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Mit dem Bähnle bis nach Krupka

Nach 17 Jahren rollt endlich wieder ein Zug: Wie eine totgesagte Eisenbahnstrecke wiederbelebt wurde.

Von Steffen Neumann
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Auf der Strecke fahren nur historische Schienenbusse,  im Hintergrund liegt die Kleinstadt Jílové u Decína (Eulau) mit der Dreifaltigkeitskirche.
Auf der Strecke fahren nur historische Schienenbusse, im Hintergrund liegt die Kleinstadt Jílové u Decína (Eulau) mit der Dreifaltigkeitskirche. © Bezirk Usti

So ganz glücklich ist Miloslava Bačová nicht mit dem Datum. Wenn es nach ihr gegangen wäre, hätte der erste Zug nach vielen Jahren gern schon vor einem Vierteljahr wieder in Krupka (Graupen) ankommen können und nicht am 21. September.

"Das ist der zweite Tag der Wahlen ins Bezirksparlament und uns war wichtig, dass die Feier des ersten Zuges nicht politisch missbraucht wird. Also fällt die Feier lieber etwas kleiner aus", sagt Bačová. Doch auch so wird es ein großer Tag. "Wir bereiten dem ersten Zug, der hier nach 17 Jahren wieder ankommt, am Haltepunkt Krupka město einen großen Empfang", verspricht sie.

Der Haltepunkt nahe der historischen Altstadt wird geschmückt, es singt der Chor der hiesigen Kunstschule und es spielt eine Blaskapelle.

Bahntrasse sollte Autobahnzubringer weichen

Im Oktober 2007 hatte der Bezirk Ústí den regelmäßigen Personenverkehr für die Eisenbahnstrecke von Děčín über Libouchec, Krupka, an Teplice vorbei und weiter bis Oldřichov-Jeníkov eingestellt. Wie kaum bei einer anderen Strecke hatte diese Entscheidung damals für heftigen Protest gesorgt. Eine Zeit lang organisierten die Gemeinden an der Strecke selbstständig Traditionsfahrten. Doch die kamen nie bis Krupka und waren immer nur einzelne Ereignisse.

Dagegen war für die Gegner der Strecke mit der Schließung endlich der Weg frei für den ersehnten Zubringer zur Autobahn Dresden-Prag. Den Zubringer gibt es bis heute nicht. Er scheiterte vor allem an der Uneinigkeit über die Streckenführung durch Děčín. Zwischenzeitlich sollte die Bahnstrecke wenigstens einem Radweg weichen. Der Zustand der Bahnstrecke verschlechterte sich währenddessen. Selbst die selbst organisierten Traditionsfahrten konnten nicht mehr stattfinden. Und die Bahnstrecke drohte ihren Status zu verlieren.

Doch mit einer neuen politischen Mehrheit beim Bezirk Ústí ab 2012 begann sich der Wind zu drehen. Der Bezirk erkannte das touristische Potenzial der kleinen lokalen Bahnstrecken und nahm sie reihenweise wieder in Betrieb bzw. sicherte ihren Betrieb langfristig ab.

Zumindest von März bis Anfang November fahren nun an Wochenenden regelmäßig Züge von Ústí-Střekov nach Zubrnice, von Česká Kamenice nach Kamenický Šenov oder von Chomutov nach Vejprty und bis nach Cranzahl, um nur drei zu nennen. Meist handelt es sich um historische Schienenbusse, Waggons und manchmal auch Lokomotiven. Auch für die Strecke Děčín-Krupka-Oldřichov war die Wiederbelebung vorgesehen. Doch die Eisenbahnverwaltung als Eigentümer der Schieneninfrastruktur weigerte sich lange, die Strecke instand zu setzen.

"Ziegenbahn" auf neuen Gleisen unterwegs

Fast zehn Jahre Lobbyarbeit durch den Bezirk Ústí dauerte es, bis im Frühling 2022 auch auf der im Volksmund "Ziegenbahn" genannten Strecke endlich der erste Traditionszug wieder fahren konnte. Allerdings endete er zunächst in Telnice.

Weiter hatte die Eisenbahnverwaltung die Strecke noch nicht repariert. "Als wir im Herbst 2022 die Kommunalwahl in Krupka gewannen, war eine der ersten Amtshandlung der neuen Stadtführung ein Schreiben an das Verkehrsministerium, die Eisenbahnverwaltung und den Bezirk Ústí, die Strecke bis Krupka zu ertüchtigen", unterstreicht Vizebürgermeisterin Miloslava Bačová die Bedeutung der Strecke für die Stadt.

Vor 2,5 Jahren fuhr der erste Zug nach rund 15 Jahren wieder in Telnice ein.
Vor 2,5 Jahren fuhr der erste Zug nach rund 15 Jahren wieder in Telnice ein. © Steffen Neumann

Nun ist es also endlich so weit. "Für uns und unsere Bürger bedeutet die Eisenbahn eine Verbesserung der Lebensqualität, der touristischen Möglichkeiten und eine Stärkung der kulturellen Werte in der Erzgebirgsregion", beschreibt Bačová, was sich mit den Wochenendzügen ändert. "Diese Eisenbahn war immer Teil der Stadt und wir sind froh, jetzt wieder drei Stationen zu haben", so Bačová weiter.

Drei Bahnhöfe und viele Touristenziele

Jede einzelne ist Ausgangspunkt für Touren in die Stadt und ihre Umgebung. Von Krupka město erreicht man die historische Bergbaustadt mit der Burg. Vom Haltepunkt Bohosudov sind es nur 300 Meter bis zum Sessellift auf das Mückentürmchen. Von dort ist es auch nicht weit zur barocken Wallfahrtskirche. Und von der dritten Station im Stadtteil Unčín ist es nicht weit zur Burgruine Kynšperk. "Die ist nur leider gerade gesperrt, weil der Einsturz eines Teils droht", sagt die Vizebürgermeisterin.

Sowohl mit dem Zug, als auch mit dem Sessellift können auch Fahrräder transportiert werden, allerdings keine Elektroräder, wie Frau Bačová hinweist.

Die historischen Züge fahren immer am Wochenende und noch bis zum 3. November. Der Streckenbetrieb ist langfristig gesichert: "Der aktuelle Vertrag mit dem Betreiber läuft bis November 2026", sagt Jakub Jeřábek, Abteilungsleiter im Bezirksamt Ústí, der sich durch die Verlängerung der Strecke einen merklichen Zuwachs der Passagierzahlen verspricht.

Wann auch der letzte Teil der Strecke repariert wird, steht noch nicht fest. Doch Miloslava Bačová hofft, dass das bald passiert. Sie weiß, dass es sich lohnt, für die Strecke zu kämpfen.