Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
Wirtschaft

Energiewende: Sächsische Unternehmen machen Druck auf Landesregierung

63 mittelständische Firmen starten gemeinsamen Appell zum schnellen Ausbau der Erneuerbaren Energien und fordern politischen Rückhalt.

Von Nora Miethke
 3 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Werkleiterin Dr. Jutta Matreux, hier im Gespräch mit Wirtschaftsminister Martin Dulig, erhört zu den Erstunterzeichnern des Appells. Foto: Klaus-Dieter Brühl
Werkleiterin Dr. Jutta Matreux, hier im Gespräch mit Wirtschaftsminister Martin Dulig, erhört zu den Erstunterzeichnern des Appells. Foto: Klaus-Dieter Brühl © Klaus-Dieter Brühl

In einem gemeinsamen Appell verlangen 63 sächsische Unternehmen, Stadtwerke und die beiden Industrie- und Handelskammern (IHK) in Dresden und Chemnitz von der künftigen Landesregierung mehr Tempo bei der Energiewende. Unter dem Motto „Unternehmen für Sachsens Zukunft - der Freistaat braucht die Energiewende“ fordern sie „ein ausreichendes Markangebot zu international wettbewerbsfähigen Preisen von Strom aus erneuerbaren Energien wie Wind, Photovoltaik und Biomasse sowie die entsprechende Infrastruktur“.

Die Unterzeichner wollen aus der „Exotenrolle“ heraus, die ihnen zugeschrieben wird in Sachsen, wenn sie grüne Energie zu wettbewerbsfähigen Preisen fordern. „Wir sind keine Exoten. Die ganze Welt hat sich auf den Transformationspfad begeben“, sagte Rene Spandler, Werkleiter des Stahlherstellers Ervin Germany GmbH in Glaubitz am Dienstag bei der Vorstellung des Appells. Er warnte davor, wenn es nicht gelinge, ausreichend erneuerbare Energien zum Einsatz zu bringen, „dann sind wir über kurz oder lang nicht mehr in der Lage, die Produkte am Markt anzubieten, die nachgefragt werden“.

BSW soll sich energiepolitisch positionieren

Der Stahlhersteller hat sich im neun anderen energieintensiven Unternehmen im Industriebogen Meißen in einer Energie- und Wasserstoffallianz zusammengeschlossen, um ihre Energieinteressen in der Region durchzusetzen. „Mit Erfolg“, so Spandler, und in der Folge seien immer mehr Firmen auf sie zugekommen, die auch vertreten werden wollen. Daraus sei der Gedanke des Appells entstanden. Er lade alle Unternehmen ein, sich anzuschließen, die auch der Auffassung seien, dass die Energieart und Energiekosten für die Ökobilanz ihrer Produkte und für ihre Kunden wichtig seien, betonte Spandler.

Die Unternehmen fordern mehr öffentlichen politischen Rückhalt von der sich formierenden neuen Landesregierung für die Energiewende, Planungs- und Genehmigungsverfahren zu beschleunigen und den Netzausbau voranzutreiben. Angesichts der Sondierungsgespräche und anstehenden Koalitionsverhandlungen wolle man klarmachen, was die sächsische Wirtschaft benötige, um erfolgreich zu sein. Die energiepolitischen Positionen des Bündnis Sarah Wagenknecht (BSW) seien nicht konkret formuliert. „Wir sehen nicht, wie sich das BSW in dieser Frage positioniert. Wir sehen es als unsere Aufgabe an, darauf hinzuweisen, dass man sich positionieren muss“, betonte Spandler.

Regierung soll für Akzeptanz werben

Auch eine aktive und positive Kommunikation an die Bevölkerung sei wichtig, um für die Akzeptanz von erneuerbaren Energien zu werben, betonte Jutta Matreux, Werkleiterin der Wacker Chemie AG in Nünchritz (Landkreis Meißen). Ohne ausreichend günstige und stabile Energiequellen werde Sachsen als Industriestandort an Wettbewerbsfähigkeit verlieren. „An diesem Thema wird sich entscheiden, wo man im Freistaat künftig wirtschaftlich in Deutschland und Europa steht“, so Matreux. Sie sieht einen „klaren Auftrag“ bei der künftigen Landesregierung das Henne-Ei-Problem beim Netzausbau zu lösen. Private Haushalte und Unternehmen, die in Solarstrom-Anlagen investierten, könnten den Strom wegen Netzengpässen nicht einspeisen. Und die Energieversorger argumentierten, wenn nicht mehr Windräder und Solaranlagen installiert würden, lohne sich der Netzausbau nicht. „Aus diesem Henne-Ei-Problem müssen wir herauskommen. Da könnten sich auch die Kommunen als Anteilseigner an den Stadtwerken stärker einbringen“, betont die Nünchritzer Wacker Chemie-Chefin.

Die Unternehmen seien zu Investitionen in ressourcenschonende Prozesse bereit, doch dafür brauche es Planungssicherheit, sagte Ronald Bernstein, Geschäftsführer des Spritzgussherstellers Bergi-Plast GmbH. Gerade im ländlichen Raum könne die Energiewende zum Wachstumsmotor werden. Die Staatsregierung müsse Verantwortung übernehmen und für entsprechende Entscheidungen sorgen, forderte Bernstein. Zu den Initiatoren des Appells gehören über 60 Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen, darunter Stahl, Chemie, Halbleiter, Autozulieferer und Pharmaindustrie . Insgesamt repräsentieren die Unterzeichner zusammen mehr als 13.000 Beschäftigte.