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Comeback des Goldenen Ovals: Eine Dresdner Traditionsmarke mit Weltruf

Mit der Eröffnung des Heinz-Steyer-Stadions kehrt das Goldene Oval und damit Weltklasse zurück nach Dresden. Das Leichtathletik-Meeting lockt sogar einen Olympiasieger an - und 10.000 Zuschauer in das neue Stadion.

Von Michaela Widder
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1985 gewinnt Marita Koch in Weltjahresbestzeit von 21,90 Sekunden die 200 Meter beim Goldenen Oval in Dresden. Bis heute hält die 67-Jährigeden Weltrkord über 400 Meter.
1985 gewinnt Marita Koch in Weltjahresbestzeit von 21,90 Sekunden die 200 Meter beim Goldenen Oval in Dresden. Bis heute hält die 67-Jährigeden Weltrkord über 400 Meter. © SZ/Volker Santrucek

Dresden. Als Jerome Blake nach den Weltrekorden im Heinz-Steyer-Stadion gefragt wird, zuckt er mit den Schultern. Der kanadische Olympiasieger mit der 4x100-Meter-Staffel staunt über die nagelneue Arena, aber von der großen Geschichte hatte er bisher nichts gehört. Allein 14 Leichtathletik-Weltrekorde - übrigens alle von Frauen aufgestellt - erlebten hier einst die Zuschauer in Dresden.

Dass schon bald wieder einen neue Weltbestmarke im für mehr als 54 Millionen Euro umgebauten Stadion erzielt werden könnte, ist wenig realistisch. Doch Dresden, das einst den Ruf als Top-Wettkampfstätte genossen hat, kehrt nun zumindest erst mal auf die Weltkarte der Leichtathleten zurück. Das Traditionsmeeting Goldenes Oval, das von 1984 bis 1989 an gleicher Stelle ausgetragen wurde, feiert zur Wiedereröffnung des Stadions am Freitagabend sein Comeback.

Gut 24 Stunden zuvor wird das neue Steyer-Stadion schon inoffiziell eingeweiht. Mehr als 4.000 Läuferinnen und Läufer sind beim Stadium Run dabei und laufen kurz nach Sonnenuntergang als Erste auf der roten Tartanbahn. "Ich finde es cool, dass es hier ein neues Stadion gibt und ich quasi zu den Ersten gehöre, die hier laufen werden. Ich bin auf die Bahn und die Atmosphäre gespannt, wenn es dann voll ist", sagt Blake.

Erst Flug verpasst, dann ein Schnarcher im Nachbarzimmer

Und er macht eine Ansage: "Ganz klar, ich will einfach schnell rennen." Der 27-Jährige, der mit Kanada den favorisierten US-Amerikanern wie bei der WM 2022 auch kürzlich bei Olympia die Goldmedaille wegschnappte, hat über die 100 Meter eine Bestzeit von 10,00 Sekunden - und hat damit alle Chancen, den Stadionrekord von 1986 anzugreifen. Der steht bei 10,09 Sekunden.

Von einer holprigen Anreise und einer ersten unruhigen Nacht in Dresden will sich Blake jedenfalls nicht aus der Ruhe bringen lassen. Am Mittwoch hatte er seinen Anschlussflug in Frankfurt verpasst und kam erst mit dem letzten Flieger kurz vor Mitternacht in Klotzsche an. In seinem Hotel unweit der Frauenkirche hatte Blake dann ausgerechnet einen Schnarcher als Nachbarn.

Solche Problemchen hat Karl Bebendorf beim Heimspiel nicht. Der Hindernisläufer aus Dresden kann den Start in seinem "Wohnzimmer", wie er zum Steyer-Stadion sagt, kaum erwarten. "Mein Körper signalisiert mir zwar, dass er etwas müde ist nach der Saison", sagt Bebendorf, "aber für mich war immer klar: Egal wie schlecht es mir gehen wird, die Eröffnung lasse ich mir nicht entgehen." Der 28-Jährige erwartet "Gänsehautfeeling pur" und meint: "Da wird Müdigkeit vergessen sein."

