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Wirtschaft
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Landtagswahl: Wie Sachsen seinen Mittelstand besser unterstützen kann

Die große Mehrheit der Unternehmen in Sachsen sind klein und ihr Forderungskatalog an die Landesregierung dick. Ganz oben auf der Wunschliste steht Bürokratieabbau.

Von Nora Miethke
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Die Unternehmen wünschen sich vor allem eins, weniger Bürokratie und eine effizientere Verwaltung. Foto: dpa
Die Unternehmen wünschen sich vor allem eins, weniger Bürokratie und eine effizientere Verwaltung. Foto: dpa © dpa-Zentralbild

So mancher erinnert sich noch an den Unmut, der sich nach der Ankündigung der TSMC-Ansiedlung in Dresden vor einem Jahr auf Empfängen und in Diskussionsrunden sächsischer Wirtschaftsverbände breit machte. Die Höhe der Subventionssumme und die Berufung eines eigenen Beauftragten für Großansiedlungen ließen den Vorwurf laut werden, die Landesregierung kümmere sich nur um die Belange der "Großen" und wo bleibe bitteschön der Beauftragte für den Mittelstand, der 90 Prozent der sächsischen Wirtschaft ausmache. Braucht es ihn wirklich? Oder was erwarten die mittelständischen Unternehmer und Unternehmerinnen tatsächlich von der künftigen Landesregierung? Sächsische.de hat bei Wirtschaftskammern und -Vereinigungen nachgefragt.

Auf die Frage: "Braucht Sachsen in der neuen Landesregierung den neuen Posten eines Mittelstandsbeauftragten?" gab es bei allen Befragten eine mal mehr, mal weniger klare Antwort: Nein. "Wir brauchen nicht immer neue Posten für Dinge, die selbstverständlich sein sollten", heißt es bei der Vereinigung der Sächsischen Wirtschaft (VSW). Vordringlicher wäre es dafür zu sorgen, dass die Verwaltung effizienter werde und nicht Jahr für Jahr wachse, während die Erwerbsbevölkerung schon seit Jahren schrumpfe und das auch in den kommenden Jahren weiter tun werde, erklärt der Arbeitgeberverband.

Ähnlich ist der Tenor beim Unternehmerverband Sachsen. "Es braucht keinen Kümmerposten, auf den alle die Kommunikation zu den klein- und mittelständischen Unternehmen abschieben, ausnahmslos alle müssen in die Verantwortung", fordert Verbandspräsident Dietrich Enk und meint damit Verwaltungsmitarbeiter, Beamte und Politiker.

"Mittelstandsförderung - im Sinne der Setzung optimaler Rahmenbedingungen für die eigenständige Entwicklung und Stärkung mittelständischer Unternehmen - ist Kernaufgabe des SMWA, aber derzeit leider nicht dessen Kernkompetenz", befindet auch Dirk Schröter, Landesvorsitzender des Wirtschaftsrates Sachsen. Aber deshalb brauche es nicht eines neuen Beauftragten. Eine bürgernahe Verwaltung und ein auf das erforderliche Maß beschränkter Staat könnten wesentlich mehr zur wirtschaftlichen Dynamik beitragen, so Schröter. Der Geschäftsführer der Mibrag GmbH kommt aus einer mittelständischen Unternehmerfamilie, die seit über 70 Jahren im Elektrohandwerk tätig ist.

Dagegen hat man bei der Industrie- und Handelskammer Dresden (IHK) einen anderen Blick und auch anderes Selbstverständnis. "Wir stimmen als IHK nicht in diesen Chor", sagt Lars Fiehler, Geschäftsführer für Standortpolitik und Kommunikation. Es stimme "schlicht und ergreifend" nicht, dass Wirtschaftsministerium, Wirtschaftsförderung Sachsen oder die Sächsische Aufbaubank die Belange des Mittelstands nicht auf ihrer Prioritätenliste hätten, "im Gegenteil", so Fiehler. Und eigentlich verstünden sich die IHKs wie Handwerkskammern als "Mittelstandsbeauftragte" für ihre Mitgliedsfirmen. "Und ich denke da auch stellvertretend für unsere Partnerkammern in Chemnitz und Leipzig sprechen zu können, einen so schlechten Job machen wir da gar nicht", sagt Fiehler.

Was kann die Landespolitik für den Mittelstand tun?

Bei der Frage, was die Landespolitik explizit tun kann, um den Mittelstand in Sachsen zu stärken, gehen die Meinungen und Interessen jedoch auseinander. Dietrich Enk vom Unternehmerverband Sachsen fordert "Subventionszusagen müssen auf mehr Schultern verteilt werden" und zwar auf die von Landräten, Kommunen und Bestandsunternehmen. Enk, der in Leipzig mehrere Restaurants führt und von den Medien als "Großgastronom" oder "Gastro-König" tituliert wird, hält es außerdem für notwendig, "das für die wacklige Gastronomie und Hotellerie in Sachsen schnellstmöglich die Mehrwertsteuer abgesenkt wird." Das sei zwar ein Bundesthema, aber die neuen Landesregierungen im Osten müssten Druck machen und sich Gehör verschaffen, so Enk.

Für den VSW haben zwei Punkte Priorität - Entbürokratisierung und Ausbau der Verkehrsinfrastruktur. Gegen die überbordende Bürokratie auf Bundes- und EU-Ebene könnte die Landespolitik wenig ausrichten, aber sie sollte auf Gesetze verzichten, die es bereits auf höherer Ebene gibt - gemeint ist das sächsische Vergabegesetz. Statt in den sächsischen Flughäfen jedes Jahr zweistellige Millionenbeträge "zu verbrennen", sollte der Freistaat Landesgeld in die Hand nehmen und die Bahnstrecke Chemnitz-Leipzig zweigleisig auszubauen. "Mag der Flughafen Leipzig/Halle als internationales Frachtdrehkreuz noch von Bedeutung sein, so gibt es für den Weiterbetrieb des Flughafens Dresden keine wirtschaftlichen Argumente", heißt es beim VSW.

Einig sind sich die Wirtschaftsvertreter bei den Punkten Energie, Bildung und Öffentlicher Dienst. Das Energieangebot müsste ausgeweitet und der Ausbau von Energienetzen (Strom, Gas, Fernwärme und Wasserstoff) koordiniert beschleunigt werden, damit endlich die Preise sinken können. Schwächen im Bildungssystem wie der Lehrermangel und Unterrichtsausfall sollten weiter angegangen werden. Und die künftige Landesregierung sollte die Digitalisierung der Verwaltung wirklich in Angriff nehmen, um nicht für neue Aufgaben immer neue Stellen in Ministerien, Ämtern und öffentlich finanzierten Institutionen zu schaffen. Denn die fehlen dann letztendlich dem Mittelstand.