Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Görlitz

Görlitzer Landrat: Herr Meyer, sind Sie bei den Einwohnern unbeliebt?

Statistiken über Politiker sind vor allem vor Wahlen beliebt. Der Görlitzer Landrat Stephan Meyer erklärt, was er davon hält und wie er seine Arbeit im und für den Kreis sieht.

Von Matthias Klaus
 5 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Landrat Stephan Meyer sucht oft das Gespräch mit Einwohnern aus dem Kreis Görlitz.
Landrat Stephan Meyer sucht oft das Gespräch mit Einwohnern aus dem Kreis Görlitz. © Rafael Sampedro/foto-sampedro.de

Herr Meyer, im Vergleich zum sächsischen Ministerpräsidenten, den Bürgermeistern sowie den Stadt- und Gemeinderäten im Landkreis Görlitz sind im Sachsenkompass nur sehr wenige Menschen mit Ihrer Arbeit "sehr zufrieden". Sind Sie bei den Einwohnern unbeliebt?

Also so würde ich die Antworten nicht interpretieren. Wenn ich mir die Ergebnisse anschaue, ist doch der weit überwiegende Anteil der Teilnehmer mit meiner Arbeit zufrieden. Sorgen würde ich mir eher machen, wenn der Balken bei den sehr Unzufriedenen größer wäre.

Sind Sie im Landkreis zu wenig bekannt?

An der Präsenz kann es nun wirklich nicht liegen. Ich bin nahezu sieben Tage in der Woche im Landkreis unterwegs. Ein Verwaltungschef wie ich kann auch nicht die Bekanntheit wie ein Ministerpräsident erreichen. Und auch ein Bürgermeister ist in seinem Ort bekannter, er hat ja eine begrenzte Gebietskulisse, in der er sich bewegt. Insgesamt bin ich für mich mit dem Ergebnis aus dieser Frage des Sachsenkompasses zufrieden.

  • Hier können Sie sich für unseren kostenlosen Görlitz-Niesky-Newsletter anmelden.

Ihre Aufgaben sind ja sicherlich auch nicht einfach - vor allem, wenn Sie Einschnitte erklären müssen.

Mein Job ist derzeit leider die Verwaltung des Mangels. Sehen Sie die unzureichenden Kommunalfinanzen, und daraus folgend die Diskussionen über sogenannte freiwillige Aufgaben, sind das aus meiner Sicht wichtige Bereiche, wie das Theater oder die anstehende Neustrukturierung der Krankenhäuser durch die Krankenhausreform des Bundes. Das sind keine Termine, wo man bunte Bändchen durchschneiden darf. Vor diesem Hintergrund komme ich bei der Umfrage zum Beispiel im Vergleich zur Bundesregierung ziemlich gut weg.

Wie sehen Sie generell die Statistiken zur Bewertung von Politikern? Nutzt so etwas?

Ich bin da vorsichtig. Man sieht ja bei den Umfragen im Fernsehen, wie schnell sich da etwas ändern kann, wie volatil das Ganze ist. Jemand sagt einen falschen Satz - und schon ist das in der nächsten Statistik zu sehen. Die Gesamtheit in einem politischen System muss funktionieren. Der Einzelne ist da nicht so wichtig.

Ärgert Sie der Anteil der Unzufriedenen an Ihrer Arbeit?

Nein, das ist normal, vor allem wenn es um hochkomplexe Themen geht. Ich habe zum Beispiel als Erster in Sachsen das Thema Krankenhausreform in den Kreistag gebracht und dafür viel Schelte bekommen. Aber wenn wir nicht schon früh darüber diskutiert hätten, wäre es noch schlimmer gekommen, jetzt sehe ich uns da auf einem guten Weg. Die Kommunikation der Veränderungen war und ist schwierig, da der Mensch nicht immer Veränderungen will.

Könnten Sie nicht einfach das Überbringen schlechter Nachrichten delegieren, zum Beispiel an Ihre Beigeordneten?

Das mache ich nicht. Ich arbeite mit meinen Beigeordneten eng zusammen, stimme mich mit ihnen ab. Wir haben eine sehr vertrauensvolle Zusammenarbeit. Und letztendlich habe ich die Gesamtverantwortung.

Zurück zu den Unzufriedenen: Wie können Sie die denn erreichen?

Ich denke, meine Arbeit wird positiver bewertet, als es dann im Wahlverhalten bei Bundes- und Landtagswahlen zu sehen ist. Man kann nicht alle erreichen. Wichtig ist, wie gesagt, im Landkreis präsent zu sein. Dazu habe ich die Lagerfeuergespräche etabliert. Ich komme mit den Beigeordneten, dem Dezernenten und weiteren Kolleginnen und Kollegen aus den Fachbereichen zu den Leuten, spreche mit ihnen. Natürlich müssen die Bürger das Angebot auch annehmen.

Die Lagerfeuergespräche finden im gesamten Landkreis statt. Spüren Sie Unterschiede in der Mentalität zwischen Nord- und Südlandkreis?

Nein. Natürlich bemerke ich, dass im Norden das Leben schon stark auf Brandenburg ausgerichtet ist. Die Lebenswelt dreht sich da schon mal eher um Cottbus als um unsere Kreisstadt Görlitz. Aber eine andere Mentalität? Nein, nicht wirklich. Die ehrenamtliche Tätigkeit ist im Norden ebenfalls stark ausgeprägt, ebenso die Vereinsarbeit. Das ist natürlich auch im Süden des Kreises der Fall. Der Norden ist dünner besiedelt, deshalb ist die Sichtbarkeit etwas größer. Es ist viel Heimatliebe und Gestaltungswille im ganzen Landkreis spürbar. Ich schätze diese zupackende Art sehr.

Sind die Sorgen der Menschen im Norden und Süden des Kreises die gleichen?

Im Norden spielt derzeit das Thema Strukturwandel eine größere Rolle. Viele haben gute Jobs in der Braunkohle. Jetzt ist beispielsweise die Sorge da, dass junge Menschen verstärkt abwandern. Es gibt die Sorge, dass sich das, was Anfang der 1990er Jahre mit der Textilindustrie im Süden passierte, nun im Norden wiederholt. Ich sehe das nicht so. Für den Süden gab es keine Strukturwandelhilfen und deshalb müssen wir die jetzt zur Verfügung stehenden Mittel klug einsetzen, um Strukturen für die Zeit nach der Braunkohle zu entwickeln.

Wie kann man denn den Nord- und Südkreis einander näherbringen?

Wir brauchen vor allem große Projekte, die den gesamten Kreis betreffen. Das ist allerdings schwierig. Wahrscheinlich interessieren sich in Schleife wenige dafür, was die Lückendorfer machen - und umgekehrt, was völlig normal ist. Außerdem ist es schwer, für kreisübergreifende Vorhaben Mehrheiten im Kreistag zusammenzubekommen. Ein Beispiel, eine Klammer für den Kreis ist vielleicht das Thema Holz: Umgebindehäuser, der Holzbau in Niesky bis zu den Schrotholzhäusern um Rietschen. Zudem ist Tourismus ein großes Thema: Wie kann man den Kreis als eine Einheit vermarkten, um Gäste länger in der Oberlausitz zu halten?