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Die „Seelust“ macht Lust auf den See

Noch im September soll ein Fahrgastschiff für 120 Personen auf dem Bärwalder See seine erste Runde drehen. Damit geht eine langgehegte Vision in Erfüllung. Zwei Oberlausitzer Unternehmer machen’s möglich.

Von Constanze Knappe
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Umgetauft auf „Bärwalder Seelust“ soll das Schiff in Kürze auf dem Bärwalder See in See stechen und damit noch mehr Touristen anlocken. Der Frontlader ist bequem für den Ein- und Ausstieg, auch mit Rollstuhl.
Umgetauft auf „Bärwalder Seelust“ soll das Schiff in Kürze auf dem Bärwalder See in See stechen und damit noch mehr Touristen anlocken. Der Frontlader ist bequem für den Ein- und Ausstieg, auch mit Rollstuhl. © Bärwalder Schiffs GmbH

Ein Fahrgastschiff soll im September auf dem Bärwalder See verkehren. Als Bärwalder Schiffs GmbH wollen der Reiseunternehmer Patrick Schmidt und der Autohändler Bernd Budi dafür sorgen, dass die lange gehegte Vision nicht mehr länger ein Traum bleiben muss. Einstimmig ermächtigte der neue Gemeinderat Boxberg in seiner ersten Sitzung Bürgermeister Hendryk Balko (WV Boxberg) zum Abschluss eines Nutzungsvertrags zur Befahrung des Tagebaurestgewässers Speicherbecken Bärwalde ab 1. September 2024. Die schriftliche Zustimmung des Bergbausanierers LMBV, der ja Eigentümer des Sees ist, und des Freistaates Sachsen steht allerdings noch aus. Man sei aber guter Dinge, dass die Zustimmung in Kürze eingeht, erklärte Roman Krautz, der für den Bärwalder See zuständige Amtsleiter der Gemeinde Boxberg.

Schon als 2003 die ersten Planungen für den Bootshafen Klitten in Auftrag gegeben wurden, war die Fahrgastschifffahrt ein Thema. 2008 war der See komplett geflutet. Ab 2011/12 verkehrte eine Barkasse für zwölf Personen auf dem See, die aus technischen Gründen aber herausgehievt und nie wieder zu Wasser gelassen wurde. In einem Interessenbekundungsverfahren bewarb sich 2016 die Erlebnisschifffahrt Oberlausitz GmbH, gab jedoch aufgrund unzähliger Verzögerungen 2020 wieder auf. Im gleichen Jahr eröffnete die Gemeinde Boxberg ein zweites Interessenbekundungsverfahren. Offenbar ohne Ergebnis, wie es seinerzeit den Anschein hatte.

Doch die Spuren waren gelegt. Bereits 2019 hatten sich Patrick Schmidt und seine Frau Diana vom Busreiseunternehmen SchmidtSchwarz GmbH & Co. KG in Hähnichen und Radibor mit dem damaligen Boxberger Bürgermeister Achim Junker (CDU) über das Thema unterhalten, wie Schmidt auf Nachfrage von TAGEBLATT erzählt. „Die Idee war reizvoll, aber erschrocken waren wir auch, dass es ein so großes Schiff sein sollte“, erinnert er sich. Doch dann kam erstmal Corona, es gab andere Dinge, um die er sich dringend kümmern musste.

Irgendwann habe er sich mal mit Bernd Budi, dem Inhaber eines Mazda-Autohauses in Görlitz, unterhalten. Beruflich kannten sie sich seit 2017. Über die Jahre verbindet sie inzwischen außerdem ein Hobby. Beide Männer, die bis dato nur mit Rädern zu tun hatten, besitzen Boote auf dem Bärwalder See, finden beim Wassersport Ausgleich zum Arbeitsalltag. Und so stand die Frage, ob man es nicht mit einem größeren Schiff versuchen könnte. Sie kamen überein, Nägel mit Köpfen zu machen. Doch leichter gesagt als getan. Ein Fahrgastschiff dieser Größe war nicht so einfach zu finden. Seit anderthalb Jahren waren sie auf der Suche, wie sie jetzt berichteten.

„Wir haben uns entschlossen, das gemeinsam umzusetzen“, erklärte Budi in der Ratssitzung. Es gebe schon ein Team mit jungen Mitarbeiterinnen vor Ort, die sich ums Marketing kümmern. Ein Kontakt mit Thorsten Meyer von der Personenschifffahrt Edersee (Hessen) ergab, dass dieser ein Fahrgastschiff verkaufen wollte, welches zwei Jahre ungenutzt auf dem Markkleeberger See lag. Das Schiff, welches 2018 von der Lux-Werft gebaut wurde, ist 21,90 Meter lang, 4,90 Meter breit und hat einen Tiefgang von 1,10 Meter. Es bietet 120 Personen Platz, davon 70 auf dem Oberdeck und 50 im Gastraum unten. Es verfügt über eine Bordküche mit Kühlzelle, ist vollklimatisiert und im Winter beheizbar. „Es ist genau die richtige Größe für uns“, so Patrick Schmidt. Das Restaurant ist mit Tischen und Stühlen ausgestattet, auf dem Oberdeck stehen Stühle. Eine Leichtbau-Überdachung dient als Regenschutz.

