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Wird Hohnstein Schreckensburg oder Erlebnisburg?

Die Ausstellung auf Burg Hohnstein wird komplett neu gestaltet. Das Geld dafür ist bereits sicher. Jetzt gibt es auch einen Entwurf.

Von Anja Weber
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Auf der Burg Hohnstein soll nicht nur gebaut werden. Auch ein modernes Ausstellungskonzept soll Besucher anlocken und möglichst zum Wiederkehren bewegen.
Auf der Burg Hohnstein soll nicht nur gebaut werden. Auch ein modernes Ausstellungskonzept soll Besucher anlocken und möglichst zum Wiederkehren bewegen. © Marko Förster

Das Museum auf Burg Hohnstein war bislang eher unterbelichtet. Zu sehen gab es nicht viel. Nicht ohne Grund. Von der Geschichte Hohnsteins existieren keine originalen Exponate, die man hätte ausstellen können. Das mussten auch Andreas Baumgart und Christian Sandig von der Kocmoc Exhibitions GmbH Leipzig feststellen. Sie sind Experten und erstellen seit 22 Jahren Ausstellungskonzepte. Vor zweieinhalb Jahren erhielten sie den Auftrag, auch ein solches für die Burg Hohnstein zu erarbeiten. Jetzt liegt ein erster Entwurf vor, der kürzlich den Hohnsteinern und anderen Interessenten vorgestellt wurde.

Das Ausstellungskonzept für die Burg Hohnstein stellte die Experten gleich vor mehrere Herausforderungen. Aufgabe war, die Burg als klassisches Ziel für Familien und Touristen langfristig so aufzustellen, dass jeder gerne auf die Burg Hohnstein kommt und möglichst dorthin auch wieder zurückkehrt. Nun hat die Burg Hohnstein nicht nur schöne Seiten. Die Nazis hatte hier eines der ersten Konzentrationslager eingerichtet. Deshalb habe man einiges unter einen Hut bringen müssen, so die Experten. Die Burg als Erinnerungsort, den man bewahren müsse, den Bezug zum Hohnsteiner Kasper sowie die Burggeschichte. Hohnstein war einst eine böhmische Grenzfeste, Amtssitz, Jagdschloss und eine große Jugendburg in der Zeit der Weimarer Republik und seit DDR-Zeiten Jugendherberge.

"Wir haben hier einen Blumenstrauß an verschiedenen Themen. Würde man die Burggeschichte chronologisch erzählen, würde man sich verstolpern. Deshalb werden geschichtliche Schwerpunkte thematisch zusammengefasst und erzählt", sagt Christian Sandig. Das macht das Ganze zwar nicht einfacher, lässt sich aber besser an verschiedene Orten der Burg verteilen. Auch wenn Max Jacob mit seiner Handpuppenbühne hier nur ein kurzes Gastspiel absolvierte, wird die Kasperfigur immer wieder auf der Burg auftauchen.

Für den Bärengarten haben sich die beiden Experten als Symbol einen netten kleinen Bären ausgesucht, der vor allem die Kinder ansprechen soll. Und sie stellten auch klar, dass sie wissen, dass die Bären gequält wurden und auf der Burg viel menschliches Leid geschehen ist. Wenn man sich aber darauf konzentrieren würde, dann wäre es eine Schreckensburg. "Wir aber wollen einen Erlebnisburg", sagt Andreas Baumgart.

So könnte der Eingangsbereich hinter dem Burgtor aussehen.
So könnte der Eingangsbereich hinter dem Burgtor aussehen. © KOCMOC Exhibitions GmbH Leipzig

Das soll schon im Eingangsbereich sichtbar werden. Der Gast wird von der Kasperfamilie an einer Fotowand begrüßt. Von weitem lädt bereits der Kasper selbst zu einem Besuch auf die Burg. Ihm wird zudem ein Mini-Kino gewidmet, in welchem Kasperstücke für die Besucher gezeigt werden.

