Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Wirtschaft

Wasserstoffzentrum in Chemnitz kann endlich starten

Der Bund und das Land Sachsen fördern den Aufbau mit 87,5 Millionen Euro. Neuer Masterstudiengang geplant.

Von Nora Miethke
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig unterzeichnete  heute die Verwaltungsvereinbarung für das Nationale Wasserstoffzentrum in Chemnitz.  Foto: SMWA/Kristin Schmidt
Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig unterzeichnete heute die Verwaltungsvereinbarung für das Nationale Wasserstoffzentrum in Chemnitz. Foto: SMWA/Kristin Schmidt © SMWA/Kristin Schmidt

Die Signale für den Aufbau des nationalen Wasserstoffzentrums im Chemnitzer Technopark stehen endlich auf „grün“. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) und das sächsische Wirtschaftsministerium (SMWA) haben die dafür erforderliche Verwaltungsvereinbarung heute in Chemnitz unterzeichnet. Der Bund unterstützt das Vorhaben „Hydrogen Innovation Center“ (HIC) mit 72,5 Millionen Euro. Der Freistaat Sachsen kofinanziert die Aufbauphase des HIC bis 2028 mit rund 15 Millionen Euro.

Das HIC in Chemnitz ist einer von vier im Jahr 2021 vom Bund ausgewählten Standorten, welche zusammen das Innovations- und Technologiezentrum für Wasserstoff (ITZ) des Bundes bilden. Die weiteren Standorte neben Chemnitz sind Pfeffenhausen (Bayern), Duisburg (Nordrhein-Westfalen) und der Verbund aus Bremerhaven, Hamburg und Stade. Chemnitz ist der erste von den vier, der die Finanzierung gesichert und die beihilferechtliche Genehmigung für die Förderung aus Brüssel erhalten hat. Die Europäische Bürokratie sei auch der Hauptgrund, warum es jetzt erst losgehen kann mit dem Aufbau, hieß es am Dienstag.

Alle Standorte sollen so entwickelt werden, dass sie sich langfristig selbst am Markt tragen. Entwickelt wurde das Konzept des HIC vom Chemnitzer Wasserstoffcluster HZwo e.V., in dem bundesweit 150 Unternehmen und Forschungseinrichtungen ihre Kompetenzen bündeln. Der Aufbau des HIC soll über das im Jahr 2024 gegründete Tochterunternehmen HIC gGmbH erfolgen.

Forschung an Wasserstoff-LKWs und Bussen

„Ich bin froh, dass das HIC endlich Fahrt aufnimmt", betont Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD). Die Verwaltungsvereinbarung mit dem Bund gebe den Projektpartnern Planungssicherheit. Im industriellen
Herzen Sachsens entstehe nun ein nationales Zentrum auf Weltniveau, das innovative Lösungen für die nachhaltige Mobilität von Morgen entwickelt. "Wir benötigen das Know-how der klugen Köpfe aus Chemnitz´dringend zur Dekarbonisierung des Schwerlastverkehrs, damit künftig auch Wasserstoff-Lkw, -Busse und -Nutzfahrzeuge das Straßenbild prägen“, so Dulig. Der SPD-Politiker sieht im Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft die Chance auf einen "Vorsprung Ost" für Sachsen und die anderen ostdeutschen Länder.

Die Mobilität der Zukunft könne nicht nur auf eine Antriebsart setzen, betonte Professor Thomas von Unwerth, Vorstandschef des koordinierenden HZwo e.V. und Direktor des Instituts für Automobilforschung an der TU Chemnitz. Über all dort, wo es auf kurze Ladezeiten, lange Reichweiten oder den Transport schwerer Güter ankomme und die Batterie als Antrieb nicht ausreiche, wird man auf Wasserstoff angewiesen sein, wenn es kein Benzin mehr gibt, so Unwerth. Der große Vorteil wäre, dass sich Wasserstoff speichern und über lange Strecken transportieren lasse.

In Chemnitz soll das modernste Wasserstoffzentrum mit Test- und Prüfständen, Wasserstoff-Ausbildungslaboren und Werkstätten entstehen sowie ein Startup-Zentrum und Labore für Industriekunden, die auf Wasserstoff setzen. Geplant ist, gerade kleinen und mittelständischen Firmen, Automobilzulieferern und Industrieunternehmen, im HIC die Möglichkeit zu geben, ihre Innovationen zu testen, zu zertifizieren, Mitarbeiter zu qualifizieren und neue Standards für den Weltmarkt zu entwickeln. Zudem bietet die Einrichtung Startups aus dem Bereich Wasserstofftechnologien attraktive Ansiedlungsbedingungen und fördert so
die Schaffung neuer Arbeitsplätze in der Region. Ein Anreiz für Ansiedlungen ist natürlich die Nähe zum Forschungs- und Universitätscampus mit der TU Chemnitz und den Fraunhofer-Instituten IWU und ENAS.

Laut Unwerth können bis zu 100 Arbeitsplätze in dem Wasserstoffzentrum entstehen. Und ausgebildet werden können die eigenen Fachkräfte künftig bald um die Ecke. Zum Wintersemester 2025/2026 soll erstmalig in Deutschland an der TU Chemnitz ein Masterstudiengang "Wasserstofftechnologien" starten. In Asien, den USA oder auch Großbritannien gebe es schon längst solche Studiengänge. In Deutschland ist Chemnitz Vorreiter.

Und was sind die nächsten Schritte? In den kommenden Wochen steht die zeitnahe Bewilligung der erforderlichen Mittel durch das Bundesverkehrsministerium im Fokus, um den offiziellen Projektbeginn einleiten zu können. Dann wird der Abschluss der Bauplanung sowie die Einholung der Baugenehmigung angestrebt, sodass schnellstmöglich die Grundsteinlegung erfolgen kann. Die Inbetriebnahme des ersten Bauabschnitts ist für das Jahr 2026 vorgesehen. 2029 soll das Wasserstoffzentrum stehen und das Projekt abgeschlossen sein.

Chemnitz hofft auf Anschluss an Wasserstoff-Verteilnetz

Einen Wermutstropfen gibt es: Chemnitz ist nicht an das geplante Wasserstoffkernnetz angebunden. Solange das Zentrum sich im Aufbau befindet, müsse man sich Wasserstoff anliefern lassen oder in kleinen Mengen selbst produzieren. Kurzfristig reiche das auch aus, so Unwerth. "Aber wenn wir Wasserstoff als Energieträger der Zukunft brauchen, dann brauchen wir auch einen Anschluss", betonte der SPD-Bundestagsabgeordnete Detlef Müller. Eine der wichtigsten Aufgaben wird nun sein, früh ins Wasserstoff-Verteilnetz eingebunden zu werden.