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Hochwasser in Tschechien: Die Schäden hätten geringer ausfallen können

Seit mehr als 25 Jahren gibt es in Tschechien Streit um einen Staudamm. Bürokratische Hindernisse und Einsprüche von Umweltaktivisten lähmen alles. Das Hochwasser vom Wochenende heizt die Debatte erneut an.

Von Hans-Jörg Schmidt
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Der Grund unter einer Bahnschiene in Opava (Troppau) wurde bei den extremen Regenfällen weggespült.
Der Grund unter einer Bahnschiene in Opava (Troppau) wurde bei den extremen Regenfällen weggespült. © CTK

Für Mährisch-Schlesien kam es beim tschechischen Hochwasser am Wochenende ganz dick. Die Opava (Oppa), wichtiger Nebenfluss der Oder, schwoll durch anhaltenden Starkregen dramatisch an und sorgte unter anderem in den Städten Krnov (Jägerndorf) und Opava (Troppau) für extreme Hochwasserstände. 80 Prozent von Krnov standen unter Wasser. Noch am Mittwoch war die Opava nicht in ihr Bett zurückgekehrt, es herrschte immer noch 1. Hochwasserstufe.

Landwirtschaftsmister Marek Výborný ereiferte sich nach einer Sitzung der Zentralen Hochwasserkommission: Würde es den lange geplanten Staudamm in Nové Heřminovy an der Opava geben, sähe alles anders aus. „Beide Städte wären jetzt mit einem Fünfjahres-Hochwasser davongekommen und erlebten kein Jahrhundert-Hochwasser.“

Die Stadt Opava (Troppau) wurde beim Hochwasser am Wochenende überflutetet.
Die Stadt Opava (Troppau) wurde beim Hochwasser am Wochenende überflutetet. © Sznapka Petr/CTK/dpa

Plan für Staudamm existiert seit Hochwasser von 1997

Von einem Stauwerk mit Stausee von etwa 130 Hektar Fläche in Nové Heřminovy (Neu Erbersdorf) ist schon ewig die Rede. Ein richtiger Plan liegt seit dem verheerenden Hochwasser von 1997 auf dem Tisch. Oder besser gesagt in der Tischschublade. Wirklich getan hat sich auch nach mehr als einem Vierteljahrhundert nichts. Das Wasserhindernis scheitert bislang an allen möglichen anderen Hindernissen. Das gewichtigste dabei kommt von der Gemeinde Nové Heřminovy selbst. Sie würde zu einem Teil überflutet werden, wenn das Stauwerk stünde, fürchtet man dort.

Die Einwohner lehnten den Plan deshalb in einem Referendum ab. Sie berufen sich auf die Berechnungen eines Biochemikers: „Bei den aktuellen Niederschlägen würde sich der geplante Stausee in wenigen Stunden füllen, selbst wenn er anfangs völlig leer wäre. Eine nachfolgende Hochwasserwelle würde die Situation dann noch verschlimmern.“ Staudämme seien nur gut gegen eine Dürre, nicht bei Hochwasser.

Die Luftaufnahme des überfluteten Stadtzentrums von Krnov in Tschechien.
Die Luftaufnahme des überfluteten Stadtzentrums von Krnov in Tschechien. © Sznapka Petr/CTK/dpa

Auch die Aktivisten der Umweltbewegung Duha (Regenbogen) im Altvatergebirge lehnen das Stausystem strikt ab. Ihr Koordinator Ivo Dokoupil sagt: „Wir sind nicht damit einverstanden, Staatsgelder für den Bau irgendwelcher Potemkinscher Staudämme zu verschwenden. Dieser Teil des Flusses Opava ist zudem biologisch wertvoll, wie Gutachten belegen.“ Es gebe nur einen einzigen Plan für das Stauwerk und der verstoße gegen den Naturschutz.

Streit um Staudamm in Tschechien: "Am Ende baut man gar nichts"

Der frühere Prager Umweltminister Pavel Drobil empörte sich am Wochenende angesichts der Bilder aus Krnov und Opava in den sozialen Netzwerken kaum zitierfähig: „Warum ist das so? Weil hier jedes A…loch alles blockieren und verzögern kann. Wie lange noch?“

Die Prager Wirtschaftszeitung Hospodáršké noviny schrieb am Montag, man streite fortlaufend, was besser sei, Staudämme oder großflächige Polder. „Am Ende baut man gar nichts.“ Und die Internetzeitung Echo24 nannte als weiteren Grund „eine Art bürokratischer Lähmung“ Tschechiens. „Wir kennen das vom Bau von Straßen oder Autobahnen. Wegen des Einholens unzähliger Genehmigungen dauert die Vorbereitung eines Baus schon mal 15 Jahre, während der Bau selbst in zwei Jahren steht.“ Derlei dürfe beim Hochwasserschutz nicht passieren.