Partner im RedaktionsNetzwerk Deutschland
SZ + Pirna

Sächsische Schweiz: Boofen nur noch ab Mitte Juni erlaubt

Nationalpark und Bergsportler haben sich auf neue Regeln für das Draußenschlafen verständigt. Das strittige Ticketsystem ist vom Tisch.

Von Dirk Schulze
 4 Min.
Teilen
Folgen
NEU!
Illegales Feuer unter einem Felsvorsprung: Von Februar bis Mitte Juni darf künftig niemand mehr im Nationalpark übernachten.
Illegales Feuer unter einem Felsvorsprung: Von Februar bis Mitte Juni darf künftig niemand mehr im Nationalpark übernachten. © Mike Jäger

Das Boofen in der Sächsischen Schweiz ist bald nur noch außerhalb der Brutzeit erlaubt, also erst ab Mitte Juni. Jährlich vom 1. Februar bis 15. Juni bleiben alle Freiübernachtungsstellen im Nationalpark gesperrt. Das geben die Nationalparkverwaltung und der Landesverband Sachsen des Deutschen Alpenvereins gemeinsam bekannt. Bergsportler, Naturschützer, Touristiker und Behörden haben sich demnach auf diese Variante verständigt. Sie soll vorerst bis 2025 gelten.

Es ist eine überraschende Wende in der Diskussion über die Neuregelung des Boofens, wie das Übernachten unter Felsvorsprüngen im Elbsandsteingebirge genannt wird. Das zuvor angekündigte Ticketsystem ist damit vom Tisch. Die bisherigen Pläne des sächsischen Umweltministeriums sahen eine Online-Reservierung vor. Dabei wäre pro Nacht nur eine begrenzte Anzahl an Plätzen verfügbar gewesen. Einige Boofen sollten ganz geschlossen werden.

Der Sächsische Bergsteigerbund (SBB) hatte dies scharf kritisiert. Das Problem der illegalen Übernachtungen abseits der Boofen würde dadurch nicht gelöst. Zudem würden viele Naturliebhaber gänzlich von dem Erlebnis ausgeschlossen. Der SBB selbst hatte dagegen einen temporären Verzicht ins Spiel gebracht. Ähnlich wird es seit Jahren beim Klettern gehandhabt: Bestimmte Felsen sind während der Vogelbrutzeit im Frühjahr tabu.

Alle offiziellen Boofen bleiben vorerst erhalten

In internen Gesprächsrunden zwischen Bergsportverbänden und Naturschutzbehörden hat sich diese Variante nun auch für das Boofen durchgesetzt. "Das Gebiet wird dadurch in dieser empfindlichen Zeit deutlich beruhigt und geschützte Tierarten können ihren natürlichen Lebensraum in den Fels- und Waldgebieten des Nationalparks wieder besiedeln und für die Aufzucht der Jungtiere nutzen", heißt es. Besonders bei den streng geschützten Großvogelarten Wanderfalke und Schwarzstorch waren in den vergangenen Jahren immer weniger Jungvögel durchgekommen.

Im Gegenzug bleiben alle 58 offiziellen Boofen erhalten. Dort darf dann den Rest des Jahres, also von Mitte Juni bis Ende Januar, ohne festgelegte Personenbegrenzung übernachtet werden. Einzelne Boofen könnten aus Artenschutzgründen allerdings auch länger als bis Mitte Juni gesperrt bleiben, zum Beispiel wenn in der Nähe noch Vögel brüten und diese gestört werden könnten.

Generell ist das Boofen weiterhin nur im Zusammenhang mit dem Klettersport erlaubt. Diese Regel ist auch heute schon gültig, die Realität sieht allerdings anders aus.

Mehr Kontrollen gegen illegales Übernachten

Das Hauptproblem ist das illegale Übernachten außerhalb der offiziell gekennzeichneten Boofen. Laut Statistik macht dies etwa die Hälfte der jährlichen Übernachtungen aus. "Gerade von diesen gehen besondere Störwirkungen aus", erklärt der Nationalpark. Mit Schlafsäcken und Hängematte wird mitten im Wald oder auf Felsriffen im Schutzgebiet campiert. Menschen ziehen mit Musikboxen durch die Natur, es wird Feuer gemacht. Seit 2018 hat es über 20 Waldbrände durch illegale Lagerfeuer gegeben.

Um dieses Problems Herr zu werden, müsse zudem die Nationalparkwacht personell aufgestockt werden. "Erst mit der notwendigen Präsenz auf der Fläche kann die Nationalparkverwaltung die Einhaltung der neuen aber auch der bisher geltenden Vorschriften besser kontrollieren", hießt es.

Regel soll schon dieses Frühjahr greifen

Die neuen Regeln sollen noch in diesem Frühjahr in Kraft treten. Schon an den besucherstarken Feiertagswochenende im Mai und Juni könnte das Boofen dann verboten sein. "Hiermit soll gemeinsam ein deutliches Zeichen gegen das ausufernde Freiübernachten im Nationalpark Sächsische Schweiz gesetzt werden", erklären Bergsportler und Nationalparkverwaltung gemeinsam.

Noch bis zum 28. April können Mitglieder der Bergsport- oder Naturschutzverbände sowie die Kommunen ihre Einwände gegen die Pläne geltend machen. Dafür ist jetzt ein Beteiligungsverfahren gestartet. Entschieden wird dann beim sächsischen Umweltministerium. Da sich Behörden und Verbandsvertreter in Vorgesprächen bereits auf den jetzigen Kompromiss verständigt haben, dürfte dies nur noch Formsache sein.

Der Sächsische Bergsteigerbund bezeichnet die temporären Sperrungen gegenüber seinen Mitgliedern als Übergangslösung. Die Regel ist zunächst bis 2025 befristet und läuft dann aus. Bis dahin wolle man an einer langfristigen Lösung arbeiten. Dazu wird eine gemeinsame Projektgruppe aus Nationalparkverwaltung, Umweltministerium, Klettervertretern und Naturschützern gebildet. Sie wird beurteilen, ob die Sperrungen erfolgreich waren und sich die Brutvogelbestände erholt haben.