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In Sachsens Gefängnissen wird der Fachkräftemangel bekämpft

Ob Schulabschluss nachholen oder neue Ausbildung beginnen, die JVA Dresden bietet den Häftlingen viele Möglichkeiten. Ein Blick hinter Gefängnismauern.

Von Natalie Stolle
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Jan Kremser ist seit sieben Jahren in der JVA Dresden tätig und bildet Gefangene in seiner Kfz-Werkstatt aus.
Jan Kremser ist seit sieben Jahren in der JVA Dresden tätig und bildet Gefangene in seiner Kfz-Werkstatt aus. © SMJusDEG | Daniel Meißner

Dresden. Überall ist von Fachkräftemangel die Rede, doch es gibt Arbeitskräfte, die gern mal übersehen werden. Die Gefangenen in Justizvollzugsanstalten. Die JVA Dresden versucht eben dieses Potenzial nicht ungenutzt zu lassen und fördert die Ausbildung der Häftlinge in vielerlei Hinsicht.

Rebecca Stange, Leiterin der Haftanstalt, erklärt, wie wichtig Arbeit sein kann: "Es geht darum durch Arbeit und Ausbildung einen strukturierten Alltag für die Gefangenen zu schaffen." Den Alltag und die Arbeit sinnstiftend gestalten und die Zeit in Haft produktiv nutzen, das sieht auch Staatssekretär Matthias Weilandt als erstrebenswert.

Bei Haftantritt würde jeder Insasse geprüft, welche Maßnahmen ihm weiterhelfen könnten. So verfügen ein Viertel aller Gefangenen über keinen Schulabschluss, den sie aber während ihrer Haft nachholen können. Der Bedarf an Hauptschulabschlüssen sei groß, sogar ein Fernstudium sei eine Möglichkeit sich weiterzubilden.

Keine Arbeitspflicht – aber viele wollen arbeiten

Innerhalb der Haftanstalt gibt es zehn Eigenbetriebe, wo eine berufliche Ausbildung begonnen werden kann. Das Besondere: In sächsischen Vollzugsanstalten besteht keine Pflicht zur Arbeit, die Gefangen wollen aber von sich aus arbeiten, berichtet Stange. In der JVA sind 50 bis 60 Prozent der Insassen vollbeschäftigt.

Staatssekretär Matthias Weilandt und Haftanstaltsleiterin Rebecca Stange geben Einblick auf das Gelände der JVA Dresden.
Staatssekretär Matthias Weilandt und Haftanstaltsleiterin Rebecca Stange geben Einblick auf das Gelände der JVA Dresden. © SMJusDEG | Daniel Meißner

Die Betriebe werden in ihrer Arbeit unterstützt von verschiedenen Unternehmen, die das Material stellen. Die JVA wiederum liefert die Arbeitskräfte, die Räumlichkeiten und sorgt für die notwendige Sicherheit. Derzeit arbeiten elf Unternehmen mit der JVA zusammen und erwirtschaften so jährlich 2,5 Millionen Steuereinnahmen.

Bei den Eigenbetrieben gibt es auch eine gewisse Auswahlmöglichkeit. So finden sich Versand, Tischlerei, Fleischerei und viele mehr in den Räumlichkeiten der weitläufigen Anlage. Der Blick in die jeweiligen Abteilungen verrät, wie gering die Unterschiede zu Ausbildungsbetrieben außerhalb sind.

Jan Kremser ist Kfz-Meister und bildet momentan sieben Häftlinge aus. Über 1.000 Autos haben er und seine Auszubildenden im letzten Jahr abgefertigt. Von negativen Vorfällen kann er in den sieben Jahren, die er schon hier arbeitet, jedoch nichts berichten. „Es gibt bei der Arbeit keinen Unterschied zu der Arbeit in einer Werkstatt draußen“, stellt er klar.

„Die Arbeit hier ist abwechslungsreicher als draußen“

Das Vertrauen sei groß, aber natürlich sind dennoch gewisse Sicherheitsvorkehrungen von Nöten. Die Werkzeuge sind registriert und werden nach Schichtende durchgezählt. Gehen dürfen die Gefangenen erst, wenn alles vollständig zurückgebracht wurde. Auch beim Verlassen eines Wagens wird an der Schranke beim Ausgang nochmal alles kontrolliert.

Bei einer Führung durch die verschiedenen Arbeitsbereiche der JVA Dresden konnten sich Staatssekretär Matthias Weilandt und Dr. Dino Uhle vom Wirtschaftsrat selbst von den Standards der Ausbildungsbereiche überzeugen.
Bei einer Führung durch die verschiedenen Arbeitsbereiche der JVA Dresden konnten sich Staatssekretär Matthias Weilandt und Dr. Dino Uhle vom Wirtschaftsrat selbst von den Standards der Ausbildungsbereiche überzeugen. © SMJusDEG | Daniel Meißner

Auch Tobias Richter, der in der Schlosserei auf alles ein Auge hat, hat nur Gutes zu berichten. „Die Arbeit hier ist abwechslungsreicher als draußen. Man muss mehr Verständnis aufbringen für die Häftlinge“, erzählt er. Die neun Arbeiter, mit denen er momentan zusammenarbeitet, fertigen verschiedene Sachen an, die unter anderem im Gitterladen zum Verkauf angeboten werden. Aber auch außerhalb der Anlage werden die Grillschalen, die besonders beliebt sind, von Kunden wertgeschätzt.

Qualitativ gute Ausbildungen

Dr. Dino Uhle aus dem Wirtschaftsrat betont, dass bis 2030 vermutlich bis zu 300.000 Arbeitskräfte fehlen werden. Natürlich sei die Arbeit mit Häftlingen auch ein Risiko, aber das sollten zukünftige Unternehmer eingehen. Gefangene, die arbeiten wollen und können, stellen so Arbeitskräfte mit viel Potenzial dar.

Die Ausbildung selbst stellt hohe Ansprüche an die Häftlinge, um sie bestmöglich auf das Arbeitsleben vorzubereiten. In der Qualität stehen sie anderen Auszubildenden aber in nichts nach, betont Leiterin Stange und verweist auch auf das eigens hergerichtete Buffet: „Die Qualität unserer Konditorei kann mit den Standards einer französischen Patisserie mithalten.“

Auch die Justizvollzugsanstalt sucht immer wieder nach Personal, das sich vor Ort engagieren möchte. Mehr Infos finden Sie im Netz unter www.job-mit-j.de