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Extremes Jahr für die Imker: Gibt es trotzdem genug Honig?

Der plötzliche starke Frost im Frühjahr hat Auswirkungen auf die Honigernte. Auf zwei Sorten müssen die Kunden in diesem Jahr ganz verzichten. Was sonst noch anders ist als im Vorjahr.

Von Cathrin Reichelt
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Imker Steffen Wittig steckt eine Wabe in eine Stippmaschine. In der wird der Honig gelockert. Danach lässt er sich besser schleudern.
Imker Steffen Wittig steckt eine Wabe in eine Stippmaschine. In der wird der Honig gelockert. Danach lässt er sich besser schleudern. © SZ/DIetmar Thomas

Döbeln/Nossen. Imker Steffen Wittig wollte in diesem Jahr etwas Neues ausprobieren – und es ist schiefgegangen. Erstmals wollte er seinen Kunden Senfhonig anbieten. Ein Feld bei Brand-Erbisdorf bot die Möglichkeit, entsprechenden Nektar zu sammeln.

Doch der war wohl nicht nach dem „Geschmack“ der Bienen. Statt ins Senffeld flogen sie in den benachbarten Wald und haben dort Nektar gesammelt.

„Es war der erste Versuch und er hat nicht geklappt“, sagt Wittig. Verärgert ist er deshalb nicht. Im Gegenteil. „Dafür haben wir fruchtigen Waldhonig bekommen, auch wenn der doppelt so viel Arbeit macht“, sagt er.

Waldhonig ist Läusehonig

Denn Waldhonig ist Läusehonig. Die Blattläuse ernähren sich von Siebröhrensaft und sondern dann Honigtau ab, der von den Bienen gesammelt und in die Waben getragen wird.

Allerdings hat der Honigtau einen extrem hohen Zuckergehalt, der den Honig schnell kristallisieren lässt. Das heißt, der Honig wird in der Wabe schnell fest und deshalb auch Zementhonig genannt. Es sei in den vergangenen 30 Jahren erst das zweite Mal gewesen, dass der Imker mit Zementhonig zu tun hatte.

„Wir konnten trotzdem einen Großteil schleudern“, sagt der 56-Jährige. Zuvor hat er den Honig mit einer Stippmaschine in den Waben gelockert.

Im Schleuderraum stapeln sich unzählige Zargen mit gefüllten Bienenwaben.
Im Schleuderraum stapeln sich unzählige Zargen mit gefüllten Bienenwaben. © SZ/DIetmar Thomas

Etwa ein Drittel des Honigs sei in den Waben geblieben. Die hat der Imker wieder unten in die Bienenstöcke gelegt. Die Bienen hätten den Waldhonig nach oben getragen und mit dem gesammelten Nektar von Linde, Weißklee und Phacelia vermischt. Daraus ist die Honigsorte „Sommertracht“ entstanden.

Von der hat Steffen Wittig 200 Kilo produziert, vom Waldhonig rund 400 Kilo. Und er gibt zu: „Vom Senfhonig hatten wir weniger erwartet.“ Aber aufgeben will er trotzdem nicht. Wenn sich die Chance bietet, wolle er es noch einmal mit dem Senfhonig probieren.

Kein Honig von Linde und Robinie

Der plötzliche Frost im Frühjahr war neben dem Zementhonig die zweite große Herausforderung in diesem Jahr. Die Frühjahrsernte sei noch gut gewesen.

Dann die extreme Frostnacht kam erst, als die Obstbäume schon begonnen hatten Früchte auszubilden. Auch die Rapsfelder haben geblüht. „Mit dem Ertrag sind wir zufrieden“, so Wittig.

Kunden, die Linden- und Robinien-Honig bevorzugen, müssen darauf jedoch verzichten. Denn diese Blüten sind dem Frost größtenteils zum Opfer gefallen.

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„Von der Robinie haben wir etwa 15 Prozent des üblichen Ertrages geerntet“, erklärt Wittig. Nektar für Lindenhonig lässt er seine Bienenvölker normalerweise in Brandenburg sammeln.

