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Tradition, Aufstiegssorgen und Kilometer-Zählen: Das ist neu im sächsischen Fußball

Der Fußball rollt auch auf Landesebene wieder. Der sächsische Verband hofft, dass sich mehr Vereine für die Oberliga interessieren. Stattdessen zieht ein Verein kurzfristig sein Team zurück, was besonders in Wilsdruff für Ärger sorgt.

Von Jürgen Schwarz
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Die Sachsenliga startet in die neue Saison: mit Aufsteiger Stahl Riesa und Trainer Daniel Wohllebe, mit Pirna-Copitz und Neuzugang Pirnas Neuzugang Robin Zielezinski sowie Borea Dresden und seinem neuen Trainer Erik Schmidt.
Die Sachsenliga startet in die neue Saison: mit Aufsteiger Stahl Riesa und Trainer Daniel Wohllebe, mit Pirna-Copitz und Neuzugang Pirnas Neuzugang Robin Zielezinski sowie Borea Dresden und seinem neuen Trainer Erik Schmidt. © STEFFEN MANIG

Dresden/Leipzig. Die Fußball-Landesliga heißt jetzt offiziell Sachsenliga, aus den vier Landesklasse-Staffeln wurde die dreigeteilte Sachsenklasse. „Wir wollen den Bezug auf unser Bundesland noch mehr für die Etablierung und Vermarktung der beiden höchsten Spielklassen nutzen“, betont Volkmar Beier, Vizepräsident des Sächsischen Fußball-Verbandes (SFV).

Und er sagt: „Ich freue mich, dass Traditionsvereine wie die BSG Stahl Riesa und der Dresdner SC zurück in der sechsten Liga sind.“ Die beiden Aufsteiger bestreiten am Freitagabend ab 18.30 Uhr das Eröffnungsspiel in der Riesaer Feralpi-Arena. Das letzte Pflichtspielduell beider Vereine liegt 15 Jahre zurück.

Insgesamt 16 Mannschaften sollten die Serie 2024/25 in Angriff nehmen. Doch zwei Tage vor dem Auftaktspiel hat der FC 1910 Lößnitz überraschend wie kurzfristig seinen Rückzug erklärt. Der Fall liegt nun beim SFV-Sportgericht. Da der Rückzug nach der Staffel-Bestätigung (28.6.) erfolgte, steht mit Lößnitz der erste Absteiger noch vorm ersten Spiel statt. Zudem droht dem Verein eine saftige Geldstrafe.

Wilsdruffs Reaktion auf den Rückzug: "Unfassbar"

Extrem bitter ist dieser Rückzug vor allem aus Sicht von Motor Wilsdruff. Die Mannschaft von Trainer Stefan Minge war als Fünftletzter der Vorsaison abgestiegen, weil aus der Sachsenliga keine Mannschaft in die Oberliga aufgestiegen war. Hätte Lößnitz vor dem 28. Juni zurückgezogen, wäre der Verein als Absteiger der Saison 2023/24 eingestuft worden und Wilsdruff in der 6. Liga verblieben.

„Es ist das i-Tüpfelchen bei diesem Abstieg, der für mich von vornherein unfair war, weil wir bestraft wurden, weil keiner der drei Erstplatzierten aufsteigen wollte“, reagierte Minge mit Unverständnis. „Und dann ziehen die Lößnitzer zurück, die die Vorsaison vor uns auf dem ersten Nichtabstiegsplatz beendet hatten. Unfassbar", so Minge, dessen Wilsdruffer jetzt in der Sachsenklasse, Staffel West, spielen.

Die Sachsenliga komplettieren neben Oberliga-Absteiger Marienberg mit Tapfer Leipzig und Lok Zwickau zwei weitere Aufsteiger. „Ich habe die Hoffnung, dass sich künftig wieder mehr Teams ernsthaft mit dem Unternehmen Oberliga befassen“, sagt Beier, nachdem in der Vorsaison keine Mannschaft aus der Sachsenliga aufgestiegen war. Zwar hatten Borea Dresden und Empor Glauchau die Zulassung für die 5. Liga beantragt, aber sportlich die Qualifikation (Platz eins bis drei) verpasst.

