine Kinder.

Verfehlt wäre auch der Einwand, man habe noch Zeit beim Klimaschutz. Vielmehr sind die planetaren Grenzen beim Klima- und Naturschutz schon heute weit überschritten. Eine zentrale Rolle nicht nur fürs Klima, sondern auch alle anderen Umweltprobleme, spielen dabei die fossilen Brennstoffe. Davon verbrauchen SUVs große Mengen.

Der Weg zu einer postfossilen Mobilität, die auch deutlich seltener als heute eine motorisierte Individualmobilität sein muss, ist daher innerhalb weniger Jahre nötig. E-Autos unter den SUVs bei der Parkgebühr zu privilegieren, würde dabei ein falsches Signal setzen. Denn es geht mit der Verkehrswende angesichts der begrenzten Verfügbarkeit grüner Energie auch darum, einfach weniger Energie zu verbrauchen. Indem man eben auch auf grünere Fortbewegungsformen umsteigt.

Zwar kann man globale und europäische Postfossilität nicht allein und auch nicht vorrangig durch lokale Maßnahmen erreichen, und es ist davon abzuraten, das Hauptaugenmerk auf solche nicht übermäßig folgenreichen Maßnahmen zu richten. Insgesamt aus den fossilen Brennstoffen auszusteigen, ist eher Sache der EU, einschließlich Schutzmaßnahmen, damit die in Europa eingesparten Brennstoffe nicht einfach andernorts verfeuert werden.

Weil sozialer Wandel nur im Wechselspiel vieler Akteure und Ebenen gelingt, können auch kommunale Parkgebühren hier aber eine Anstoßfunktion haben.

Kontra: Nein, Parken muss günstiger werden - für alle

Marcus Namokel ist Präsident des Königlich Sächsischen Automobil-Clubs und Vizepräsident des Automobilclubs von Deutschland (AvD).
Marcus Namokel ist Präsident des Königlich Sächsischen Automobil-Clubs und Vizepräsident des Automobilclubs von Deutschland (AvD). © AvD

Als Automobilclub von Deutschland wünschen wir uns in dieser Diskussion mehr Sachlichkeit und weniger ideologische Verblendung. Die Forderung nach höheren Parkgebühren für SUVs kategorisiert Fahrzeuge willkürlich. Eine Abgrenzung zu anderen Pkw ist nicht möglich. Den größten Anstieg der SUV-Zulassungszahlen gibt es bei Modellen, die dem Kleinwagen- und Mittelklasse-Segment zuzurechnen sind. Diese Autos beanspruchen nicht mehr Raum als andere.

Die Emotionalisierung des Themas ist auch nicht durch Verkehrsunfallstatistiken gedeckt: Demnach sind SUVs nicht häufiger in Unfälle verwickelt als andere Fahrzeuge.

Die Diskussion entbehrt nicht einer gewissen Verlogenheit. Denn der reale Parkplatzmangel ist von vielen Städten selbst bewusst herbeigeführt. Weder wurde in ausreichendem Maße in neue Parkhäuser oder Tiefgaragen investiert, noch wurde der öffentliche Nahverkehr ausgebaut. Im Gegenteil: Parkraum verschwindet vielerorts.

Gebührenerhöhungen nun als Akt des Umweltschutzes zu vermarkten, ist grober Unfug. Geparkte Autos emittieren nichts, egal wie viel das Parken im Jahr kostet. Aus reiner Ideologie wollen bestimmte Politiker das Autofahren so verteuern, dass die Bürger aufs Auto verzichten und die Zahl der Autos auf den Straßen sinkt. Doch bereits jetzt gehen überall in den Innenstädten die Emissionen des Straßenverkehrs zurück. Das lässt sich über Jahre hinweg zurückverfolgen – ganz ohne Verknappung und Verteuerung des Parkens und ohne Einfahrtsverbote.

Die Verfechter derartiger Vorschläge vergessen offenbar, dass bei weiter steigenden Kosten viele Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen sich dann kein eigenes Auto werden mehr leisten können. Mit Folgen für deren Teilhabe an Gesellschaft und Erwerbsleben. Daher hält der AvD derartige Ideen für sozial unausgewogen und unfair.

Ich weise an dieser Stelle mit Nachdruck darauf hin, dass die Pkw-Nutzung in aller Regel kein Selbstzweck ist oder dem Zeitvertreib dient. Das Auto wird benötigt, um den Arbeitsplatz zu erreichen und den Alltag zu bewältigen. Nicht nur die Kraftstoffpreise haben in den letzten Jahren deutlich zugelegt. Auch die steigende CO2-Steuer und weitere Abgabenerhöhungen sind in den Taschen der Menschen spürbar.

Autofahrer sind aber auf bezahlbare Mobilität angewiesen. Jede mobilitätspolitische Maßnahme hat das zu berücksichtigen. Der ÖPNV bietet keine kurzfristige Entlastung: Busse und Bahnen fahren in nahezu allen Ballungsräumen während des Berufsverkehrs an der Kapazitätsgrenze.

Ein ausreichendes, bezahlbares Parkangebot erhöht zudem die Attraktivität der Innenstädte. Die Bedürfnisse des Handels und der Konsumenten sind von der kommunalen Verkehrspolitik genauso in den Blick zu nehmen. Dazu gehören Ansätze, mit abgesenkten Gebühren Parken in der Stadt wieder attraktiver zu machen. Ausbleibende Laufkundschaft in vielen Geschäften hat ihre Ursache auch im Parkplatzmangel.

Ideologisch verbohrt wird versucht, das Fahrrad als wichtigstes Verkehrsmittel zu propagieren. Dabei wird übersehen, dass Radstreifen und Fahrradstraßen weder Transportkapazitäten noch Alltagsverkehre adäquat ersetzen können.