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Wahlen in Sachsen: „Im Kommunalen kann man der AfD nicht mehr aus dem Weg gehen“

Wie umgehen mit der Stärke der AfD? Darüber wird in den nächsten Jahren wohl mehr in den Stadt- und Gemeinderäten verhandelt – und weniger im Landtag.

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Bei den Wahlen ist die AfD in Sachsen vor allem auf kommunaler Ebene stark.
Bei den Wahlen ist die AfD in Sachsen vor allem auf kommunaler Ebene stark. © Karl-Ludwig Oberthür (Symbolbild)

Von Denise Peikert

Wie soll sie also halten, die Brandmauer? Und sollte sie halten, bei der so riesigen Lücke zwischen der Bewertung der AfD als rechtsextrem und vielen Wahlentscheidungen?

Nach und nach kommen gerade in Sachsen die neu gewählten Stadt- und Gemeinderäte zusammen, treffen sich die Kreistage erstmals. AfD-Vertreter werden gemäß der Größe ihrer Fraktionen an Ausschüssen beteiligt, mancherorts sind sie Stellvertreter der Bürgermeister. „Der Notwendigkeit, mit der AfD auf kommunaler Ebene zu interagieren, kann man jetzt nicht mehr aus dem Weg gehen“, sagt dazu David Begrich.

Der Sozialwissenschaftler ist Gründer des Magdeburger Vereins Miteinander und beobachtet die AfD. Deren Einfluss in den Kommunalparlamenten, sagt Begrich, werde die Partei weiter normalisieren – viel mehr als das Geschehen auf der großen Bühne des Landtags. „Die Brandmauer bröckelt von unten.“

Für die Kommunalpolitiker aller anderen Parteien bedeutet die Präsenz der AfD aus Sicht von Begrich ein Dilemma, aus dem es keinen leichten Ausgang gebe. „Stimmen sie den Anträgen der AfD etwa bei sinnvollen Dingen wie einem Zebrastreifen vor dem Kindergarten nicht zu, wird das die AfD in ihrer politischen Kommunikation stärken“, sagt er. „Stimmen sie zu, wird es der Normalisierung der Partei dienen.“ Was also tun? Begrich empfiehlt der Kommunalpolitik nicht die immer gleich gebaute Brandmauer, sondern die Prüfung jedes Einzelfalls: „Was ist mit dem moralisch-ethischen Kompass der jeweiligen anderen Parteien vereinbar? Was ist auf der Ebene der politischen Kommunikation vermittelbar? Und was nützt der Kommune?“ Diese drei Aspekte müssten immer wieder neu abgewogen werden.

„Das Kommunale ist kein politikfreier Raum“

Während der Deutsche Landkreistag nach der Kommunalwahl im Juni gefordert hatte, es dürfe weiter keine Zusammenarbeit mit der AfD geben, gab es schon bei den Personalentscheidungen in den noch jungen sächsischen Gremien gemeinsame Abstimmungen anderer Kommunalvertreter mit der AfD. Bei Sachentscheidungen wird in der Kommunalpolitik oft darauf verwiesen, dass es ohnehin nicht um die ganz große Politik gehe.

Sozialwissenschaftler Begrich hält es für falsch, die Kommunalpolitik zu entpolitisieren – auch wenn sie formal nicht Teil der Legislative ist. „Keine andere politische Ebene ist so nah dran an den Menschen vor Ort“, sagt er. „Für viele wird im Kommunalen Politik erst authentisch und plausibel.“ Das Argument, dass man in den Stadt- und Gemeinderäten ja nicht mit Björn Höcke zusammenarbeite, hält Begrich für schwach. „Auch die kommunalen Mandatsträger der AfD haben sich dafür entschieden, für eine als rechtsextrem eingestufte Partei Politik zu machen“, sagt er.

Mancherorts haben die Kommunalparlamente noch ein ganz anderes Problem – nämlich dass die AfD wegen fehlender Kandidaten gar nicht erst ihrem Wahlergebnis entsprechend in den Gremien sitzt. Damit gehen die Parlamente bislang unterschiedlich um: In Machern war der Wille erkennbar, den AfD-Einzelkämpfer politisch einzubeziehen. In Mockrehna dagegen freut sich die nun stärkste Fraktion darüber, das Machtvakuum für sich nutzen zu können.