Laußig. In der nordsächsischen Gemeinde Laußig haben am Donnerstagabend rund 280 Menschen gegen eine vom Landkreis Nordsachsen geplante Flüchtlingsunterkunft demonstriert. Nach Angaben einer Polizeisprecherin seien die Demonstranten zunächst am Feuerwehrhaus zusammengekommen und wollten als Aufzug anschließend zum Gemeindeamt laufen. Die Versammlung sei jedoch nicht angemeldet gewesen.
"Es gab aber Hinweise, dass sich dort Leute versammeln würden", so die Polizeisprecherin. Vor Ort habe sich schließlich auch ein Versammlungsleiter gefunden, der die Demonstration anmeldete. Mit knapp 300 Menschen zog die Menge anschließend über die Laußiger Straßen und skandierte mehrfach "Wir wollen keine Asylantenheime". Gleiches war auch auf einem Banner der Protestler zu lesen.
Unter den Demonstranten waren auch mehrere Anhänger der als rechtsextrem eingestuften "Freien Sachsen". Die Gruppierung streamte den Aufzug auch live im Internet. Bereits Tage zuvor soll in den sozialen Netzwerken ein Aufruf einer angeblichen Initiative "Laußig wehrt sich" kursiert sein, die zur Demonstration am Donnerstag unter dem Titel "Asylflut stoppen" aufgerufen hat.
Mutmaßlicher Hintergrund der Demonstration ist die Ankündigung des Landkreises Nordsachsen weiteren Platz für neue Asylbewerber schaffen zu wollen. Im Gespräch war dabei nicht nur der Bau mehrerer Wohncontainer bis April für rund 200 Geflüchtete, sondern auch die Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten unter anderem in der ehemaligen Laußiger Grundschule.
"Die Stimmung der Demonstranten war aufgeheizt, die Bürger fühlten sich offenbar nicht ausreichend informiert", teilt die Polizeisprecherin am Donnerstagabend mit. Es wurden weitere Beamte aus Leipzig nachalarmiert, um das Gemeindeamt abzusichern. Auch Pressevertreter wurden beschützt.
Bürgermeister spricht aufgebrachter Menge zu
Die Menge forderte lautstark, dass Bürgermeister Lothar Schneider (parteilos) ans Fenster treten und sich erklären solle. Gegen 19.15 Uhr tat er dies auch mit einem Megafon, wurde mehrfach unterbrochen, erklärte aber dennoch wiederholt, dass es bislang keine endgültige Entscheidung zu einem möglichen Asylbewerberheim in Laußig gebe, der Landkreis dies jedoch angekündigt habe. "Es gibt rechtsstaatliche Mittel, gegen die wir nichts tun können", so Schneider.
Dennoch unterstrich er mehrfach die Forderungen der rund 280 Menschen vor dem Gemeindeamt. "Ihr habt da völlig recht. Wir wollen das alle nicht. Damit sind wir uns doch einig. Wir haben doch alle die gleiche Meinung", sagt der Bürgermeister durch ein Megafon und bestätigt damit offensichtlich Aussagen von teils angetrunkenen Teilnehmern der Demonstration, die sich zuvor auch beleidigend, rassistisch und voreingenommen äußerten.
Gegen 20.30 Uhr löste sich die Versammlung vor dem Gemeindeamt auf. Nach Angaben der Polizei blieb es weitgehend friedlich. Beleidigungen gegenüber Polizeibeamten und Journalisten blieben allerdings nicht aus. Einer Polizeisprecherin am Freitag zufolge wurden insgesamt vier Anzeigen durch die Polizei aufgenommen: einmal wegen Beleidigung und dreimal wegen Verstößen gegen das Versammlungsgesetz. Insgesamt seien knapp 70 Polizeibeamte vor Ort im Einsatz gewesen.
Sachsen hatte bereits am Anfang der Woche angekündigt, die Plätze in den Erstaufnahmeeinrichtungen mittelfristig erhöhen zu wollen. Derzeit sind in Sachsen etwa 4.300 Asylbewerber in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Dresden, Leipzig und Chemnitz untergebracht. Dazu kommen noch 588 Menschen, die wegen des russischen Angriffskrieges aus der Ukraine geflohen sind.
Im vergangenen Jahr haben insgesamt 12.224 Menschen Asyl in Sachsen beantragt. Die meisten Geflüchteten kamen 2022 aus Syrien, Venezuela, der Türkei und Afghanistan.
Ähnlich wie in Laußig hatten bereits Menschen in Kriebethal bei Döbeln mehrfach gegen eine geplante Unterkunft für unbegleitete, minderjährige Geflüchtete protestiert. Gegenüber des Landratsamtes in Freiberg gab es sogar ein Drohschreiben. (SZ/ehl)