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So läuft das Millionen-Geschäft mit Dynamos Fanartikeln

Dynamo Dresden hat 50 Prozent an der Merchandising-Firma erworben, die T-Shirts und Schals mit dem Vereinslogo verkauft. Doch was steckt eigentlich dahinter? Und wer profitiert von dem Deal?

Von Daniel Klein
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Die SG Dynamo Dresden Merchandising GmbH verkauft im Fanshop des Harbig-Stadions nicht nur T-Shirts, Jacken und Schals. Der Umsatz steigt ständig.
Die SG Dynamo Dresden Merchandising GmbH verkauft im Fanshop des Harbig-Stadions nicht nur T-Shirts, Jacken und Schals. Der Umsatz steigt ständig. © Foto: Dynamo Dresden

Dresden. Die Pressemitteilung füllt anderthalb Seiten und ist für Dynamo-Verhältnisse ungewöhnlich lang. Zitiert werden darin zwei Geschäftsführer und ein Aufsichtsratsmitglied. Auch das zeigt, wie wichtig das Thema ist – oder: für wie wichtig es gehalten wird.

In der Mitteilung geht es um den Kauf von 50 Prozent der Anteile an der Dynamo Dresden Merchandising GmbH durch den Verein. Die Firma trägt zwar den Namen des Drittligisten, sie gehörte ihm aber nie. 2009 hatte der Klub die Rechte an der Produktion und dem Verkauf von Fanartikeln verkauft. Im selben Jahr wurde das komplett umgebaute Harbig-Stadion eröffnet und der Bereich Vermarktung/Sponsoring an die Agentur Sportfive abgegeben. Der Verein war mal wieder klamm, brauchte Geld. „Zu dieser Zeit hat Dynamo mit Fanartikeln einen Jahresumsatz von 900.000 Euro gemacht. Das Geschäft lief allerdings defizitär“, erklärt Felix Lorenz, Geschäftsführer der Merchandising GmbH.

Den Bereich Fanutensilien übernahmen nun Fans, die vorher bereits als Lieferanten für den Verein tätig waren. Gegründet wurde dafür die AddValue Service UG, die 2014 in SG Dynamo Dresden Merchandising GmbH umbenannt wurde. Sie gehörte zu 100 Prozent der Dresdner Egocentric GmbH, die ebenfalls Fanartikel vertrieb, auch die wurde von Fans geleitet. Ein Jahr vor der Umbenennung war Lorenz als Chef eingestiegen.

Der 2009 unterzeichnete Vertrag lief über fünf Jahre, der Verein erhielt einen Festbetrag sowie eine prozentuale Beteiligung an jedem verkauften Produkt. „Aus meiner Sicht hat Dynamo – im Gegensatz zu anderen Verträgen in dieser Zeit – damit ein gutes Geschäft gemacht“, findet Lorenz. Bei der Verlängerung 2014 war Christian Müller dann Dynamos Geschäftsführer und damit Verhandlungspartner.

Für Egocentric war der Verkauf der schwarz-gelben Fanartikel damals die Haupteinnahmequelle, das Unternehmen also abhängig vom Verein. Müller setzte durch, dass Dynamo ein schrittweises Kaufrecht erwirbt. Das erste Mal möglich wäre eine 25-Prozent-Beteiligung an der GmbH 2016 gewesen.

Umsatz steigt innerhalb von 13 Jahren um 567 Prozent

Doch Müllers Nachfolger hatten kein Interesse daran – wohl auch, weil die Zahlen kontinuierlich stiegen und damit die Einnahmen für Dynamo. 2022 lag der Merchandising-Umsatz laut dem kaufmännischen Geschäftsführer Jürgen Wehlend, der seinen Posten zum 31. Juli abgibt, bei 5,1 Millionen Euro. Von 900.000 auf 5,1 Millionen innerhalb von 13 Jahren: Das entspricht einer Steigerung um 567 Prozent. Und das erklärt wohl, warum Dynamos Geschäftsführer an der bestehenden Konstellation nichts ändern wollten. Ob das auch auf Wehlend zutrifft, ist spekulativ.

Die Initiative für den Erwerb von Anteilen ging offenbar vor allem vom Aufsichtsrat aus. Es wurde eine Arbeitsgruppe gegründet und auf der vergangenen Mitgliederversammlung ein Antrag gestellt. Für den Kauf der Anteile hat Dynamo lediglich einen niedrigen fünfstelligen Betrag bezahlt. In der Pressemitteilung ist von einem „bedeutenden Schritt zur Erfüllung strategischer Ziele“ die Rede. Was damit gemeint ist, erklärt Aufsichtsratsmitglied Michael Grafe. Es ginge darum, „durch nachhaltiges und strategisches Wirtschaften die Souveränität zu wahren und langfristige Werte für den Verein zu schaffen“. Man habe ein „wesentliches Geschäftsfeld wieder zurück in die eigene Verantwortung geholt“. Da in den verschiedenen Vereinsgremien Vertreter der aktiven Fanszene sitzen, könnte man das auch so interpretieren: Die Anhänger erweitern auf diese Weise ihr Mitspracherecht.

Doch welche Folgen hat das? Der Umsatz mit Dynamo-Merchandising-Artikeln liege jetzt als Drittligist „auf Bundesliga-Niveau“, erklärt Lorenz. Die große Anzahl an Mitgliedern und Anhängern ist dafür eine Ursache, die Kreativität der Fanartikelmacher die andere. Und die haben expandiert – nicht nur bei der Produktpalette. Neben dem Fanshop im Stadion wurde im Kaufhaus Galeria eine Filiale eröffnet, ab dem 4. August kommt eine 100 Quadratmeter große Fläche im neuen Kaufpark Nickern hinzu.

Verantwortlich dafür war neben dem 37-köpfigen Team um Lorenz bisher die Egocentric Holding GmbH als alleiniger Gesellschafter. Nun kommt Dynamo dazu, salopp formuliert dient Lorenz nun also zwei Herren. Wie das im Alltag laufen soll, steht offenbar noch nicht ganz fest. „Aktuell werden die Eckpunkte der Kooperation zwischen den Gesellschaftern abgestimmt und fixiert“, heißt es dazu in der Pressemitteilung. Mitreden dürften dabei wohl auch die beiden neuen Geschäftsführer David Fischer und Stephan Zimmermann, die im August und Oktober offiziell mit ihrer Arbeit beginnen.

Und finanziell? Laut dem veröffentlichten Geschäftsbericht hat die Dynamo Dresden Merchandising GmbH im zweiten Halbjahr 2021 einen Gewinn von rund 184.000 Euro verbucht, künftig fließen 50 Prozent davon in die Vereinskasse. Für die Egocentric GmbH ist Dynamo zwar weiter ein wichtiger Partner, abhängig ist das Unternehmen vom Drittligisten aber nicht mehr. Zu den Kunden von Egocentric zählen inzwischen Vereine wie Union Berlin, Eintracht Frankfurt, Mainz 05 und Lok Leipzig, Basketball-Klub Alba Berlin und die Handball-Bundesligisten SC Magdeburg und THW Kiel, Rockbands und Firmen.

Bereits im nächsten Jahr könnte Dynamo die restlichen 50 Prozent von Egocentric abkaufen, der Preis wäre dann aber deutlich höher als bei der ersten Hälfte. Spätestens dann hätte der Verein wieder das alleinige Sagen bei den Fanartikeln.