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SZ + Weißwasser

Wo man Kunst ganz nebenbei begegnet

Seit 30 Jahren gibt es die Kleine Galerie in der Volkshochschule in Weißwasser – als eine Brücke zwischen Kunst und Bildung. Das weiß man auch weit über die Stadt hinaus zu schätzen.

Von Constanze Knappe
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Begleitend zu der Ausstellung „La hora es“ des Weißwasseraner Künstlers Eberhard Peters (li.) las die sorbische Autorin Róža Domašcyna aus Bautzen in der Kleinen Galerie in Weißwasser. Sie fühle sich durch seine Arbeiten inspiriert, sagte sie.
Begleitend zu der Ausstellung „La hora es“ des Weißwasseraner Künstlers Eberhard Peters (li.) las die sorbische Autorin Róža Domašcyna aus Bautzen in der Kleinen Galerie in Weißwasser. Sie fühle sich durch seine Arbeiten inspiriert, sagte sie. © Constanze Knappe

Unter dem Titel „Zwischendurch und weiter …“ sind seit Sonntag in der Volkshochschule (VHS) Dreiländereck in Weißwasser Gemälde, Pastelle, Collagen und Objekte der Künstlerin Bettina Winkler aus Cottbus zu sehen. Seit 30 Jahren gibt es diese Kleine Galerie bereits. Eine Jubiläumsschau aber ist es nicht, wie von Karola Petrick zu erfahren ist. Denn eigentlich sollte schon der Umbau des Hauses beginnen. „Aber man kann ja auch den 31. Geburtstag feiern“, meint die Mitarbeiterin der VHS schmunzelnd. Sie verantwortet in Weißwasser den Bereich Kultur und ist damit auch für die Kleine Galerie zuständig. Diese sei ihr über die Jahre richtig ans Herz gewachsen wegen der „schönen Symbiose aus Kunst und Bildungscharakter“.

Die VHS ist ein offenes Haus, jeder könne sich die Ausstellungen anschauen, die Besucher der Kurse und Vorträge machen das im Vorbeigehen, also quasi nebenbei. Das sei für alle eine Bereicherung. Regionale wie überregionale Künstler erhielten hier schon ein Podium und damit die Möglichkeit, sich und ihre Arbeiten einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Auch stellten bereits mehrfach Teilnehmer aus Mal- und Keramikkursen der VHS aus.

Anfangs des 20. Jahrhunderts diente das Gebäude in der Jahnstraße 50 als Vereinslokal. In jener Zeit, so kann man auf Bildern sehen, fuhr auf dem Jahnteich sogar ein kleiner Raddampfer – heute eine durchaus illustre Vorstellung. Später befand sich in dem Gebäude eine Wäscherei.

Anfang der 1990er Jahre nahm der damalige Landkreis Weißwasser die Sanierung in Angriff – als „ein klares Bekenntnis zum Thema lebenslanges Lernen“, wie es hieß. Doch die finanziellen Mittel reichten wohl nicht, um alle bei der Sanierung aufgetretenen Mängel zu beseitigen. Aber Kommunalpolitiker jener Zeit fanden einen Dreh: Mit der Nutzung des Hauses auch als „Kleine Galerie “ konnten noch andere Fördertöpfe angezapft und so der Bau 1994 fertiggestellt werden. Das gilt als Geburtsstunde der Kleinen Galerie.

Eine Galerie gab es in Weißwasser seit 1986 auf der Muskauer Straße. Sie war vom damaligen Leiter des Kreiskabinetts für Kulturarbeit initiiert worden. Aus heutiger Sicht selber einer der herausragenden Künstler der Stadt hatte Horst Jurtz damals ganz offensichtlich das richtige Augenmaß für die Bedeutung einer solchen Galerie. Zumal es die Einzige für Volkskunst im damaligen Bezirk Cottbus war. Bis 1992 wurden 25.000 Besucher gezählt. Dann folgte die Schließung, weil die Besitzer die Räume für sich selbst beanspruchten.

Die Idee einer Verbindung mit der Volkshochschule war nicht nur aus der Not heraus geboren, weil die Galerie ein neues Domizil und der Landkreis mehr Fördermittel zur Sanierung der Volkshochschule brauchte. Es wurde damit zugleich „die Brücke zwischen Bildung und Kunst geschlagen“, wie Silvia Buder, Betriebsleiterin Eigenbetrieb Kulturstätten Weißwasser, zum 10-jährigen Bestehen 2004 erklärte. Aus dem Landratsamt hieß es seinerzeit, dass sich die Konstellation „lohnend für beide Einrichtungen“ erwiesen hätte. Zum 20-jährigen Jubiläum 2004 benannte der Landrat Bernd Lange (CDU) des Landkreises Görlitz, wohin die Stadt Weißwasser nach zwei Kreisreformen zugeordnet war, die Einrichtung als „Schatz der Region“ wegen ihrer Bedeutung als Begegnungsstätte von Künstlern und Freunden der Kunst und ebenso wegen der Qualität des Gezeigten.

