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Die stille Unzufriedenheit der Arbeitnehmer im Landkreis Meißen

Hinter der malerischen Fassade des Elblands bröckelt es: Menschen sind unzufrieden mit ihren Gehältern und den Arbeitsbedingungen, wie der Sachsen-Kompass zeigt.

Von Martin Skurt
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Anfang des Jahres streikten Arbeiter im Riesaer Stahlwerk für mehr Geld. Sie hatten Erfolg. Auch insgesamt wünschen sich viele Bewohner im Landkreis Meißen eine bessere Bezahlung.
Anfang des Jahres streikten Arbeiter im Riesaer Stahlwerk für mehr Geld. Sie hatten Erfolg. Auch insgesamt wünschen sich viele Bewohner im Landkreis Meißen eine bessere Bezahlung. © Eric Weser/Montage: SZ

Landkreis. Das Elbland ist bekannt für seine malerischen Weinberglandschaften und eine kulturreiche Landschaft. Die Arbeitswelt zeichnet sich jedoch bei vielen weniger optimistisch ab. Trotz einer wirtschaftlichen Stabilität offenbaren aktuelle Zahlen zur Entlohnung und Arbeitszufriedenheit, dass Verbesserungsbedarf besteht, um den Erwartungen der Arbeitnehmer gerecht zu werden.

Mit 56.074 sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigten liegt der Medianlohn* im Landkreis Meißen bei 3.078 Euro, laut aktuellem Entgeltatlas der Agentur für Arbeit. Dieser Betrag ist deutlich niedriger als der Medianlohn von 3.689 Euro in Dresden, dem wirtschaftlichen Zentrum der Region. Trotzdem ist er im Vergleich zum Vorjahr um fünf Prozent gestiegen.

Die Mehrheit der Arbeitnehmer im Landkreis verdient zwischen 2.000 und 3.000 Euro, während nur eine Minderheit die 6.000-Euro-Marke überschreitet. Diese Entlohnungsstruktur ist dabei typisch für Regionen, die von mittelständischen Unternehmen geprägt sind, die oft nicht mit den Gehältern größerer Firmen in Dresden konkurrieren können.

Unzufriedenheit mit schlechter Bezahlung

Die Zufriedenheit der Arbeitnehmer im Landkreis Meißen ist dabei folgerichtig moderat, wie der Sachsen-Kompass nahelegt. Mehr als 23.000 Menschen aus Sachsen haben in einer Online-Umfrage vom 4. Mai bis zum 16. Juni ihre Ansichten und Wünsche zu Themen wie Wohnen, Bildung und Gesundheit geteilt, davon 1.580 aus dem Landkreis Meißen. Nur 14,9 Prozent der Beschäftigten im Kreis bezeichnen sich als sehr zufrieden. Diese Unzufriedenheit spiegelt sich in den häufig genannten Änderungswünschen wider, die sich vor allem auf die Entlohnung und Wertschätzung am Arbeitsplatz beziehen.

Der häufigste Änderungswunsch betrifft die Bezahlung. 40,69 Prozent der Arbeitnehmer fordern höhere Löhne, was den finanziellen Druck widerspiegelt, den viele wohl empfinden. 38,27 Prozent der Befragten wünschen sich mehr Anerkennung für ihre Arbeit, sei es finanziell oder wohl auch in emotionaler Hinsicht. Ein besseres Gleichgewicht zwischen Arbeit und Freizeit wird von 21,58 Prozent der Arbeitnehmer angestrebt, abgefragt unter dem Punkt "geringeres Arbeitspensum".

Wer verdient am meisten und am wenigsten?

Die Einkommensverhältnisse im Landkreis Meißen müssen auch im Kontext der allgemeinen Gehaltsunterschiede in Sachsen betrachtet werden. In Sachsen gehören Berufe im Bereich der Human- und Zahnmedizin zu den bestbezahlten, mit einem Median-Einkommen von 6.990,39 Euro. Diese Gehälter sind besonders hoch in städtischen Zentren wie Dresden und Leipzig, die als wirtschaftliche Motoren der Region gelten.

Am anderen Ende des Spektrums stehen Berufe in der Körperpflege, die mit einem Median-Einkommen von 1.959,90 Euro zu den am schlechtesten bezahlten gehören. Dazu zählen zum Beispiel Friseure oder Kosmetiker. Dieser Unterschied verdeutlicht die Herausforderungen, denen Arbeitnehmer in traditionellen Dienstleistungsbranchen ausgesetzt sind.

Im Landkreis Meißen haben seit jeher die Lehrerinnen und Lehrer an allgemeinbildenden Schulen mit einem Median-Einkommen von 6.021,93 Euro die bestbezahlten Berufe. Reinigungsberufe weisen hingegen die niedrigsten Medianlöhne von 2.265,88 Euro auf. Ein Vergleich mit anderen sächsischen Regionen zeigt, dass Dresden das höchste Median-Einkommen von 3.506,17 Euro bietet.

Sachsen-Kompass: Ergebnisse aus den Regionen

Ein wiederkehrender Änderungswunsch in allen Regionen ist eine bessere Entlohnung. In Priestewitz äußern sich 70,59 Prozent der Befragten in dieser Hinsicht unzufrieden, in Radebeul sind es 38,46 Prozent. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Nachfrage nach mehr Wertschätzung, insbesondere in Nünchritz, Glaubitz und Zeithain (51,85 Prozent).

Der Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten ist ein weiterer wesentlicher Änderungswunsch, der in den Regionen jedoch unterschiedlich stark ausgeprägt ist. In Weinböhla, Niederau äußern 17,86 Prozent der Befragten den Wunsch nach flexibleren Arbeitszeiten, während in Radebeul 14,29 Prozent daran interessiert sind​. In Riesa, Strehla beträgt dieser Wert 11,32 Prozent​. Diese Nachfrage deutet darauf hin, dass viele Arbeitnehmer eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben anstreben, was vorwiegend in Regionen mit längeren Pendelzeiten relevant sein kann.

Denn der Wunsch nach kürzeren Anfahrtswegen variiert stark. In Radebeul wünschen sich 9,72 Prozent der Befragten eine kürzere Pendelzeit, während in Weinböhla, Niederau 28,57 Prozent diesen Wunsch äußern​. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr und die Verfügbarkeit von Arbeitsplätzen in der Nähe des Wohnorts ein wichtiges Thema in diesen Regionen ist.

  • *Das Median-Entgelt gibt den Mittelwert für den Verdienst aller Vollbeschäftigten an. Das heißt, eine Hälfte der Beschäftigten verdient weniger, die andere mehr als der genannte Wert. Dadurch verfälschen Ausreißer weniger stark die Statistik.
  • Der "Sachsen-Kompass" wurde unter wissenschaftlicher Begleitung und in Kooperation mit der Agentur "Die Mehrwertmacher" entwickelt und ausgewertet. Dabei wurde, auch wenn es sich um keine repräsentative Studie handelt, darauf geachtet, dass die Aussagen belastbar sind.
  • Alle Ergebnisse aus dem Sachsen-Kompass im Überblick finden Sie in den kommenden Wochen auf saechsische.de/sachsenkompass.