Die Erklärungstafeln an den verschiedenen Orten der Burg sollen ein modernes Design erhalten und die Besucher nicht überfordern. Sie sollten sich die Schwerpunkte merken. Deshalb habe man sich entschieden, die Burggeschichte an verschiedenen Orten praktisch häppchenweise und familienfreundlich zu erzählen. So soll der Besucher zum Beispiel in dem Abschnitt zur Geschichte als Jagdschloss simulierte Waldgeräusche wahrnehmen. Ein Ritter wird an die Zeit der böhmischen Grenzfeste erinnern und per Knopfdruck die Geschichte selbst erzählen. Im ehemaligen Frauenbunker geht es um die Rolle der Burg während der Nazizeit. Auch die Stelle im Burggarten, wo Häftlinge in den Tod gesprungen sind, soll mit einer Stele gewürdigt werden.

Eine solche wird auch an der Stelle aufgebaut, wo sich einst die Kapelle Sankt Anna befand, welche abgerissen wurde. Der Pavillon kann für Veranstaltungen genutzt werden. Außerdem soll es noch einen großen Raum geben, in welchem sich die Besucher noch eingehender mit der Geschichte befassen können, mittels eines großen Tisch-Touchscreen, einem Berührbildschirm.

Und jede Menge weitere Höhepunkte, die vor allem Familien ansprechen sollen, wird es auf der Burg geben. So unter anderem eine Rutsche, mit der Kinder und Erwachsene vom Burghof hinab in den Burggarten und zum Ausgang befördert werden. Auf diesem Weg wird eine Kamera installiert, die in dem Moment auslöst, wo man vorbeirutscht. Bekannt ist das unter anderem auch von Sommerrodelbahnen. Das Foto kann dann gleich als Handy-Postkarte verschickt werden.

Sorgen vor einem Sammelsurium

In einer ersten Runde konnten die Hohnsteiner Einwohner ihre Meinung zum neuen Ausstellungskonzept äußern. Bergsportlegende Bernd Arnold war zu viel Kasper auf der Burg. "Mir ist wichtig, dass die Burg eine Etappe des Malerwegs ist. Der ist stark frequentiert. Und die Wanderer finden keine Beachtung", kritisierte er. Laut Hohnsteins Bürgermeister Daniel Brade (SPD) sollen andere Räume in der Stadt genutzt werden, in denen man sich dem Malerweg widmen möchte. Andere befürchten ein Sammelsurium.

Gabriele Hahn, die Enkelin des Leiters der früheren Jugendburg und ersten KZ-Häftlings Konrad Hahnewald, war die Bedeutung als Jugendburg zu wenig herausgehoben. "Die hatte eine große Strahlkraft in der Weimarer Republik, viele Persönlichkeiten waren hier. Mir kommt das Thema zu kurz weg", sagt sie. Steffen Richter vom Alternativen Kultur- und Bildungszentrum Pirna (Akubiz) monierte, dass aus seiner Sicht die Zeit zwischen 1933 und 1945 zu wenig abgebildet werde. Der Verein hatte unlängst mit Unterstützung der Stadt Hohnstein im einstigen „Frauenbunker“ fünf großformatige Info-Tafeln mit Texten und Fotos installiert.

Stadt will keinen Eintritt verlangen

Andreas Baumgart und Christian Sandig verwiesen darauf, dass die Inhalte derzeit nur grob geplant und noch nicht festgeschnürt seien. Das seien dann die nächsten Schritte. Kritisiert wurde auch, dass die Ausstellung nicht barrierefrei begehbar sei. Das werde auf einer Burg allerdings generell schwierig sein. Dazu komme, dass man auch keine interaktive Führung anbieten könne, da auf der Burg in manchen Räumen gar kein WLAN verfügbar sei. Der Bürgermeister informierte darüber, dass kein Burgeintritt verlangt werde. Die Wirtschaftlichkeit der Burg orientiere sich an der Beherbergung und der Gastronomie. Für die Konzeption der neuen Ausstellung kann die Stadt übrigens 619.000 Euro verwenden. Das Geld stammt aus dem früheren SED-Vermögen.