Die erste Ausstellung war dem Oberlausitzer Kunstpreis gewidmet. Bis heute, so hat Karola Petrick zusammengetragen, gab es 183 Einzel- und Gruppenausstellungen mit 228 Ausstellern. Ein Ende ist nach 30 Jahren längst noch nicht abzusehen. Peter Hesse, langjähriger Geschäftsführer der Kultur- und Weiterbildungsgesellschaft mbH (Kuweit), unter deren Dach Volkshochschule und Kreismusikschule agieren, sprach sich bis zu seinem Ruhestand immer für den Erhalt der Galerie. Sein Nachfolger Stefan Möbus sieht das genauso.

Mit dem Übergang zur Kuweit wurden gemütliche, farbig passende Sessel, Stühle und zwei Sofas angeschafft. Vorher habe jeder irgendwas mitgebracht, was er zu Hause übrig hatte, erinnert sich die Leiterin der Galerie. Mehrfach wurden Räume in der VHS renoviert, dabei auch die Wände der Galerie gestrichen. Vor sechs Jahren wurde zudem begonnen, die Beleuchtung auf energiesparende Strahler umzustellen.

Zur Vernissage kommen in der Regel 50 bis 70 Leute, mitunter schon mal 90. Einmal sei es passiert, dass der Laudator nicht erschien. Und das, obwohl die Laudatio „gewissermaßen das i-Tüpfelchen“ ist. Er sei auch nicht zu erreichen gewesen. So blieb gar nichts anders übrig, als dass die Künstlerin selbst etwas über sich erzählte. Später stellte sich heraus, dass sich der Laudator einen falschen Termin eingeschrieben hatte. Bei anderer Gelegenheit brachte er als Wiedergutmachung Musiker der Dresdner Philharmonie mit. „Den Schreckmoment vergisst man nie“, erzählt Karola Petrick. Inzwischen sehe sie es gelassener.

Galerie auf Jahre ausgebucht

Zwar sei es wegen des fibrierenden Fußbodens in dem alten Haus schon mal vorgekommen, das ein Bild runterfiel, aber eben nicht während einer Vernissage. Das wäre dann wohl ein Albtraum, findet sie. Von einer netten Begebenheit weiß sie ebenfalls zu berichten. Zu einer Vernissage kam eine Mutter mit zwei Kindern. Während das Baby gestillt wurde, krabbelte das andere Kleinkind durch die Stühle herum – und schlief direkt zu den Füßen der Musiker ein. Karola Petrick erinnert sich gerne daran und erzählt schmunzelnd davon.„Wir bleiben dabei und in dem Haus“, betont sie. Jedenfalls plant sie auf lange Sicht, was drei bis vier Ausstellungen pro Jahr bedeutet. Längst bekommt sie sogar Anfragen von Weiterweg, wie neulich von einem Maler und einer Keramikerin aus Frankfurt/Main. „Wenn die Künstler zum Vor-Ort-Besuch hier sind, schwärmen sie von unserem Objekt“, erzählt sie. Allerdings bräuchten die Künstler etwas Geduld, was nicht nur an den bevorstehenden Bauarbeiten als ein Strukturwandelprojekt liegt. „Bis 2027 sind wir ausgebucht“, blickt Karola Petrick voraus. Es gebe eine Art Warteliste, falls doch mal jemand absagt.

Bis 22. November sind die Arbeiten von Bettina Winkler zu sehen. Danach werden es Bilder der Porträtmalerin Friederike Freifrau von Rodenhagen sein, die zwischenzeitlich am Felixsee lebte. Für 2025 ist außerdem eine Exposition des Kunstvereins Niesky angedacht. Und dann steht ja auch noch das Jubiläum der Galerie an – selbst wenn es der 31. Geburtstag ist.

Geöffnet: Montag/Freitag 9 bis 12 Uhr, Dienstag 9 bis 17 Uhr, Mittwoch/Donnerstag 9 bis 16 Uhr und nach Vereinbarung. VHS Dreiländereck und Galerie, Jahnstraße 50 in Weißwasser. 103576 27830. www.vhs-dle.de