Betrieben wird das Schiff mit einem Volvo-Penta-Motor. Der Tank fasst 3.500 Liter, verbraucht bei acht Stunden Fahrt 75 Liter, weshalb man nur alle sechs Wochen tanken muss. Der Dieselmotor dient dem Antrieb, die Stromversorgung erfolgt über Lithium-Ionen-Batterien für den gesamten elektrischen Bedarf an Bord. Der Ein- und Ausstieg erfolgt über den Bug. Es gibt einen barrierefreien Zugang, eine behindertengerechte Toilette, weshalb die Mitfahrt auch für Rollstuhlfahrer geeignet ist.

Im September 2023 hatten die Unternehmer ihr Konzept erstellt, im März 2024 die ersten Gespräche mit Banken gesucht. Im Juli wurde der Kaufvertrag mit dem bisherigen Schiffseigner geschlossen. „Ich hoffe sehr, dass wir es nicht umsonst gekauft haben“, warb Budi in der Ratssitzung um Zustimmung zum Nutzungsvertrag. „Die Gesellschaft hat ihren Sitz in Klitten. Es ist uns ein Bedürfnis, dass wir die Steuergelder in der Gemeinde halten“, so sein Kompagnon Patrick Schmidt. Eine Botschaft, die die Räte wohl gern vernahmen.

Anreise mit Schwerlasttransport

Wenn es nach den beiden Oberlausitzern geht, soll das Fahrgastschiff „Bärwalder Seelust“ im September das erste Mal auf dem Bärwalder See in See stechen. Allerdings muss es dazu erstmal hergeholt werden. Zwei Tage dauern die Überführung und Wässerung – entweder noch in dieser oder in der kommenden Woche. Der Schwerlasttransport darf nach Aussage der Investoren nur des Nachts und auch nur an bestimmten Tagen auf der Autobahn unterwegs sein. Von der Abfahrt Bautzen-Ost geht es über die Bundesstraße B 156 nach Boxberg, wo das Schiff zu Wasser gelassen werden soll. Seinen Liegeplatz bekommt es in der Marina Klitten. Bislang gibt es am Bärwalder See nur Anlanderampen am Boxberger und Klittener Ufer. „Für einen Frontlader braucht man aber keine komplizierte Anlanderampe“, ließen die Betreiber der neuen Fahrgastschifffahrt wissen. Sie könnten sich vorstellen, auch selber eine solche Rampe in Uhyst zu bauen.

Gemäß der Nutzungsvereinbarung wäre den Sommer über eine nahezu unbegrenzte Anzahl an Fahrten möglich. In Planung seien derzeit 21 Fahrten pro Woche zwischen Sonnenauf- und -untergang. Die Genehmigung des Landkreises enthält ein Fahrverbot zwischen 22 Uhr abends und 5 Uhr morgens. Als Ausnahme seien zehn Fahrten für Abendveranstaltungen erlaubt. „Aber es wird definitiv kein Partyboot“, versicherte Bernd Budi. Im Sommer soll das Schiff vier- bis fünfmal täglich über den ganzen See verkehren, für jeweils etwa anderthalb Stunden. Angedacht ist für die Rundfahrt ein Preis von 14 Euro (Kinder: 6,50 Euro). Das sei marktüblich. Im Winter könnte die „Bärwalder Seelust“ auf der Strecke Klitten – Boxberg unterwegs sein.

Noch liegt das Fahrgastschiff (Baujahr 2018) ganz verträumt auf dem Markkleeberger See.
Noch liegt das Fahrgastschiff (Baujahr 2018) ganz verträumt auf dem Markkleeberger See. © Bärwalder Schiffs GmbH

Schmidt und Budi haben nach eigener Aussage viel vor. Zuallererst wollen sie den Tourismus stärken. „Wir sind uns doch alle einig, dass ein solches Schiff auf den See gehört“, bekräftigten sie unisono. Gespräche gebe es bereits mit dem Betreiber der erst kürzlich eröffneten „Arche“ am Klittener Ufer, der das Catering auf der „Seelust“ übernehmen könnte. Synergieeffekte verspreche man sich überdies aus einer Zusammenarbeit etwa mit dem Investor des Familien-Ressorts, welches am Boxberger Ufer gebaut werden soll, wie auch mit dem Findlingspark in Nochten. Die Woche über soll es Projekte mit Kindergärten und Grundschulen zum Thema Schiff geben. Gesteuert wird die „Bärwalder Seelust“ von einem Kapitän. Im September 2025 wollen sich die beiden Gesellschafter der Bärwalder Schiffs GmbH aber auch selber zum Führen des Schiffes qualifizieren.

Aus Sicht von Bürgermeister Hendryk Balko ist es „ein tolles Projekt“. Er ist „überzeugt, dass das Fahrgastschiff auf dem See ganz viele Gäste nach Boxberg anlocken wird“. Das sehen die Räte wohl auch so.

Die Laufzeit ist auf 15 Jahre ausgelegt. Dafür habe man eine ordentliche Finanzierung hingekriegt. „So ein Schiff bezahlt man ja nun mal nicht aus der Portokasse“, sagte Bernd Budi. Die Laufzeit sei ein wesentlicher Punkt des Vertrages. Mario Weier (WV Boxberg), der den Investoren viel Glück wünschte, wollte sich aber dennoch vergewissern, ob die Gemeinde beim etwaigen Verkauf der Nutzungsrechte ein Mitspracherecht habe. Das bestätigte Amtsleiter Roman Krautz. „Ein Verkauf wäre eine wesentliche Änderung und bedarf der Zustimmung der Gemeinde“, sagte er.