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Sportchef bremst Eislöwen-Euphorie in Dresden: "Wir sollten etwas Demut haben"

Die Dresdner Eislöwen, der Eishockey-Zweitligist aus der Landeshauptstadt, haben sich sportlich wie finanziell verstärkt und zählen sich selbst zu den Aufstiegsfavoriten. Auch Sportdirektor Matthias Roos ist euphorisch - und bremst zugleich.

Von Alexander Hiller
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Die Vorfreude auf die Saison ist Matthias Roos nicht unbedingt anzusehen. Mit der Ansage des Trainers, Meister werden zu wollen, geht er entspannt um.
Die Vorfreude auf die Saison ist Matthias Roos nicht unbedingt anzusehen. Mit der Ansage des Trainers, Meister werden zu wollen, geht er entspannt um. © Thomas Heide

Dresden. Vom Fast-Absteiger zur Aufstiegshoffnung? So könnte man die Entwicklung bei den Dresdner Eislöwen in den vergangenen sechs Monaten zusammenfassen. Nach dem enttäuschenden 13. Platz in der Vorsaison und dem letztlich glücklichen Klassenverbleib in der zweithöchsten deutschen Eishockeyspielklasse DEL2 hat das Team aus der Landeshauptstadt kräftig investiert.

Gemeinsam mit Cheftrainer Niklas Sundblad und einem um 20 Prozent erhöhten Spieleretat stellte Sportdirektor Matthias Roos einen teilweise prominent besetzten Kader zusammen, den viele Experten zu den Mitfavoriten für den Aufstieg in die DEL zählen. Und auch die Eislöwen selbst wollen aufsteigen. Ob das letztlich möglich ist, beantwortet Roos im Gespräch mit Sächsische.de vor dem Auftaktheimspiel gegen Rosenheim an diesem Freitag (13.9.).

Herr Roos, große Teile der Fans und auch das Vereinsumfeld sehen aufgrund des verstärkten Kaders der neuen Saison euphorisch entgegen. Sie auch?

Auf jeden Fall bin ich euphorisch. Genauso wie alle anderen will ich auch eine Meisterschaft gewinnen, gar keine Frage. Wir haben eine große Qualität im Kader. Die Vorbereitung lief gut, auch wenn wir vier Spiele verloren haben. Die Mannschaft arbeitet gut, ist topfit - wir sind gespannt.

"Natürlich ist Erwartungshaltung eine größere geworden"

In der Vorsaison mussten Sie als Sportdirektor viel Kritik einstecken. Hat Sie das getroffen?

Ich beschäftige mich damit nicht wirklich. Mit den sozialen Medien habe ich sowieso nichts am Hut. Natürlich informiert mich unser Pressesprecher schon, wenn er der Meinung ist: Das sollte ich wissen. Deswegen geht mir das aber nicht nahe. Die Gespräche mit Geschäftsführer Maik Walsdorf sind natürlich andere als in den ersten beiden Spielzeiten, in denen wir in der Hauptrunde erst Zweiter und dann Fünfter waren. Das ist nicht so schön, gehört aber mit dazu, das ist Teil des Jobs.

Wie schätzen Sie die Leistungsstärke in der DEL2 ein?

Die Liga ist nochmal stärker geworden. Das war in der vergangenen Saison auch schon der Fall, aber sie hat noch mal zugelegt. Im Moment sehe ich fünf Mannschaften, die sich nach oben etwas abheben könnten. Das sind Kassel, Landshut, Krefeld, Ravensburg und Dresden. Aber mir gefällt auch, was Kaufbeuren gemacht hat und ich bin gespannt, wie sich Crimmitschau aufstellt. Das wird eine enge Liga. Es gibt zwei, drei Mannschaften, die Schwierigkeiten bekommen werden, weil sie eben nicht die Qualität haben oder nicht so aufrüsten konnten wie die anderen.

Was macht die Liga denn so stark?

Das hat viel mit den Einbürgerungen zu tun, damit geht die Qualität nach oben. Wir haben jetzt unsere drei Schweden Simon Karlsson, David Rundqvist und David Suvanto eingebürgert, damit werden Ausländerplätze frei, die wir anderweitig besetzen können. Auch andere haben entsprechend gehandelt.

In der vergangenen Situation hat der Verein eine sportlich sehr schwierige Situation überstanden - mit enormem Druck von außen. Ist der Druck diesmal ein anderer?

Ich glaube, dass der Druck am Anfang immer gleich ist. Dann hängt viel davon ab, wie man in die Saison reinkommt. Wenn es uns gelingt, aus den ersten 18 Spielen zehn oder elf Siege einzufahren, kommt man ganz gut rein. Natürlich ist mir auch klar, dass die Erwartungshaltung jetzt eine deutlich größere geworden ist.

"Im Eishockey ist der Faktor Glück am höchsten"

Und Ihre eigene Erwartungshaltung?

Ich glaube, das hat angefangen, als ich Niklas kontaktiert habe. Wenn ich ihm damals gesagt hätte: In dieser Saison läuft es nicht so gut, in der nächsten wollen wir Siebenter oder Achter werden - wäre er im Januar 2024 nie als Trainer nach Dresden gekommen. Er ist hier angetreten, weil er Meisterschaften gewinnen und wieder zurück in die DEL will. Als ich vor dreieinhalb Jahren nach Dresden kam, war der Anspruch ja auch, dass wir oben angreifen können, wenn man alles konsequent und konstant aufbaut. Der Anspruch ist da. Aber wir haben noch kein Spiel gewonnen, noch keines verloren.

Bereitet es Ihnen Bauchschmerzen, wenn der Trainer klar formuliert: Ich will Meister werden?

Eigentlich nicht. Es ist ja der Anspruch, dass Trainer und auch Spieler sagen: Wir wollen eine Meisterschaft gewinnen. Ich möchte das ja auch. Aber ich finde, wir sollten etwas Demut haben. Wir waren in der Vorsaison auf Platz 13. Natürlich haben wir das Budget erhöht und eine bessere Mannschaft als zuvor. Aber auch die anderen haben sich gut verstärkt. Deswegen wollen wir konstant unter den ersten Fünf spielen und dann da sein, wenn sich die Chance ergibt, in den Play-offs durchzustarten.

Nach dem Viertelfinal-Aus vor zwei Jahren sprachen Sie vom nächsten Schritt, der ist dann in der sportlichen Katastrophensaison ausgeblieben. Was ist jetzt der nächste Schritt?

Wir wollen unter die ersten Fünf - und ins Halbfinale, ganz klar. Aber da muss so viel zusammenlaufen. Man hat mal Sportarten analysiert wie Fußball, Basketball, Football, Eishockey. Und Eishockey ist die Sportart, in der der Faktor Glück am höchsten ist. In der vergangenen Saison haben wir jedes Fettnäpfchen gefunden, das auf dem Eis herumlag.