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Grabplatten erzählen Geschichten

In Uhyst bleiben Jahrhunderte alte Epithapien für die Nachwelt erhalten – als stille Zeitzeugen des Glaubens, der Geschichte und der ewigen Hoffnung.

Von Andreas Kirschke
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Aufwendig werden derzeit in Uhyst Epitaphien an der Dorf-Barock-Kirche saniert. Steinmetz Hans-Joachim Herbig aus Ostritz (Neiße) ist für die Reinigung und Konservierung verantwortlich. Zunächst reinigt er die Grabsteine schonend mit einem Mikrodampf-Gerä
Aufwendig werden derzeit in Uhyst Epitaphien an der Dorf-Barock-Kirche saniert. Steinmetz Hans-Joachim Herbig aus Ostritz (Neiße) ist für die Reinigung und Konservierung verantwortlich. Zunächst reinigt er die Grabsteine schonend mit einem Mikrodampf-Gerä © Andreas Kirschke

Von Hoffnung auf ewiges Leben kündet das Epitaph. An der Südmauer der Dorf-Barock-Kirche Uhyst/Spree ist die Grab-Gedenktafel angebracht. „Hinter diesem Leichenstein liegt beygesetzt der wol edel gebohrne gestrenge und veste Herr Hans von Metzrad auf Uhyst und Eselsberg“, steht darauf. Und weiter: „ward geboren 1569 am Tage Barholomei, starb den 17. December 3 Uhr nach Mittages 1643 seines Alters 74 Jahr, 3 Monate, 3 Wochen. Gott verleihe dessen Cörper eine sanfte Ruhe und am jüngsten Tage eine fröhliche Auferstehung samt allen Auserwelten zu ewigem Leben.“ Es ist einer von 20 zu sanierenden Epithaphien aus Sandstein. An der Kirche, an der Gersdorf-Gruft und am Osttor des Kirchfriedhofs künden sie von tiefem Gottvertrauen, von Persönlichkeiten und deren Verwurzelung im Heimatort. Neben Gutsherr von Metzrad ist seine Frau Veronica Netzradin, geborene Gersdorf auf Uhyst, begraben. Der Epithaph erinnert daran.

„Sanieren wollten wir die 20 Epitaphien schon lange. Doch stets fehlte uns das Geld. Jetzt kam die Auflage von der Unteren Denkmalbehörde des Landkreises Görlitz“, erzählt Johanna Gruner, die seit 2013 im Gemeindekirchenrat aktiv ist. Rund 80.000 Euro betragen die Gesamtkosten. Zwei Drittel davon übernimmt das Landesamt für Denkmalpflege Sachsen als Förderung. Ein Drittel entfällt als Eigenanteil auf die Evangelische Kirchengemeinde Uhyst. „Wir sind dankbar für die Unterstützung. 3.000 Euro kommen aus dem eigenen Haushalt der Kirchengemeinde, 3.000 Euro vom Evangelischen Kirchenkreis Schlesische Oberlausitz, 8.000 Euro von der Stiftung der Sparkasse Oberlausitz-Niederschlesien“, zählt Johanna Gruner auf. 1998 gründete sie den Uhyster Heimatverein mit. Zudem ist sie Vorsitzende des 2009 gegründeten Fördervereins Adelspädagogium-Dannenberghaus Uhyst. Kultur und Geschichte zu bewahren, liegt ihr stark am Herzen. Und dazu gehört eben auch die Sanierung der Epitaphien.

Einige von ihnen (an der West-Seite der Kirche) stammen aus Merzdorf. 1978/79 musste der Ort dem Braunkohlen-Tagebau Bärwalde weichen. 98 Haushalte mit 230 Einwohnern verloren ihre Heimat. Die Grab-Gedenksteine von der dortigen Kirche kamen nach Uhyst. „Epitaphien sind wie Zeitzeugen, wie stille Chronisten. Sie erinnern an Adlige, an Stifter, an Gutsherren, an Pfarrer und weitere Persönlichkeiten unserer Gegend“, erklärt Johanna Gruner. Zugleich sind es kulturhistorische Dokumente, die von Geburt, von Ehe und vom Sterben künden. „Sie zu bewahren, ist unsere Verantwortung. Wer die Geschichte nicht kennt, kommt nicht in die Zukunft.“ Darin ist sie sich mit Christian Huth einig.

