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Vb-Unwetter kommt heftiger und bringt Hochwasser für Elbe, Neiße und Spree

In Tschechien gibt es so viel Wasser wie zu den großen Fluten. Die Elbe wird ab Sonntag daher ein heftigeres Hochwasser bekommen. Auch Neiße, Spree und vor allem die Oder werden steigen.

Von Stephan Schön
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Die Pegel steigen: Die Elbe und andere Flüsse werden bald Hochwasser führen.
Die Pegel steigen: Die Elbe und andere Flüsse werden bald Hochwasser führen. ©   Archivbild: dpa/Robert Michael

Dresden. Ein extremes Unwetter ist in Tschechien angekommen. Es ist eine Vb-Wetterlage (Fünf-B), wie sie für die großen Fluten der letzten Jahre an Elbe, Neiße und Oder die Ursache war. Das Unwetter bewegt sich nordostwärts über weite Teile Tschechiens hinweg. Der tschechische meteorologische Dienst hat seine Warnungen am Freitag deutlich erweitert. Betroffen sind nun auch Landesteile bis westlich von Prag und Usti. Für Moldau und Elbe wird die höchste Hochwasserwarnstufe erwartet.

Von Tschechien zieht das Vb-Tief dann nach Polen. Und schrammt mit zwei Nebentiefs an Sachsen vorbei. Das erste bringt vor allem in Ostsachsen bis Sonnabendmittag flächig 30 bis 50 Liter Regen je Quadratmeter. In Staulagen am Gebirge sind bis zu 100 Liter möglich in 24 Stunden, sagte Ronny Engelmann, Meteorologe beim Deutschen Wetterdienst in Leipzig, am Freitagnachmittag der SZ.

Das Landeshochwasserzentrum gab bereits am Donnerstag die Warnungen für Elbe, Lausitzer Neiße und Spree heraus und präzisierte diese am Freitag. Am Abend folgten Warnungen für die Nebenflüsse der Oberen Elbe.

Elbe-Hochwasser: Für Sachsen wird es ab Sonntagabend kritisch

Im Einzugsgebiet der Elbe und Moldau hat es bereits extrem viel Wasser gegeben. Und bis Montagfrüh fallen dort nochmals 100 bis 250 Liter Niederschlag je Quadratmeter, und zwar großflächig. Was die Elbe betrifft, so wird es für Sachsen ab Sonntagabend kritisch. „Aufgrund der Niederschlags- und Hochwasservorhersage durch das Tschechische Hydrometeorologische Institut Prag ist ab Sonntag an der Landesgrenze zu Sachsen mit sehr starken Wasserstandsanstiegen zu rechnen“, teilte das Landeshochwasserzentrum auf SZ-Anfrage mit.

Die Hochwasser-Alarmstufe 1 wird in Schmilka am Sonnabendabend und in Dresden am Sonntagvormittag erreicht. Von da an geht es rasant aufwärts. Die sächsischen Elbepegel steigen bis Mittwoch über die Alarmstufe 3, bleiben aber wahrscheinlich unterhalb der Stufe 4. Für Dresden bedeutet dies in der Nacht von Mittwoch zu Donnerstag ein Wasserstand zwischen sechs und sieben Metern. Ob es nach den inzwischen nach oben korrigierten Flutwarnungen für Tschechien dabei bleibt, wird sich mit den dann tatsächlich vorhandenen Regenmengen am Wochenende berechnen lassen. Für Dresden heißt das in jedem Fall, die Flutschutztore müssen rechtzeitig geschlossen werden.

An der Lausitzer Neiße und Spree hat die Landeshochwasserzentrale ihre Warnungen für das Wochenende verschärft. Hier wird die Hochwasserwarnstufe 2 nun schon fast zwei Tage früher und damit am Sonnabend erwartet. Nach der Regenpause von Sonnabendmittag bis Sonntagmittag zieht ein zweites Regengebiet am Rande des Vb über das Lausitzer Bergland. Wie dieses sich auf dann mit den schon nassen Böden auf Spree und Neiße auswirkt, sei noch nicht absehbar, hieß es.

Heftige Regenmengen ziehen an Sachsen vorbei

In den tschechischen Flusseinzugsgebieten sind insgesamt Regenmengen zu erwarten wie bei den Jahrhundertfluten 2002 sowie 2013 an der Elbe und 1997 an der Oder. Auch damals hatte es sich um eine Vb-Wetterlage gehandelt.

Aus Italien von der Adria kommend trifft der extrem starke Regen am Freitag auf die Ostalpen und Österreich. Sonnabend überquert das Unwetter großflächig Tschechien. Im Riesengebirge erwartet der DWD bis zu 200 Liter Niederschlag, im Altvatergebirge bis zu 400 Liter. Das Riesengebirge und vor allem östlich davon das Altvatergebirge sind besonders betroffen.Tschechien bereitet sich auf Extremniederschläge und Hochwasser in den nächsten Tagen vor. An zahlreichen Staudämmen in Tschechien wurde bereits Wasser abgelassen, um Kapazitäten zu schaffen. Am Wasserkraftwerk Vrane an der Moldau südlich von Prag etwa wurde der Abfluss von zuletzt 40 auf 120 Kubikmeter pro Sekunde erhöht. Das hat Einfluss auf die Elbe. Dort steigt das wasser schon jetzt.