In diesem Jahr sei er aber gar nicht erst dorthin gefahren, weil die Prognose bereits schlecht war. Rund um Rhäsa, wo der Imker zu Hause ist, gebe es wenige Linden. „Und der Honig hat auch nicht nach Linde geschmeckt“, meint er.

Manchmal bauen die Bienen regelrechte „Kunstwerke“ wenn ihnen die Wabe nicht ausreicht.
Manchmal bauen die Bienen regelrechte „Kunstwerke“ wenn ihnen die Wabe nicht ausreicht. © SZ/DIetmar Thomas

Einen Ausgleich wollte er mit Kornblumenhonig erreichen. Vor 15 Jahren habe er solchen Honig zuletzt geerntet. Und auch diesmal hat das funktioniert.

Auf dem Feld eines Bio-Bauern konnten die Bienen von zwölf Völkern entsprechenden Honig sammeln. Insgesamt waren es 200 Kilo. Das sei in etwa dieselbe Menge, die sich Steffen Wittig von Robinie und Linde erhofft hatte.

40 Völker mit 30.000 bis 40.000 Bienen

Insgesamt besitzt der Imker 40 Völker mit 30.000 bis 40.000 Bienen. Gerade hat er die letzten Völker aus der Heide nach Hause geholt. Die muss er noch gegen die Varroamilbe behandeln.

Aber er hofft, den Tieren nicht so viele Medikamente verabreichen zu müssen, wie in den Vorjahren. Denn diesmal hat er ihnen vor dem Ausflug in die Heide bereits eine „Sauna“ verpasst.

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Die Wärmebehandlung hat Steffen Wittig zum ersten Mal ausprobiert. Sie ist schonender als die Medikamente. Dabei verbringen die Bienen einen gewissen Zeitraum in einer Kiste, in der eine Temperatur herrscht, die etwas über der liegt, die die Milbe verträgt. Ergebnisse liegen noch nicht vor, „aber ich hoffe, dass nur wenige Milben überlebt haben“, meint der Imker.

Der Kessel mit Heidehonig ist gut gefüllt. Er hat einen herben, kräftigen – eben würzigen Geschmack.
Der Kessel mit Heidehonig ist gut gefüllt. Er hat einen herben, kräftigen – eben würzigen Geschmack. © SZ/DIetmar Thomas

Insgesamt ist er mit dem Honig-Jahr zufrieden. Und wie alle Direktvermarkter wünscht er sich, dass die Kunden wieder mehr lokal kaufen. Der Preis für seine Produkte ist schon mal gleich geblieben.

Wittig, der Vorsitzende des Imkervereins Nossen und Umgebung ist, freut sich auch über einen leichten Zuwachs an Mitgliedern, von 75 im vergangenen auf 82 in diesem Jahr. Zu denen gehören auch zahlreiche aus Döbeln und Roßwein.

Weniger Kursteilnehmer

Rückläufig ist dagegen das Interesse derjenigen, die das Hobby der Imkerei erlernen wollen. Haben im vergangenen Jahr noch 50 Personen einen entsprechenden Kurs absolviert, sind es in diesem Jahr 35.

Die kommen aber nicht nur aus der ländlichen Region, sondern auch aus Leipzig und Dresden. Meist seien es junge Familien mit eigenem Grundstück oder Senioren, die sich nun im Rentenalter einem Hobby widmen wollen.

Der Kurs läuft über ein Jahr und beginnt im Februar und März mit der Theorie. In den folgenden Monaten treffen sich die Teilnehmer noch fünfmal. Gemeinsam wird Honig geschleudert, die Königin gezeichnet, erfolge die Schwarmkontrolle, die Honigernte, die Wintereinfütterung und die Ablegebildung, das heißt, das Erstellen eines neuen Volkes.

Erste Anmeldungen für den Kurs 2025 gibt es bereits. Weitere sind möglich.