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Ex-Fußballprofi feiert zweites Leben in Dresden: "Im Kopf stärker sein als die Krankheit"

Die World Transplant Games finden 2025 erstmals in Deutschland statt. Für viele Sportler ist das die Chance, ihr zweites Leben zu feiern. Der frühere Bundesliga-Star Ivan Klasnic gehört dazu - mit der dritten Spenderniere.

Von Alexander Hiller
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Der frühere Fußballstar ist jetzt Transplantations-Botschafter: Ivan Klasnic bei der Pressekonferenz für die World Transplant Games in Dresden.
Der frühere Fußballstar ist jetzt Transplantations-Botschafter: Ivan Klasnic bei der Pressekonferenz für die World Transplant Games in Dresden. © René Meinig

Dresden. Er kommt mit der Deutschen Bahn - und er kommt zu spät. Ivan Klasnic ist der prominenteste Botschafter für die 25. World Transplant Games 2025 in Dresden. Der Platz hinter seinem Namensschildchen zur ersten Pressekonferenz für das Multisportevent für Menschen mit Organtransplantationen bleibt deshalb zunächst 15 Minuten leer.

Dann betritt der frühere Profifußballer das Podium. Der federnde Schritt des mittlerweile 44-Jährigen ist immer noch derselbe wie zu aktiven Zeit. Klasnics Aussehen hingegen hat sich so verändert, dass einstige Anhänger des technisch beschlagenen Stürmers sich regelmäßig Sorgen um den Gesundheitszustand machen.

Die Sorge ist berechtigt, wenngleich die ausgefallenen Haare an den Augenbrauen und der Flaum auf dem Kopf auf einen gesundheitlich ungefährlichen Virus zurückzuführen ist, wie er sagt. Klasnic, der seine Glanzzeit in der Fußball-Bundesliga erlebte und mit Werder Bremen deutscher Meister und Pokalsieger wurde, lebt seit Jahren auf einem schmalen Grat. Zwischen Leben und Tod - Warten, Bangen, Hoffen.

2005 musste sich der damalige kroatische Nationalspieler einer Blinddarmoperation unterziehen, bei der bereits auffällig schlechte Nierenwerte festgestellt wurden. Knapp 14 Monate später wurde bekannt, dass Klasnic an einer Niereninsuffizienz leidet, die eine Transplantation unumgänglich macht. Zunächst spendete seine Mutter Sima ein Organ, das stieß sein Körper ab. "Warum, weshalb - das weiß man nicht", sagt er heute.

"In Deutschland muss mehr Aufklärung stattfinden"

Dann spendete Vater Ivan seinem Sohn im März 2007 eine Niere. Als der gebürtige Hamburger daraufhin am 24. November 2007 im Spiel der Bremer gegen Energie Cottbus wieder auf den Rasen zurückkehrte, galt Klasnic als erster Fußballspieler weltweit, der nach einer Nierentransplantation in eine der höchsten Spielklassen des Profisports zurückkehrte. Das Fachmagazin "Kicker" zeichnete ihn daraufhin als "Mann des Jahres" im deutschen Fußball aus. Und auch für die kroatische Nationalmannschaft spielte er wieder.

Mittlerweile lebt Klasnic mit seiner dritten Spenderniere. Für die World Transplant Games könnte er sich als Glücksgriff erweisen, weil er mit seiner Prominenz für zusätzliche Aufmerksamkeit sorgt. "Es ist mir eine Ehre, hier dabei zu sein. In Deutschland muss mehr Aufklärung stattfinden, um mehr Spender zu generieren", fordert er.

Seit Jahren wird hierzulande lediglich über die sogenannte Widerspruchslösung diskutiert. Diese Regelung besagt, dass ein Verstorbener automatisch zum Organspender wird, wenn er dem zu Lebzeiten nicht ausdrücklich widersprochen hat.

2012/13 absolvierte Ivan Klasnic noch drei Spiele für den FSV Mainz 05, dann beendete er seine Karriere.
2012/13 absolvierte Ivan Klasnic noch drei Spiele für den FSV Mainz 05, dann beendete er seine Karriere. © dpa/PA/Friso Gentsch

In Deutschland stehen derzeit knapp 8.500 Menschen auf der Warteliste, am häufigsten werden Nieren benötigt. 2022 sind 743 Menschen auf der Warteliste verstorben. "Kroatien ist ein kleines Land mit 4,5 Millionen Einwohnern. Wir sind, was die Organspenden betrifft, an zweiter Stelle in Europa. Deutschland ist Vorletzter", sagt der ehemalige Stürmerstar, der in 154 Bundesligapartien 50 Treffer markierte.

Sein Schicksal teilt Klasnic mit den rund 2.500 Teilnehmer der World Transplant Games, die 2025 in Dresden erwartet werden. "Ich kann sagen, dass ich jetzt ein zweites normales Leben habe - und deshalb auch hier dabei sein kann", betont er und erzählt vom Alltag. Acht Tabletten muss Klasnic jeden Morgen einnehmen, abends ein paar weniger. Eine genaue Prognose, wie lange seine jetzige Spenderniere funktionstüchtig bleibt, hat Klasnic dennoch nicht. "Das ist sehr individuell, eine Spenderniere kann zwischen 20 und 25 Jahren halten", sagt er.

Dreimal Dialyse pro Woche und trotzdem Training

Der Ex-Fußballer, dem 2020 nach einem Rechtsstreit gegen die ehemaligen Ärzte von Werder Bremen etwas mehr als vier Millionen Euro Schmerzensgeld und Schadensersatz zugesprochen wurden, kickt noch immer gern. "Ich habe mit Freunden kürzlich Freitag, Samstag, Sonntag, Montag gespielt. Und an dem Montag habe ich mich verletzt, war wohl zu viel", erklärt er lachend.

Angst habe nicht, auf den Fußballplatz zu gehen. "Man muss im Kopf stärker sein als die Krankheit", betont Klasnic, der nach eigenen Angaben als selbstständiger Spielerberater tätig ist. Wen er berät, behält er auch auf Nachfrage für sich. Außerdem betreibt er einen veganen Dönerladen in Hamburg.

"Das Positive, was der Sport einem gibt, ob vorher oder nachher, das muss man sich immer wieder zurückholen", sagt er. Der frühere Profi von St. Pauli, Werder Bremen und Mainz 05 hat stets dafür gekämpft. "Montag, Mittwoch, Freitag war ich zur Dialyse, bin aber trotzdem weiter zum Sport gegangen", sagt der Vater zweier Töchter (5/17).

Ein Fußball-Turnier bei den 17 Sportarten umfassenden World Transplant Games, die zum ersten Mal überhaupt in Deutschland stattfinden, gibt es übrigens auch - auf Kleinfeld und vielleicht ja sogar mit Klasnic. "Ich hätte schon Lust", meint er.