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Türkei bestellt deutschen Botschafter nach Kritik an Wolfsgruß bei der EM ein

Der türkische Spieler Demiral zeigt den "Wolfsgruß" bei der Fußball-EM. Nun hat der umstrittene Torjubel politische Konsequenzen. Aber auch die Österreicher sorgen für einen Eklat.

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Merih Demiral zeigt beim türkischen EM-Viertelfinalsieg über Österreich den sogenannten Wolfsgruß. Das hat nun politische Folgen.
Merih Demiral zeigt beim türkischen EM-Viertelfinalsieg über Österreich den sogenannten Wolfsgruß. Das hat nun politische Folgen. © Christoph Gollnow/dpa

Istanbul/Leipzig. Nach der scharfen Kritik am Torjubel des türkischen Fußball-Nationalspielers Merih Demiral bei der EM hat die Türkei den deutschen Botschafter einbestellt. Das bestätigte das Auswärtige Amt der Deutschen Presse-Agentur. Demiral hatte am Dienstag beim 2:1 im Achtelfinale gegen Österreich nach seinem zweiten Tor in Leipzig den sogenannten Wolfsgruß gezeigt, der einer rechtsextremistischen Bewegung zugeordnet wird. Unter anderem Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD) kritisierte dies scharf.

Der 26 Jahre alte Demiral hatte mit beiden Händen das Zeichen und Symbol der "Grauen Wölfe" geformt. Als "Graue Wölfe" werden die Anhänger der rechtsextremistischen "Ülkücü-Bewegung" bezeichnet, die in Deutschland vom Verfassungsschutz beobachtet wird. In der Türkei ist die ultranationalistische MHP ihre politische Vertretung und Bündnispartnerin der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan.

Die Europäische Fußball-Union UEFA leitete ein Untersuchungsverfahren gegen Demiral ein. Bundesinnenministerin Faeser hatte unter anderem gesagt: "Die Symbole türkischer Rechtsextremisten haben in unseren Stadien nichts zu suchen."

Türkisches Außenministerium verteidigt Demiral

Aus seinem Heimatland erhielt Demiral dagegen auch Rückendeckung. Der Chef der ultranationalistischen MHP, Devlet Bahceli, bezeichnete die Einleitung eines Verfahrens der UEFA gegen den Spieler als "Provokation". Der Schritt sei "äußerst voreingenommen und falsch". Die UEFA springe damit auf "den Zug des Übels" derer auf, "die den Türken und der Türkei offensichtlich feindlich gesinnt sind".

Das türkische Außenministerium bezeichnete die Untersuchung als inakzeptabel. Nicht jede Person, die das Zeichen der Grauen Wölfe zeige, könne als rechtsextremistisch bezeichnet werden, hieß es. Der Wolfsgruß sei in Deutschland zudem nicht verboten und die Reaktionen der deutschen Behörden "ausländerfeindlich".

Österreichische Fans stimmen rassistische Gesänge an

Aber auch die Fans des türkischen Achtelfinalgegners Österreichisch sorgten vordem Spiel in Leipzig für einen Eklat. Während einer Übertragung des Schweizer Fernsehens SRF war am Dienstag vor dem Spiel zu sehen, wie Anhänger der ÖFB-Auswahl in der Stadt zur Melodie des Lieds "L'amour toujours" die Parole "Deutschland den Deutschen, Ausländer raus" singen. Die Leipziger Polizei teilte am Dienstagabend auf dpa-Nachfrage mit, sie habe einen Anfangsverdacht aufgenommen und gehe der Sache nach.

Bundesweit bekanntgeworden war die rassistische Parole durch ein Video von der Insel Sylt. Darin hatten zahlreiche junge Menschen bei einer Feier "Ausländer raus" und "Deutschland den Deutschen" zu dem Lied von Gigi D'Agostino gegrölt. Mittlerweile sind zahlreiche weitere Vorfälle bekannt - auch in Sachsen. Auf einigen Volksfesten soll das Lied daher nicht gespielt werden, auch bei der Fußball-EM ist es nicht zugelassen.

Österreichische Fans haben vor dem EM-Achtelfinale in Leipzig gegen die Türkei für einen rassistischen Eklat gesorgt.
Österreichische Fans haben vor dem EM-Achtelfinale in Leipzig gegen die Türkei für einen rassistischen Eklat gesorgt. © Hendrik Schmidt/dpa

Das eigentlich sehr friedliche Lied "L'amour toujours" gehört normalerweise zu den Songs, die im Umfeld der österreichischen Nationalmannschaft gespielt werden. Der Verband hatte auch einen Antrag gestellt, dass das Lied nach siegreichen EM-Spielen in den Stadien in Deutschland gespielt wird - nach den Vorfällen mit der rassistischen Parole nahmen aber der ÖFB und die Europäische Fußball-Union davon Abstand. Der italienische DJ D'Agostino hatte klargestellt, dass es in seinem Lied ausschließlich um Liebe gehe.

Appell von Bundesliga-Profi Gregoritsch: "Von rechtem Gedankengut" entfernen

Bundesliga-Profi Michael Gregoritsch hat sich unterdessen nach dem Achtelfinal-Aus von Österreich mit klaren Worten gegen rechtes Gedankengut ausgesprochen. "Die Botschaft in ganz Österreich und Europa ist, dass man sich nicht auseinandersetzen soll mit Differenzierung und rechten Gedanken, sondern vereint und stolz und glücklich sein", sagte der Stürmer des SC Freiburg in seinem Turnierfazit.

Nach Ansicht des 30-Jährigen habe man bei der EM gesehen, dass alle in Österreich für eine Sache stehen könnten, die gut sei. "Dass wir uns ganz weit entfernen sollten von rechtem Gedankengut und wissen sollten, wie wichtig das ist, dass wir alle gleich sind, dass wir alle für unser Land da sind, dass wir eben für eine Sache so brennen können, die einen so positiven Einfluss hat auf unser Land."

Während der EM hatte bereits Österreichs Trainer Ralf Rangnick vor einem politischen Rechtsruck gewarnt. In diesen Zeiten könne Sport und Politik nicht mehr streng getrennt werden, sagte der langjährige Bundesliga-Coach. Bei der EM in Deutschland war es wiederholt zu rechtsextremen Vorfällen gekommen. (dpa)