Spuren eines großen Oberlausitzers

Epithapien, so unterstreicht der Gemeindepfarrer, sind Zeugnisse der Erinnerung. Sie erzählen vom Leben zwischen Erde und Himmel. „An ihrer Größe zeigt sich, wie bedeutsam die Persönlichkeiten seinerzeit für die Gemeinde waren zu den Zeiten, als die Kirche das wichtigste Gebäude im Ort war“, meint er. Die Epitaphien seien Zeugnisse des Glaubens und künden von Vorfreude auf die Auferstehung. Einer der Epitaphien erinnert an Joachim Leonhardi, der von 1676 bis 1712 Pfarrer in Uhyst war. Auf dem Grab-Gedenkstein ihm zu Ehren sind biblische Symbole wie das Dreieck (Dreinigkeit Gottvater – Sohn – Heiliger Geist), der Kelch (als Zeichen des Abendmahls) und die Bibel (für Gottes verschriftlichtes Wort) zu erkennen. Am Osttor des Uhyster Kirchfriedhofs ist die Grab-Gedenktafel für Leonhardi angebracht.

Unweit davon steht – ebenfalls mit Epitaphien versehen – die Gruft des Reichsgrafen Friedrich Caspar von Gersdorf (1699–1751) und seiner Frau Reichsgräfin Dorothea Charlotte Louise von Gersdorf geborene Flemming (1706–1794). Gersdorf war von 1730 bis 1751 Oberamtshauptmann der Oberlausitz. Damit verantwortete er das höchste Amt in der Oberlausitz. Als Großcousin und Unterstützer des Theologen und Kirchenlied-Dichters Nikolaus Ludwig von Zinzendorf (1700–1760) ermöglichte er den Aufbau und das Bestehen Herrnhuts. 1737 gründete er das Klixer Seminar. Dort lernten Hallesche Theologie-Studenten Sorbisch. So konnten sie später ein Pfarramt in der Lausitz übernehmen.

Friedrich Caspar von Gersdorf wandelte die Einrichtung 1743 in die Uhyster Anstalten um. Er bemühte sich, durch Laienprediger, Geistliche und Lehrer sowie den Druck zahlreicher religiöser Schriften die Erweckung unter den Sorben zu fördern. So hat Gersdorf die sorbische Kulturgeschichte mitgeprägt. Mit seinem Wirken als zentraler politischer Akteur habe er in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts in der Oberlausitz viele Spuren hinterlassen, etwa in Herrnhut, Klix, Uhyst, Spreewiese und Bautzen. Nachzulesen ist das in der Broschüre „Uhyster Anstalten und Adelspädagogium“, die der Förderverein Adelspädagogium-Dannenberghaus 2019 herausgab. An Gersdorf und seine Frau Dorothea erinnern heute die Epitaphien an der Gruft auf dem Kirchfriedhof Uhyst.

In Uhyst bleiben Jahrhunderte alte Epithapien für die Nachwelt erhalten. Darüber freuen sich Gemeindepfarrer Christian Huth (v. l.), der Ostritzer Steinmetz und Restaurator Hans-Joachim Herbig und Johanna Gruner vom Uhyster Gemeindekirchenrat.
In Uhyst bleiben Jahrhunderte alte Epithapien für die Nachwelt erhalten. Darüber freuen sich Gemeindepfarrer Christian Huth (v. l.), der Ostritzer Steinmetz und Restaurator Hans-Joachim Herbig und Johanna Gruner vom Uhyster Gemeindekirchenrat. © Andreas Kirschke

In filigraner Fingerspitzen-Arbeit

Aufwendig ist die Sanierung der Grab-Gedenktafeln. Bauleiter Dr. Andreas Bednarek aus Bernstadt plante die Vorbereitung, Genehmigungsverfahren und die Finanzierung. Viel Fachkenntnis und Erfahrung brachte er dabei ein. Der Uhyster Maurer Frank Schatte legte die Fundamente frei, sorgte für die Entwässerung und für notwendige Putzarbeiten. Unterstützung beim Transport gab die Uhyster Firma David Schubert Kabel- und Tiefbau GmbH. Die Arbeiten zu Reinigung und Konservierung der Epitaphien liegen in den Händen von Steinmetz, Denkmalpfleger und Restaurator Hans-Joachim Herbig aus Ostritz (Neiße). „Im nächsten Schritt sind die Risse zu schließen und Hohlstellen zu hinterfüllen“, erläuterte er. Das sei filigrane, vorsichtige Fingerspitzen-Arbeit.

Die 20 Uhyster Epitaphien sollen für die Nachwelt bewahrt bleiben. Sie gelten als kulturhistorisch wertvolle Geschichts- und Glaubenszeugnisse. „Geht uns das verloren, dann geht uns Identität verloren“, meint der in Ostritz verwurzelte Christ, der viele Jahre Vorsitzender des Kirchenvorstandes in der evangelisch-lutherischen Kirchgemeinde Ostritz war. Grab-Gedenkplatten hat Herbig schon vielerorts in der Oberlausitz gereinigt und konserviert, unter anderem an der Dorfkirche in Niesky-See, an der Kirche in Schleife und auf dem Sorbischen Friedhof in Rohne. In Uhyst soll bis Ende Oktober alles geschafft sein.