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Wilsdruff: Primagas testet Heizstoff der Zukunft

Das dürfte Eigenheimbesitzer freuen: Wer in naher Zukunft flüssiges Biogas nutzen will, muss zwar umrüsten. Die Kosten halten sich aber in Grenzen.

Von Maik Brückner
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Andreas Servatius, Stefan Schmidt (beide von Primagas), Wirtschaftsminister Martin Dulig und Andreas Rimkus (v.li.) von der SPD-Fraktion im Bundestag vor der Anlage, in der die Wirkung von Bio-Flüssiggas getestet wird.
Andreas Servatius, Stefan Schmidt (beide von Primagas), Wirtschaftsminister Martin Dulig und Andreas Rimkus (v.li.) von der SPD-Fraktion im Bundestag vor der Anlage, in der die Wirkung von Bio-Flüssiggas getestet wird. © Egbert Kamprath

Seit einem Jahr testet der Flüssiggasversorger Primagas in Kesselsdorf ein Bio-Flüssiggas, das in den kommenden Jahren zum Einsatz kommen soll. Das Gas mit dem Namen Futuria DME kann vollständig aus Rest- und Abfallstoffen wie Biomasse, Wald- und Grünschnitt hergestellt werden und gilt als klimaneutral. Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) und der Wasserstoffbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion, der Düsseldorfer Andreas Rimkus, besichtigten am Mittwoch die Anlage und ließen sich über Sinn und Zweck des Tests informieren.

Die Versuchsanlage besteht aus drei Heizungsanlagen mit Gasthermen und Tanks. Eine Testanlage wurde einem Gemisch aus 80 Prozent herkömmlichen Flüssiggas und 20 Prozent DME befüllt, die zweite mit 65 Prozent Flüssiggas und 35 Prozent DME. Die dritte Anlage läuft komplett mit Biogas. Die Tests sind notwendig, weil Futuria DME und das bisher verwendete Flüssiggas zwar chemisch sehr ähnlich sind, aber unterschiedliche Auswirkungen auf die Materialien haben. Futuria DME ist etwas "aggressiver".

Wie reagieren Ventile auf das Bio-Flüssiggas?

In Kesselsdorf wollte Primagas herausfinden, wie Regler, Ventile und Leitungen auf DME reagieren, erklärt Stefan Schmidt, Leiter der Abteilung Erneuerbare Energien bei Primagas. Inzwischen liegen die ersten Testergebnisse der Anlage vor, die vor knapp einem Jahr in Betrieb genommen wurde. "Wir sind jetzt so weit, dass wir alle Komponenten identifiziert haben, die wir austauschen müssen", sagt Schmidt. Die Firma Vaillant, mit der Primagas zusammenarbeitet, wird die Anlage nun ins Labor nehmen und umbauen. Ziel sei es, dass spätestens Anfang nächsten Jahres Prototypen zur Verfügung stehen. Im zweiten Quartal sollen die umgerüsteten Anlagen bei ausgewählten Kunden im Feldtest erprobt werden, so Schmidt.

Fest steht, dass die Umrüstung bestehender Anlagen überschaubar ist, da hauptsächlich Gummiteile und Dichtungen ausgetauscht werden, die sehr preiswert sind. Die größten Kosten entstünden durch den Aus- und Einbau. "Wir gehen davon aus, dass eine bestehende Anlage innerhalb eines Tages umgerüstet werden kann", so Schmidt. Künftig soll es Umrüstsätze für die Installateure geben. "Da ist dann alles drin."

Das in Kesselsdorf eingesetzte Biogas Futuria DME gibt es bereits. Aber es ist eine Spezialanfertigung. "Im Moment ist es noch sehr teuer", sagt Schmidt. Die nächste große Aufgabe sei es, Anlagen zu bauen, in denen das Gas in Größenordnungen produziert werden kann. Das werde in den nächsten Jahren passieren. Dann will Primagas nur noch Heizungsanlagen verbauen lassen, die mit verschiedenen Flüssiggasen arbeiten.

Der Markt für das neue Bio-Flüssiggas ist groß. Man habe konservativ gerechnet: Es gibt in Deutschland mindestens 1,5 Millionen Haushalte, die dafür infrage kommen. Diese sind nicht an zentrale Netze angeschlossen. Hinzu kommen Industriebetriebe, so Schmidt. Dazu gäbe es noch keine Zahlen. Infrage kommen Betriebe, die einen Energieträger benötigen, nicht auf Strom umstellen können und nicht an Wasserstoffnetze angeschlossen sind.

Lob von Sachsens Wirtschaftsminister

Wirtschaftsminister Dulig zeigte sich beeindruckt: Sachsen sei schon immer technologieoffen gewesen. Und das zeige sich hier: Primagas habe eine Alternative entwickelt, die Häuslebauer nutzen können und die wettbewerbsfähig ist. "Wenn wir die Energiewende für unsere Industrie und für unsere Haushalte schaffen wollen, brauchen wir Alternativen, die regenerativ sind." Das Bio-Flüssiggas, das in Kesselsdorf getestet wird, könne ein Teil der Lösung sein.

Energieexperte Rimkus sieht es ähnlich: "Primagas zeigt hier eine Option auf, wie das Gebäudeenergiegesetz erfüllt werden kann, ohne dass große Investitionen im Haus getätigt werden müssen. Die Bundesregierung hat dies als eine von mehreren Optionen zugelassen." Sein Fazit: "In Kesselsdorf ist die Zukunft schon heute zu Hause".