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Sachsen

Kommentar zur Tarifforderung im öffentlichen Dienst: Sozial gerecht geht anders

Mit dem von den Gewerkschaften geforderten Einkommensplus für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes droht ein heikler Präzedenzfall. Ein Kommentar von Gunnar Saft.

Von Gunnar Saft
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Mit einer einseitigen Absicherung der Einkommen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gegen Inflation und Kostensteigerungen stellen die Gewerkschaften eine ihrer eigenen Forderungen infrage: die soziale Gerechtigkeit für alle.
Mit einer einseitigen Absicherung der Einkommen der Beschäftigten im öffentlichen Dienst gegen Inflation und Kostensteigerungen stellen die Gewerkschaften eine ihrer eigenen Forderungen infrage: die soziale Gerechtigkeit für alle. ©  Christian Juppe

Wenn die Gewerkschaften einen Inflationsausgleich für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen fordern, ist das erst einmal legitim und nachvollziehbar. Dass man aber mit einem Einkommensplus von weit über zehn Prozent auf einer Maximalforderung beharrt und dabei schon frühzeitig mit der Streikbereitschaft der betroffenen Arbeitnehmer droht, macht die bevorstehende Tarifrunde zu einem heiklen Präzedenzfall.

Sind die Gewerkschaften erfolgreich, würde der Staat in der gegenwärtigen Energiekrise praktisch einen weiteren neuen Hilfsfonds auflegen. Das Problem dabei aber ist, dieser käme ausschließlich den Beschäftigten im öffentlichen Dienst zugute, denen auf diese Weise ein großer Teil der gestiegenen Lebenshaltungskosten erstattet würde. Alle anderen Arbeitnehmer würden dagegen doppelt belastet: Einmal als Steuerzahler, der für diese Unterstützung aus den öffentlichen Kassen aufkommen müsste, und dann als Beschäftigte in der Privatwirtschaft, die sich einen ähnlich hohen Inflationsausgleich – sprich Gehaltserhöhungen für die eigenen Mitarbeiter – zurzeit meist überhaupt nicht leisten kann.

Die Gewerkschaften stellen mit ihren aktuellen Forderungen letztlich etwas infrage, das sie ansonsten immer selbst einfordern: soziale Gerechtigkeit für alle. Die geforderten umfangreichen Erleichterungen für die eigene Klientel, so nachvollziehbar sie auch sein mögen, dürften die Spannungen im Land eher verschärfen statt diese abzubauen. Und sie könnten unnötige Vorbehalte gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst schüren, denen es ja vermeintlich immer bestens geht, weil sie mit dem Staat einen ach so krisensicheren Arbeitgeber haben.

Verdi und dbb sollten in diesen Zeiten ihren Einfluss deshalb lieber dafür nutzen, dass es eben nicht zu solchen gefährlichen Verwerfungen kommt. Höhere Einkommen für den öffentlichen Dienst ja, aber maßvoll. Eine solche Solidarität mit der gesamten Gesellschaft dürfte sich später auf ganz andere Weise bezahlt machen: Mit einer breiten öffentlichen Anerkennung und dem Gefühl, dass in der Not keiner den anderen im Stich lässt.

E-Mail an Gunnar Saft