Exakt 10.343 Sitzplätzen bietet das umgebaute Steyer-Stadion. Mit mobilen Tribünen könnte auf 15.000 Zuschauer erweitert werden.
Exakt 10.343 Sitzplätzen bietet das umgebaute Steyer-Stadion. Mit mobilen Tribünen könnte auf 15.000 Zuschauer erweitert werden. © Foto: SZ/Veit Hengst

Den Stadionrekord über die Hindernisse hält ein Prominenter der Stadt. Hagen Melzer, Europameister von 1986 und Vize-Weltmeister von 1987, hat schon Gänsehaut, wenn er im VIP-Raum des neuen Multifunktionsgebäudes steht und ins noch leere Runde schaut. Angesprochen auf das Goldene Oval, damals und heute, meint der 65-Jährige schließlich: "Das ist für mich alles sehr ergreifend. Ich durfte den Spatenstich mit vorbereiten, das Richtfest - und jetzt ist das Stadion fertig. "

Und er kündigt ein nicht ernst gemeintes Comeback an: "Irgendwann, wenn das Stadion leer ist, ziehe ich mir noch mal die Spikes an und werde mit Ellen Kießling (ehemalige Mittelstreckenläuferin/Anm. d. Red.) eine Runde drehen." Dass Bebendorf am Freitag seinen Stadionrekord von 8:24,35 Minuten aus dem Jahr 1988 unterbieten will, nimmt Melzer gelassen: "Zeit wird's."

Er selbst feierte beim Goldenen Oval große Erfolge. 1988 und 1989 gewann er die Ehrenplakette, die damals der Oberbürgermeister Dresdens stiftete. Ausgezeichnet wurden damit die beste Frau und der beste Mann, deren Ergebnis ins Verhältnis gesetzt dem Weltrekord in der jeweiligen Disziplin am nächsten kam.

Viel Prominenz auf der Tribüne

Doch die schönste Erinnerung hat der frühere Mittelstreckenläufer ans Goldene Oval 1987: "Da wurde ich Publikumsliebling. Das war irre, diese Sympathie zu spüren", meint der gebürtige Bautzner, der sich auch auf ein Wiedersehen mit vielen früheren Sportstars freut. Zur Eröffnungsfeier, die am Freitag um 18 Uhr beginnt, sind unter anderem mit Heike Drechsler, Renate Stecher und Marita Meier-Koch drei frühere Weltklasseathletinnen eingeladen, die einst Weltrekord in Dresden liefen.

40 Jahre nach der ersten Auflage des Goldenen Ovals und nach 35 Jahren "Pause" muss sich das Meeting unter ganz anderen Bedingungen nun erst wieder etablieren. Immerhin 175 Athleten aus 35 Ländern haben sich für die Neuauflage gemeldet. Das Stadion ist so gut wie ausverkauft, erwartet werden 10.000 Zuschauer.

"Wir sind natürlich ein Newcomer im Wettkampfkalender", meint Athletenmanager Erik Haß vom Dresdner SC, der zusammen mit der Laufszene Events GmbH aus Dresden das Meeting organisiert. Kurz nach Olympia sei es nicht einfach, hochkarätige Athleten zu verpflichten. "Aber es ist uns gelungen", so Haß, "einen aktuellen Olympiasieger und mehrere Olympiamedaillengewinner an den Start zu bringen."

Die Wiederbelebung des Goldenen Ovals soll jedoch erst der Anfang sein. "Wir würden uns freuen, wenn wir mithilfe der Stadt 2025 ein noch höherklassiges Meeting organisieren können und noch mehr Olympiasieger nach Dresden holen", betont Haß. Fest im Terminkalender stehen im nächsten Jahr auf jeden Fall die Deutschen Meisterschaften der Leichtathleten im Rahmen der Finals vom 31. Juli bis 3. August.