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Die Zukunft im Netz: „6G wird eine Revolution, vergleichbar mit dem Internet“

Prof. Gerhard Fettweis über die Zukunft des mobilen Internets und die neuen Roboter im Interview mit SZ-Wissenschaftsredakteur Stephan Schön.

Von Stephan Schön
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SZ-Wissenschaftsredakteur Stephan Schön (r.) sprach mit Gerhard Fettweis über wahnwitzige Ideen von damals und seine ziemlich verwegenen neuen Visionen.
SZ-Wissenschaftsredakteur Stephan Schön (r.) sprach mit Gerhard Fettweis über wahnwitzige Ideen von damals und seine ziemlich verwegenen neuen Visionen. © Ronald Bonß

Er entwickelt die mobile Datenwelt der Zukunft. Tageszeitungen liest er dennoch lieber gedruckt. Auch die SZ. Papier, so sagt Gerhard Fettweis, hat manchmal auch seine Vorteile. Und Emotionen. Er, der Techniker und Ingenieur, Professor für Nachrichtentechnik der TU Dresden, hatte in seiner Schulzeit in Nordrhein-Westfalen selbst mal ein Jahr Journalismus im Deutschunterricht.

Mit 32 Jahren und damals jüngster Professor Deutschlands wurde er 1994 an die TU Dresden geholt. Vom Silicon Valley nach Dresden geholt. Er ist hiergeblieben. Das Geld dafür kam von Vodafone. Dieser Stiftungslehrstuhl existiert noch heute. 17 Firmen hat Gerhard Fettweis bisher gegründet und damit über 500 Jobs geschaffen. Fettweis gilt weltweit als einer der führenden Vordenker für mobile Netze. 1994, als die Handys noch Knochen waren, groß, schwer, schwarz-weiß, da hatte Fettweis bereits eine Vision: „Handys werden Farbdisplays haben, wir werden Videos darauf schauen, wir werden Fernsehen und Hörfunk damit empfangen. Zeitungen und Bücher lesen. Handys werden zum Tor ins Internet.“ Was wir heute Smartphone nennen, klang damals schräg und überflüssig. SZ-Wissenschaftsredakteur Stephan Schön sprach mit Gerhard Fettweis über wahnwitzige Ideen von damals und seine ziemlich verwegenen neuen Visionen.

Wie kommt man nur auf so etwas?

Ich denke mich halt gerne in die Zukunft.

Oder anders gesagt: Sie spinnen gern ein bisschen?

Mag sein. Einer der CEOs von Vodafone hat mich mal als Futurologen bezeichnet. Da habe ich erst einmal nachgeschaut, was das bedeutet.

Und, gibt’s sowas?

Ja, das war sogar mal eine Berufsbezeichnung, zur Zeit, als die ersten Weltausstellungen stattfanden. Futurologen entwarfen mit ihren spektakulären Ideen neue Zukunftsvisionen. Ein bisschen bin ich das wahrscheinlich schon.

Mal ehrlich, wie viele haben denn, als sie 1994 nach Dresden kamen, an Ihre Handy-Visionen geglaubt?

Fast keiner. Auch in Kalifornien nicht.

Außer Vodafone, was ja Ihren Lehrstuhl seitdem an der TU Dresden finanziert?

Auch die nicht. Sie interessierten sich mehr für die Verbesserung existierender Funknetze. Die aber einmal aufgebaut für Jahrzehnte reichen sollten. Ich arbeite daran, dass das nicht so ist. Bis heute.

Wo hatten Sie die Visionen vom Handy der Zukunft hergenommen? Zu viele Science-Fiction gelesen?

Ja gut, als Kind habe ich mich in dieser Richtung in der Bibliothek ausgetobt. Aber am Ende war es der Wunsch, die Ingenieurwissenschaft als eine Kreativwissenschaft zu betreiben. Die Elektrotechnik ist für mich die perfekte Kombination aus Mathematik und Kreativität. Wir erfinden täglich Dinge, die es bis dato noch nicht gibt.

Die Ideen von 1994, waren das Ihre eigenen Wünsche oder die einer Gruppe New-Tech-Nerds im Silicon Valley?

Das waren meine Ideen. Und damit kam ich hier in Dresden an. Ich war 32 Jahre alt und eben Professor geworden. Meine größte Sorge war damals: Was, wenn mir die Ideen ausgehen? Ich wollte nicht auf ein vorhandenes Thema aufspringen und dann versuchen, mit dem Nudelholz es noch breiter auszurollen. Nein, das war nicht meine Vorstellung, wie ich Prof sein wollte. Anstatt dessen habe ich den Erfindergeist aus dem Silicon Valley mitgebracht. Dort habe ich gesehen, wie Leute mit verrückten Ideen Dinge hervorgebracht haben, an die niemand auch nur ansatzweise gedacht hatte. Man kann mit Erfindungen ein bisschen an der etablierten Welt ruckeln.

Aber wäre genau das nicht für Sie im Silicon Valley deutlich besser gewesen als hier im Elbtal?

Ja durchaus, und Angebote gab es auch.

Weshalb wurde es dann doch Dresden?

Im Silicon Valley wäre ich einer unter vielen mit verrückten Ideen. Ich fand es hier in Dresden herausfordernder. Die Umstellung von Berkeley zu Dresden war natürlich krass. In allem: privat, dienstlich, Wetter, und Lebensumstände. Und es sollte ja nur für eine gewisse Zeit sein. Ich hatte mir damals fünf Jahre in Dresden gegeben, und die auch so mit meiner Frau ausgehandelt.

Es wurden mehr, fast 30 Jahre …

... weil die Menschen hier zu uns passen und die Gegend schön ist. Weil man hier unglaublich viel machen kann, und das Engagement des Stifters mit der Zeit, statt wie geplant auszulaufen, sich kontinuierlich vergrößert hat. Bis heute.