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CDU, BSW und SPD: Bekommt Sachsen jetzt eine "Brombeer"-Koalition?

Nach der Wahl ist vor dem Koalitions-Poker: Michael Kretschmer hält ein Bündnis der CDU mit SPD und BSW in Sachsen für schwierig, aber möglich. Die SPD ist skeptisch. Und auch Sahra Wagenknecht selbst mischt mit.

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Sachsens CDU-Chef Michael Kretschmer und BSW-Spitzenkandidatin Sabine Zimmermann haben sich schon bei den Wahlforen kennengelernt.
Sachsens CDU-Chef Michael Kretschmer und BSW-Spitzenkandidatin Sabine Zimmermann haben sich schon bei den Wahlforen kennengelernt. © Matthias Rietschel

Dresden. Nach der Landtagswahl deuten sich langwierige und komplizierte Verhandlungen über die Regierungsbildung in Sachsen an. Michael Kretschmer (CDU) schloss am Montag eine Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht nicht aus.

"Es hat noch nicht ein einziges Gespräch stattgefunden und ich rate jetzt immer zu sehr viel Geduld und Klugheit", sagte er in Berlin. Wenn man die Interessen des eigenen Landes in den Mittelpunkt stelle, "ist es bestimmt möglich, Schnittmengen zu finden. Aber es setzt voraus, dass man sowohl die eigene Partei als auch die eigene Person etwas zurückstellt."

Der Wahlausgang gebe der CDU die Chance auf eine stabile Regierung. "Es geht darum, in Ruhe und großer Verantwortung darüber zu sprechen, welche Themen jetzt notwendig sind."

Auch Sachsens CDU-Generalsekretär Alexander Dierks zeigte sich überzeugt, dass es "im Ergebnis langer Gespräche" möglich sein wird, eine Mehrheitsregierung im Freistaat zu bilden. Im Detail wollte er sich zu Koalitionsmöglichkeiten für die Union nicht äußern.

Wenn es um eine Mehrheitsregierung geht und die AfD ausgeschlossen ist, gibt es für die CDU nur die Möglichkeit einer Koalition mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und der SPD. Ein Bündnis, das der Parteienforscher Karl-Rudolf Korte wegen der Farben Schwarz, Lila und Rot "Brombeer-Koalition" nennt.

Man werde in Gesprächen mit dem BSW Stück für Stück schauen, wo es Schnittmengen gibt und wo sich Kompromisse definieren lassen, sagte Dierks.

BSW will "ordentliche Politik" machen

Die sächsische SPD sieht eine mögliche Koalition unter Beteiligung des BSW "extrem skeptisch". Der Kurs der Wagenknecht-Partei sei extrem unklar, es gebe vor allem bei landespolitischen Themen große Lücken im Wahlprogramm, sagte Landeschef Henning Homann. Auch zu einer möglichen Minderheitsregierung äußerte er sich zurückhaltend. Optionen, die formal existierten, müssten noch lange nicht funktionieren, sagte er. Die SPD stehe aber grundsätzlich für Gespräche bereit.

Vertreter des BSW zeigten sich hinsichtlich möglicher Koalitionsgespräche zuversichtlich. Man wolle eine "ordentliche Politik" in Sachsen machen. Am Dienstag werde man sich mit den 15 zukünftigen Abgeordneten treffen und die Wahl auswerten, sagte BSW-Politiker Lutz Richter. Man wolle "in den nächsten Wochen geeignetes Personal für unseren Politikansatz finden". Es gebe zwar einige Mitglieder ohne parlamentarische Vorerfahrung, "aber nicht ohne Lebenserfahrung".

Der Vorsitzende Jörg Scheibe nannte erneut die Forderung, gemeinsam mit dem Regierungspartner für diplomatische Verhandlungen im Ukraine-Krieg einzustehen. Man wolle Druck auf Berlin ausüben. Zentrale Themen in Sachsen seien etwa ein Corona-Untersuchungsausschuss oder der Bürokratieabbau in der Wirtschaft, um klein- und mittelständische Unternehmen zu entlasten.

Wagenknecht: "Koalitionspartner müssen mit mir reden"

BSW-Chefin Sahra Wagenknecht stellte indes klar, dass sie sich als erste Ansprechpartnerin für mögliche Koalitionspartner ihrer Partei in Thüringen und Sachsen sieht. "Wer mit uns koalieren möchte, muss auch mit mir sprechen", sagte sie. "Ich denke schon, ein persönliches Gespräch ist da angemessener als ein Telefonat." Die eigentlichen Koalitionsverhandlungen würden aber im Land geführt.

Eine Zusammenarbeit mit der AfD schloss die CDU erneut aus. Sachsens AfD-Chef Jörg Urban warnte indes vor dem Versuch, "gegen den Wählerwillen Politik zu machen". Mehr als 60 Prozent der Wähler hätten sich für AfD oder CDU entschieden. Es sei der Wunsch der Bevölkerung, eine stabile Regierung zu bekommen, erklärte AfD-Generalsekretär Jan Zwerg. Zusammen hätten CDU und AfD mehr als 80 Mandate im Landtag, es gebe auch inhaltlich große Schnittmengen.

Das neu gewählte Parlament muss nach der sächsischen Verfassung spätestens 30 Tage nach der Landtagswahl zur ersten Sitzung zusammenkommen – also spätestens am 1. Oktober. Erst mit dieser Sitzung endet die Amtszeit des vorherigen Landtags.

Der Ministerpräsident wird vom Landtag mit der Mehrheit seiner Mitglieder in geheimer Abstimmung gewählt. Wird der Regierungschef nicht innerhalb von vier Monaten nach der Konstituierung des neuen Landtags gewählt, muss dieser aufgelöst werden. Zeit für die Bildung einer Regierung bleibt Michael Kretschmer bis Anfang Februar. (dpa, SZ/sca)