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Post aus Prag: Die tschechische Biertrinkkultur verändert sich

Die Kneipe galt den Tschechen stets als „zweites Wohnzimmer“. Doch mittlerweile wird mehr Bier in den eigenen vier Wänden getrunken. Und der Verbrauch geht auch zurück.

Von Hans-Jörg Schmidt
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In Tschechiens Biergärten und Kneipen wird immer weniger Bier getrunken. Das hat vor allem mit den Preisen zu tun.
In Tschechiens Biergärten und Kneipen wird immer weniger Bier getrunken. Das hat vor allem mit den Preisen zu tun. © Angelina Sortino

Prag. Die Gärten der zahlreichen Kneipen am ebenso riesigen wie malerischen Platz Přemysl Otakar II. in České Budějovice (Budweis) sind bei herrlichem Sommerwetter proppenvoll. Doch die Einheimischen und die Touristen bestellen in der nach Pilsen zweitwichtigsten tschechischen „Bierstadt“ beileibe nicht nur Bier wie das einheimische Budvar.

Mixgetränke, Cola oder schlichtweg Wasser machen dem Gerstensaft Konkurrenz. Das gilt generell, wenn man neuesten Untersuchungen von Soziologen der Akademie der Wissenschaften folgt. Danach verändert sich die Biertrinkkultur der Tschechen immer mehr.

Beliebtheit von alkoholfreiem Bier wächst

Vor allem wird weniger Bier getrunken. Zuletzt waren es nur noch 128 Liter pro durstiger Kehle im Jahr. Das ist zwar immer noch "Weltrekord", aber der Verbrauch geht stetig zurück. Tranken vor zehn Jahren 91 Prozent der Männer und 57 Prozent der Frauen regelmäßig Bier, waren es 2023 nur noch 79 beziehungsweise 42 Prozent.

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Der Kellner vom Grandhotel Zvon in Budweis bestätigt den allgemeinen Trend: „Es kommen mehr Familien mit Kindern zu uns zum Essen. Das Trinken ist da zweitrangig, schon ganz und gar von Bier. Eine Ausnahme ist nichtalkoholisches Bier, das weiterhin im Aufschwung ist.“

„Die Tschechen trinken ihr Bier zunehmend allein“

Besonders auffällig ist den Soziologen zufolge, dass die Kneipe in Tschechien ihren legendären Ruf als „zweites Wohnzimmer“ verliert. Die Leute kamen zwar wegen des Biers, aber vor allem, um miteinander über Gott und die Welt zu reden. Volle Tische mit lautem Stimmengewirr werden seltener.

„Die Tschechen trinken ihr Bier zunehmend allein“, heißt es in der Studie. Und das auch noch in den eigenen vier Wänden. Waren das vor zehn Jahren nur 41 Prozent, sind das jetzt 54 Prozent, mehr als die Hälfte. Das kommt schon einer Revolution bei den Trinkgewohnheiten gleich.

Der Trend hat eine Menge mit dem Bierpreis zu tun. Für einen halben Liter Pilsner Urquell im Garten des Grandhotels Zvon werden 73 Kronen fällig, umgerechnet 3 Euro. Im Supermarkt kostet die Flasche Pilsner umgerechnet 1,30 Euro. Das „erleichtert“ einem schon mal die Auswahl.