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SZ + Pirna

Ärger über Tiefflüge im Elbsandstein

Erst vor Wochen sollen Hubschrauber der Bundeswehr unterwegs gewesen sein. Der Bundestagsabgeordnete André Hahn (Linke) schießt dagegen.

Von Louis Venus
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Ein Nato-Helikopter 90 der Bundeswehr bei einem Flug über Sachsen. Für die Ausbildung der Piloten seien Tiefflüge unerlässlich.
Ein Nato-Helikopter 90 der Bundeswehr bei einem Flug über Sachsen. Für die Ausbildung der Piloten seien Tiefflüge unerlässlich. © Matthias Weber Photos

"Der Nationalpark Sächsische Schweiz muss endlich komplett und ohne Ausnahme für Militärflüge der Bundeswehr gesperrt werden." Das fordert André Hahn, sächsischer Bundestagsabgeordneter und stellvertretender Vorsitzender der Fraktion die Linke. 

Immer wieder kommt es vor, dass Kampfflugzeuge und Militärhubschrauber im Tiefflug durch das Elbtal donnern. Anwohner, Touristen und Naturschützer haben in der Vergangenheit schon oft ihre Missbilligung geäußert. Die Flüge, die sowohl Mensch, als auch Tier mitunter massiv zur Last fallen würden, hören dennoch nicht auf. Erst vor wenigen Wochen sollen Helikopter der Bundeswehr im Elbtal gesichtet worden sein. Die Luftwaffe hält die Einsätze für die Ausbildung der Piloten für unerlässlich. Dank der Topografie könne im Oberen Elbtal das Tieffliegen optimal trainiert werden. 

Keine offiziellen Zahlen zu Militärflügen

Einer der größten Kritikpunkte des Linken-Abgeordneten Hahn ist die fehlende Transparenz vonseiten der Bundeswehr. Trotz der vielen Bürgeranfragen und -beschwerden bezüglich der Tiefflieger, gebe es laut offiziellen Stellen keine Flüge, so Hahn. Während die Bundeswehr die Flüge in dem Gebiet in der Vergangenheit noch dokumentiert hat, gebe es seit einigen Jahren - auch auf Anfrage - keine Zahlen mehr.

Ausgerechnet die als besonders störend empfunden tieffliegenden Kampfflugzeuge tauchen in der Statistik nicht mehr auf. Der militärische Übungsluftraum "Temporary Reserved Airspace 208/308 Sachsen", in dem Flüge erfasst werden, beginnt in einer Höhe von etwa drei Kilometern (10.000 Fuß) und endet bei etwa zehn Kilometern (30.000 Fuß). Als Tiefflug gelten aber nur Bewegungen unter 600 Metern (2.000 Fuß). Zusätzlich befindet sich dieser Luftraum ungefähr 50 Kilometer westlich des Elbtals. Dort stört das Fliegen zumindest die Bewohner zwischen Pirna und Schmilka nicht. 

Hubschrauber der Bergwacht willkommen

Des Weiteren bemängelt Hahn den Sinn vieler Flüge. Dass es in der Sächsischen Schweiz zu Flugverkehr kommt, sei vor allem wegen Hubschraubern der Bergwacht unvermeidlich und in diesem Fall auch gerechtfertigt. Übungen der Bundeswehr seiner Ansicht nach nicht. Er stellt nicht infrage, dass das Üben zum Zweck der Ausbildung von Piloten wichtig ist, aber er äußert sich entschieden dagegen, dass im Nationalpark geflogen wird. Die Bundeswehr lässt hingegen verlauten, dass die Übungsflüge wegen der militärischen Erfordernisse unverzichtbar seien. Flugbetrieb werde nur in dem Maß durchgeführt, wie es für eine sachgerechte Ausbildung der Piloten nötig sei, so die Bundeswehr. Damit werde die Belastung für die Bevölkerung und die Region bereits so gering wie möglich gehalten.

Erst auf der Kreistagssitzung am 5. Oktober hatte Hahn gefragt, was der Landkreis gegen die Tiefflieger unternimmt und führte als Beispiel acht Hubschrauber auf, die vor etwa zwei Wochen in der Sächsischen Schweiz unterwegs gewesen sein sollen. Landrat Michael Geisler (CDU) sicherte ihm zu, den Vorfall zu prüfen. 

Tiere kommen mit Kampfjets nicht klar

Besonders dem Naturschutz sind die Tiefflieger ein Dorn im Auge. Für Tiere ist die Stör- und Schreckwirkung enorm, da sie nicht in der Lage sind einzuschätzen, ob auf das plötzliche Lärmereignis noch eine tatsächliche Gefahr folgt, so Hanspeter Mayr, Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Nationalparkverwaltung. Für die zulässige Flughöhe über Nationalparkregionen besteht eine Rechtsverordnung, die besagt, dass das Fliegen mit motorbetriebenen Zivilflugzeugen unter 600 Meter über Grund verboten ist. Für Militärmaschinen beträgt die Sicherheitsmindesthöhe 300 Meter über dem höchsten Hindernis in einem Umkreis von 600 Metern. In Ausnahmefällen sinkt die Mindesthöhe im Rahmen eines „streng limitierten Flugstundenkontingentes“ auf 150 Meter ab. Das ist aus Sicht des Naturschutzes eindeutig zu tief.

Dieses Symbolfoto zeigt zwei Tornados der Bundesluftwaffe im Flug.
Dieses Symbolfoto zeigt zwei Tornados der Bundesluftwaffe im Flug. © Bundeswehr

Bei extremen Tiefflugereignissen fragt die Nationalparkverwaltung beim Luftfahrtamt der Bundeswehr nach, ob nicht doch ein Flug zu tief geraten ist. Laut den Flugdaten der entsprechenden Flüge ist dies allerdings nie der Fall. Im Nationalpark selbst wird nur die reine Zahl der Luftfahrzeuge über der Region erfasst, nicht aber deren Flughöhe. So summieren sich die Fälle auf 280 Kampfjet-Tiefflüge seit 2002 und 45 tief fliegende Militärtransporter und Helikopter seit 2010. Statistisch gesehen donnert in jedem Monat ein Jet über den Elbsandstein hinweg und jedes Jahr sind mindestens vier Militärtransporter oder Helikopter unterwegs. 

Weitere Beeinträchtigung durch Ballons und Drohnen

Neben Flugaktivitäten des Militärs spricht Mayr noch von weiteren Bedrohungen von oben. Nicht nur nimmt die Zahl der Drohnen über dem Nationalparks - trotz des strikten Verbots - kontinuierlich zu. Auch gelten Ballons als Störfaktor. In einigen Fällen lassen die Ballonführer ihr Gefährt sehr tief absinken, um dann kurz vor einer Felswand unter Einsatz des Gasbrenners wieder aufzusteigen. Das plötzliche Rauschen des Brenners sowie der riesige Ballon können die Tiere ebenso aufscheuchen wie ein Düsenflieger.

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