Diese Vb-Lage besteht im Kern aus einem gewaltigen Tief, welches vom Mittelmeer und vor allem von der sehr warmen Adria enorme Wassermengen heranschaufelt. Auf seiner Westseite allerdings saugt dieses Tief kalte Luft vom Norden an. Das zusammen erzeugt entlang der Zugbahn dieses Tiefs eine extrem gefährliche Mixtur.

Die gute Botschaft für Sachsen dabei ist: Die krassesten Regenmassen schrammen gerade so südlich an Sachsen vorbei. Eine gefährliche Sache dabei bleibt allerdings: Dieses Wasser kommt über Elbe und Neiße mit zeitlichem Verzug dennoch nach Sachsen. Mit der Oder nach Brandenburg.

So sehen die drei wichtigsten Wettermodelle den Verlauf des Extremwetters: Icon aus Deutschland links, daneben das europäische und das amerikanische Modell.
So sehen die drei wichtigsten Wettermodelle den Verlauf des Extremwetters: Icon aus Deutschland links, daneben das europäische und das amerikanische Modell. © DWD

Diese Regionen sind besonders von Starkregen betroffen

Ostalpen, Isergebirge, Riesengebirge, Altvatergebirge bis zur Hohen Tatra werden besonders betroffen sein. Um die 300 Liter je Quadratmeter werden dort den Wettermodellen zufolge bis zum Wochenende ankommen. Im Altvatergebirge wahrscheinlich über 400 Liter je Quadratmeter bis Dienstag.

Östlich der Elbe wird es ab Freitag zwar heftig regnen, aber der wirklich gefährliche Starkregen wird aller Voraussicht nach Sachsen, wenn überhaupt, dann in der südlichen Neißeregion also bei Zittau noch erwischen.

Das Landeshochwasserzentrum Sachsen (LHWZ) und die Talsperren bereiten sich bereits auf die kommende Situation vor.

So viel Wasser wie bei den großen Fluten in Sachsen

2002 seien im Einzugsgebiet der Moldau und Elbe vom 6. bis 8. August zum Teil über 250 Liter Regen je Quadratmeter und vom 11. bis 13. August nochmals zum Teil über 300 Liter Niederschlag gefallen. 2013 habe es vom 30. Mai bis 2. Juni zum Teil über 200 Liter je Quadratmeter Niederschlag im Elbeeinzugsgebiet gegeben.

An der Lausitzer Neiße gab es dem LfULG zufolge 2010 diese Regenmengen:

  • Bertsdorf-Hörnitz: 145,6 mm/24h - 8.08.2010 bis 8 Uhr
  • Olivetská hora (CZ): 289,6 mm/24h – 7.08.2010 bis 18 Uhr
  • Tomšovka (CZ): 287,2 mm/24h – 7.08.2010 bis 18 Uhr

DWD-Meteorologe Jens Oehmichen vergleicht die jetzige Krisensituation mit der von 1997. Damals hatte sich die Witterung ähnlich abgezeichnet wie derzeit und die große Oderflut ausgelöst. Dort im Einzugsgebiet wird sich nach jetzigem Stand der heftigste Niederschlag entladen. Davon geht auch der tschechische meteorologische Dienst aus und warnt auf X, vormals Twitter. Schwerpunkt der extremen Niederschläge wird im Altvatergebirge und östlich davon im Riesengebirge erwartet. Aber auch ganz Ost-Tschechien ist mehr oder weniger stark mit über 100 Litern Wasser je Quadratmeter am Wochenende betroffen, heißt es. Hier wird die höchste Hochwasserwarnstufe erwartet.

Talsperren in Sachsen mit Reserven

Falls sich all das doch noch etwas nördlich verlagern sollt, so verfügen durch die vorangegangene Trockenheit die Talsperren in Sachsen derzeit über einige zusätzliche Reserven, teilte die Landestalsperrenverwaltung auf Anfrage der SZ mit. „An den sächsischen Talsperren und Hochwasserrückhaltebecken stehen derzeit die gewöhnlichen Hochwasserrückhalteräume komplett zur Verfügung.“ Die beiden Talsperren in Ostsachsen können aufgrund der Trockenheit sogar noch mehr Wasser aufnehmen. Für die Talsperre Bautzen sind dies zusätzlich 50 Prozent zum normalen Hochwasserrückhalt. Bei der Talsperre Quitzdorf sind sogar deutlich mehr als zusätzliche 50 Prozent Platz.