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250 Kilometer in den Alpen: Ex-Dynamo Walter nach dem turbulenten Rostock-Jahr

Nach zehn Jahren bei Dynamo Dresden wechselt Kristian Walter als Sportchef zu Hansa Rostock - für gerade mal zehn Monate. Warum es an der Küste nicht passte, verarbeitet er in den Bergen - mit großem Erfolg.

Von Tino Meyer
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Der Transalpine Run ist so etwas wie die Königsdisziplin im Trailrunning - und für den Dresdner Kristian Walter die perfekte Gelegenheit, vom Fußball abzuschalten.
Der Transalpine Run ist so etwas wie die Königsdisziplin im Trailrunning - und für den Dresdner Kristian Walter die perfekte Gelegenheit, vom Fußball abzuschalten. © privat

Dresden. Den Plan vom ganz persönlichen Alpen-Abenteuer verfolgt er schon lange. Doch mehr oder weniger unerwartet hat Kristian Walter plötzlich auch ganz viel Zeit, sich auf den Transalpine Run in diesem Jahr vorzubereiten. Sieben Etappen, über 15.000 Höhenmeter - das ist sozusagen der Standard bei dem Kultrennen für Trailrunner. Die 19. Auflage aber, die Anfang September von Garmisch-Partenkirchen über 250 Kilometer bis zum Reschensee nach Italien führte, ist schon im Vorfeld als eine der härtesten und spektakulärsten angekündigt worden. Ein Grund mehr also auch für den Dresdner, sich konsequent darauf vorzubereiten.

Die vorzeitige Vertragsauflösung beim FC Hansa Rostock hätte Walter dennoch nicht gebraucht. Bereits Anfang März hatten sich beide Seiten darauf geeinigt, im Mai gab der damalige Fußball-Zweitligist die Trennung schließlich öffentlich bekannt - nachdem Gerüchte die Runde machten, Walter würde zu Dynamo Dresden zurückkehren.

Bis Sommer 2023 hatte er zehn Jahre lang für den Verein in verschiedenen Funktionen gearbeitet: erst Talentscout, dann Kaderplaner, zwischenzeitlich mal Co-Trainer und auch Interimsgeschäftsführer. Und bei den Schwarz-Gelben wurde nach der Entlassung von Ralf Becker am 5. März ja bekanntlich ein neuer Sportchef gesucht.

Die Rückkehr, erzählt Walter nun ausführlich bei "Schwarz-Gelb, der Dynamo-Podcast", war jedoch nie ein Thema. Und ebenso wenig sei er in Rostock gescheitert - auch wenn das nach Außen hin den Anschein haben mag und er natürlich viel länger bleiben wollte. "Wir haben uns gegenseitig die Zeit nicht gegeben. Weil wir in einem langen Diskussionsprozess festgestellt haben, dass es so nicht mehr funktionieren kann", sagt Walter. Das bedauere er schon. Gleichwohl sei er aber auch Realist und wisse, dass es manchmal eben nicht zusammenpasst.

"Rückblickend war das ein Jahr voller Erfahrungen, sehr intensiver und sehr emotionaler Erfahrungen. Der Wechsel nach Rostock ging sehr schnell und begann mit vielen Personalentscheidungen. Wir sind auch gut gestartet, waren Tabellenführer nach vier Spieltagen - und sind dann in ein Tief gerutscht, was nie aufhörte", erzählt Walter in dem Podcast-Gespräch.

Offfen und ehrlich spricht er über die turbulente, ereignisreiche Zeit an der Ostseeküste. Am Ende stand für Hansa der Abstieg aus der zweiten Liga - und Walters vorzeitiger Abschied. Der Negativstrudel erinnert ein Stück weit an Dynamo in der Vorsaison, nur das es in Dresden erst nach der Winterpause abwärts ging - und schließlich ein Punkt zum Aufstieg in die 2. Bundesliga gefehlt hat. Nun treffen sich Walters Ex-Vereine zum mit Spannung erwarteten Ostduell - und er schaut entspannt zu, so gut es denn geht.

Zugleich arbeitet er die vergangenen Jahre auf, pflegt Netzwerke, knüpft neue Kontakte - und geht leidenschaftlich gern Laufen. Trails haben es ihm angetan. Das sind die Rennen über Stock und Stein, mit harten Anstiegen, steilen Bergab-Passagen - und dem Transalpine Run als einen der Königswettbewerbe. Vor zwei Jahren war er dort mittendrin - und diesmal, mit unerwartet viel Zeit für Training und mentaler Einstimmung, ganz vorn dabei.

Nach zehn Jahren bei Dynamo Dresden und turbulenten Monaten in Rostock nutzt der 40-jährige Walter jetzt die Zeit, um zu reflektieren und neue Ziele zu fassen.
Nach zehn Jahren bei Dynamo Dresden und turbulenten Monaten in Rostock nutzt der 40-jährige Walter jetzt die Zeit, um zu reflektieren und neue Ziele zu fassen. © Christian Juppe

Die größte Herausforderung, erzählt er, war dabei das Wetter mit extremen Veränderungen. "In Garmisch ging es los mit 25 Grad und viel Sonne, auch oben auf den Bergen. Und zwei Tage später hatten wir Minusgrade und Schneeregen", erzählt Walter. Viele Läuferinnen und Läufer mussten aufgeben.

Walter hingegen wurde immer schneller. "Mein erstes Ziel war sieben Tage durchhalten, der zweite Schritt Resümieren und Schauen, wie ich die Belastung verkrafte. Und dann habe ich gemerkt, dass es von Tag zu Tag besser wurde - weil ich auch gut regenerieren konnte", erzählt er. Und als Walter schließlich an Tag vier feststellte, ganz vorn dabei zu sein in der Masters-Wertung, "liefen die Beine fast von alleine. Ich kam als Dritter ins Ziel, stand auf dem Podium und hatte Tränen in den Augen".

Um es kurz zu machen: Die fünfte Etappe beendete Walter als Zweiter, die sechste gewann er - und belegte in der Gesamtwertung schließlich den fünften Platz. "Ich habe unglaublich viel mit mir geredet - um schlechte Gedanken quasi rauszusprechen. Das hat mir sehr geholfen", so Walter.

Auch Zeit zum Reflektieren hat er mittlerweile gefunden, wenngleich nicht während des Transalpine Run - dafür waren die Etappen zu fordernd. "Im Nachgang hätte ich manchen Dingen mehr Zeit geben müssen. Ich hatte viele Ideen - hätte mir einiges aber erstmal in Ruhe anschauen sollen, um die Menschen und den Verein noch besser zu verstehen. Da habe ich mir zu viele Themen vorgenommen. Und der zweite Fakt: Ich hätte in meinen Entscheidungen deutlich weniger Kompromisse machen dürfen", sagt er.