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So reagiert der Verein auf den Eklat um Dynamos Präsidenten

Holger Scholze ist als Präsident das Gesicht von Dynamo Dresden. Nach einem Streit entzieht ihm der Ehrenrat alle Mitgliedsrechte. So darf er nicht zur Mitgliederversammlung, die er sonst leitet. Nun meldet sich der Verein zu Wort.

Von Daniel Klein
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Holger Scholze ist zwar weiter Präsident von Dynamo Dresden, seine Mitgliedsrechte hat er aber vorerst auf Betreiben des Ehrenrates verloren.
Holger Scholze ist zwar weiter Präsident von Dynamo Dresden, seine Mitgliedsrechte hat er aber vorerst auf Betreiben des Ehrenrates verloren. © Robert Michael

Dresden. Sein Platz im Stadion blieb leer. Zumindest wurde Dynamos Präsident Holger Scholze beim Heimspiel-Auftakt gegen Energie Cottbus nicht im Rudolf-Harbig-Stadion gesehen. Wäre er erschienen, hätten ihn Mitarbeiter der Sicherheitsfirma womöglich abgewiesen - wohlgemerkt den amtierenden Präsidenten. Hintergrund ist, dass der Ehrenrat des Vereins Scholze die Mitgliedsrechte entzogen hat. Damit wurde quasi auch seine Saisonkarte entwertet.

"Den Beschluss des Ehrenrates habe ich erhalten. Ich halte das für grotesk", erklärte Scholze auf Nachfrage von Sächsische.de. "Darüber hinaus möchte ich mich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht äußern. Die Angelegenheit liegt zur weiteren Klärung bei meinem Anwalt." Der Verein wollte sich zunächst nicht zum Fall äußern, am Dienstag reagierte er auf die Fragen von Sächsische.de, beantworte sie jedoch nicht einzeln und meist auch nicht konkret. "Die Beschlüsse und Entscheidungen des Ehrenrates sind laut Satzung der SG Dynamo Dresden endgültig", heißt es da.

Der Streit zwischen dem Ehrenrat und dem Präsidenten eskalierte, weil Scholze nicht bereit ist, eine vom Gremium verhängte Strafe in Höhe von 1.000 Euro zu bezahlen. Der Vorwurf: Der Präsident habe sein Ehrenamt missbraucht, um sich geschäftliche Vorteile zu verschaffen.

Vor einigen Monate hatte Scholze zwei Geschäftsleute, die er als Börsen-Experte beruflich kannte, auf deren Wunsch hin durchs Trainingszentrum von Dynamo geführt. Nach Informationen von Sächsische.de hatte die Geschäftsführung des Drittligisten dies vorher genehmigt. Und die Geschäftsleute sollen danach um Vip-Karten bei einem Dynamo-Spiel nachgefragt haben.

Es ist nicht das erste Mal, dass der Ehrenrat, der ebenso wie das Präsidium von der Mitgliederversammlung gewählt wird, gegen den Präsidenten Stimmung macht oder sogar Verfahren gegen ihn einleitet. Der erste Fall liegt schon Jahre zurück.

Scholze hatte bei einem Auftritt bei einem Jubiläum eines unterklassigen Vereins Glückwünsche von Dynamo übermittelt und dabei, so der Vorwurf des Ehrenrates, eine Trainingsjacke getragen, bei der ein einfarbiges und damit verbotenes Dynamo-Logo aufgedruckt war. Scholze hatte damals erklärt, dass die Jacke aus dem Vereinsfanshop war. Der verkauft ausschließlich lizenzierte Produkte.

Der zweite Fall: Im Frühjahr 2020 erschien auf der Dynamo-Homepage ein Interview mit Scholze. Dort erzählte er auf die Frage, ob die Corona-Pandemie Auswirkungen auf sein Berufsleben hat, dass er ein Institut gegründet habe. Dies wertete der Ehrenrat als Schleichwerbung und verhängte eine Strafe über 250 Euro, die der Präsident auch zahlte. Nun also eskalierte der Streit.

Womöglich möchte der Ehrenrat verhindern, dass Scholze den Fall vor die Mitgliederversammlung bringt. Die kann, quasi als höchste Instanz, bei Streitigkeiten zwischen Mitgliedern und dem Ehrenrat angerufen werden. Durch den Entzug der Mitgliedsrechte dürfte Scholze bei der Versammlung, die er sonst leitet, nun aber gar nicht erscheinen. "Trotz des aktuellen Entzugs der Mitgliederrechte für Holger Scholze als Präsident bleibt das Präsidium des Vereins mit den beiden Vertretern Ronny Rehn und Dr. Michael Bürger weiterhin vollumfänglich handlungsfähig", teilt der Verein dazu mit.

Der Streit rückt den Verein mal wieder in ein ungünstiges Licht. Im Kern geht es wohl darum, dass Scholze zu den Dynamo-Funktionären gehört, die dafür plädieren, die Anzahl der momentan 22 Gremienmitglieder zu verkleinern und die Vereinsstruktur so anzupassen, dass sie wettbewerbsfähiger ist. In der Vergangenheit hatte sich der Verein durch Querelen in der Spitze immer wieder selbst ausgebremst, einige Entscheidungen behindern die sportliche Entwicklung mehr, als dass sie diese fördern.

Die Fragen, die sich nun stellen: Wie kann der Konflikt gelöst werden, wer kann und darf vermitteln und schlichten? Und könnte man als Dynamo-Mitglied auch ein Verfahren gegen den Ehrenrat selbst beantragen? Würde das Gremium dann über sich selbst verhandeln? Diese Fragen von Sächsische.de beantwortete der Verein nicht.

Zum Vergleich und zur Einordnung: Eine Strafe hatte der Ehrenrat vor einem Jahr auch gegen ein Vereinsmitglied ausgesprochen, das im September 2020 nach dem DFB-Pokalspiel gegen den Hamburger SV den damaligen HSV-Profi Toni Leistner und dessen zu diesem Zeitpunkt schwangere Frau im Stadion übel beleidigt hatte. Der Zwischenfall ging bundesweit durch die Medien. Das Verfahren zog sich drei Jahre in die Länge, das Mitglied sollte dann 750 Euro zahlen. Mit der Zahlung sei er "in Verzug", weshalb nun ein "rechtlicher Mahnlauf vonstattengeht", teilt der Verein auf Nachfrage mit. Eine schriftliche Ablehnung der zu zahlenden Strafe liege nicht vor, heißt es weiter. Das ist offenbar der Unterschied zum Fall des Präsidenten. Die Mitgliedsrechte wurden dem Pöbel-Fan deshalb offensichtlich nicht aberkannt. "Weitere mögliche Sanktionen müssen zunächst geprüft werden", heißt es dazu vom Verein.