Aufsteiger Stahl Riesa überrascht mit Trainerwechsel

Auch in den Jahren zuvor war das Interesse der sächsischen Sechstligisten an der Oberliga eher gering. 2022 hatte sich lediglich der SC Freital beworben und als Meister auch die Qualifikation geschafft. Ein Jahr später war Motor Marienberg der einzige Bewerber, verpasste aber als Vierter den direkten Aufstieg. Erst durch den freiwilligen Rückzug des Vizemeisters Großenhainer FV wurde Marienberg noch auf Platz drei hochgestuft und stieg auf. „Allerdings“, gibt Beier zu bedenken, „ist Sachsen in den oberen Ligen bereits überdurchschnittlich vertreten“. In der 4. und 5. Liga spielen insgesamt elf sächsische Vereine.

Während der DSC mit André Heinisch und der VfL Pirna-Copitz mit dem erfahrenen Jens Wagner weiter auf ihre erfolgreichen Chefcoaches setzen, überraschte Stahl Riesa mit einem Trainerwechsel nach dem Aufstieg. Daniel Wohllebe kam vom Landesliga-Absteiger aus Radebeul. Der FV Dresden 06 Laubegast verpflichtete Paul Seifert (zuvor Radeberg) als Nachfolger von Christoph Klippel, in Neugersdorf beim FC Oberlausitz ist Co-Trainer Martin Hamada nun verantwortlich und beim SC Borea löste Sportchef Erik Schmidt den bisherigen Trainer Philipp Masak ab, der die Dresdner 2023 in die Sachsenliga geführt hatte.

Borea gilt als Aufstiegsanwärter – und Schmidt weiß, wie solche Ziele zu realisieren sind. Der 45-Jährige führte einst den Bischofswerdaer FV aus der 6. Liga bis in die Regionalliga Nordost. Nun greift er mit Borea an. „Im Jägerpark entsteht ein hochwertiges Gelände mit neuen Plätzen und einem kleinen Stadion sowie einem modernen Funktionsgebäude. Zusammen mit dem Internat und der Mehrzweckhalle wird das ein Sportkomplex, in dem auch der Männerfußball wieder leistungsorientiert stattfinden soll“, sagt Schmidt.

West- statt Ost-Staffel: Radebeul fehlen acht Kilometer

Die Strukturreform in der Sachsenklasse führte indes zur Reduzierung von 64 auf 48 Mannschaften – und drei Staffeln. „Im Hinblick auf die Leistungsdichte war es ein notwendiger Schritt, der im Endeffekt auch den Kreisen helfen wird“, sagt Beier. Als nicht ganz einfach erwies sich die regionale Zuordnung. Letztendlich setzte der Verband auf Mathematik und summierte kurzerhand die Fahrtwege der Vereine. „Es kamen beispielsweise 19 Vereine für die Staffel Ost infrage, daher ging es nur mit strenger Kilometer-Berechnung“, sagt Beier.

So fehlten dem Radebeuler BC, der wie der Großenhainer FV und der Meißner SV in der Staffel Nord landete, exakt acht Kilometer, um in die Oststaffel zu kommen. „Das ist bitter, weil uns dadurch die Derbys gegen die Dresdner Teams verloren gehen und wir nun regelmäßig in Richtung Leipzig fahren müssen“, sagt Radebeuls Vorstandsmitglied Felix Gärtner. Wilsdruff stellte die Weichen selbst. „Wir wollten nicht in die Ost-Staffel, daher haben wir den Antrag gestellt, der West-Staffel zugeordnet zu werden“, erklärt Trainer Minge. Da im Westen kein Überangebot an Vereinen herrschte, stimmte der Verband zu.