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Sachsen

Morgenlage in Sachsen: Wahlfälschung; Sondierungen; Kretschmer; Brombeere

Wahlfälschung: Erste Fälle außerhalb von Dresden + Sachsen-CDU macht ersten Schritt in Richtung Sondierung + Schuldenbremse lockern? Kretschmer zurückhaltend + "Brombeer"-Koalition: Woher kommt der Begriff?

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Bei der Auszählung von Briefwahlstimmen sind in mehreren sächsischen Wahlkreisen manipulierte Stimmzettel entdeckt worden.
Bei der Auszählung von Briefwahlstimmen sind in mehreren sächsischen Wahlkreisen manipulierte Stimmzettel entdeckt worden. ©   dpa

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Guten Morgen,

mehr als einen Tag hat es gedauert, bis sich auch in der CDU ganz herumgesprochen hat, was das Ergebnis dieser denkwürdigen Landtagswahl konkret für den eigenen Regierungsanspruch bedeutet. Die CDU und das BSW - passt das wirklich zusammen?, fragen sich mittlerweile auch einige CDUler. Beispielhaft für diese aufkommende Skepsis steht das X-Statement des NRW-Bundestagsabgeordneten Matthias Hauer: "Das wäre Gift für die Glaubwürdigkeit der CDU - und zwar bundesweit. Die CDU muss weiterhin klar gegen Rechts- UND Linksaußen stehen. Die Wagenknechte sind NICHT die harmloseren Linken, sondern im Gegenteil." Welche Koalition er stattdessen vorschlägt, schreibt Hauer natürlich nicht.

Fest steht: Der parteiinterne Druck auf Ministerpräsident Michael Kretschmer wird nicht kleiner - von zwei Seiten. Die eine will kein Bündnis mit dem BSW, die andere es hingegen doch mit der AfD probieren - trotz Unvereinbarkeitsbeschluss. Da hilft es auch nichts, dass Kretschmer betont hat, sich nicht hineinreden lassen zu wollen. "Ich brauche keine Beinfreiheit aus Berlin, sondern wir haben, seitdem es die sächsische Union gibt, die Dinge immer allein entschieden. Daran wird sich auch nichts ändern", hatte er bereits am Montag gesagt. Doch auch innerhalb der sächsischen Union sind die Zweifel groß.

Vielleicht werden sich auch manche der Christdemokraten fragen, warum man eigentlich eine Koalition mit den Linken von vornherein ausschließt, wenn ein Bündnis mit dem BSW zumindest möglich zu sein scheint. Die Linke-Landtagsabgeordnete Kerstin Köditz sieht es auf X jedenfalls so: "Jetzt werden Koalitionsgespräche mit jenen geführt, wegen denen sie mit uns nie reden wollten. Popcorn für alle!" Da ist etwas Wahres dran, oder?

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

Das Wichtigste am Morgen:

Wahlfälschung: Erste Fälle auch außerhalb von Dresden

Bei der Auszählung von Briefwahlstimmen sind in mehreren sächsischen Wahlkreisen manipulierte Stimmzettel entdeckt worden. Laut Polizei hätten Unbekannte bei Briefwahlzetteln das bereits gesetzte Kreuz überklebt und stattdessen die rechtsextreme Kleinstpartei Freie Sachsen angekreuzt. Inzwischen hat das Landeskriminalamt die Ermittlungen übernommen. Etwa 130 manipulierte Wahlzettel gebe es inzwischen. In unterschiedlichen Dresdner Wahlkreisen wurden etwa 117 Wahlzettel gefälscht. Auch aus zwei Wahlbezirken des Kreises Radeberg im Südwesten des sächsischen Landkreises Bautzen liegen der Polizei inzwischen 14 gefälschte Wahlzettel vor.

Die Wahlbehörde in Dresden teilt mit, dass etwa die Dresdner Wahlbezirke 36011 und 36012 in Langebrück im Norden von Dresden betroffen seien. Im Wahlbezirk 36012 schnitten die Freien Sachsen auffallend gut ab. Dort erreichten sie mit 59 Direktstimmen und 60 Listenstimmen jeweils 10,2 Prozent. Insgesamt kam die Kleinstpartei bei der Landtagswahl auf 2,2 Prozent. Auf ihrem Telegram-Kanal dementierten die Freien Sachsen, etwas mit der Manipulation der Stimmzettel zu tun zu haben. AfD-Sozialpolitiker André Wendt spricht hingegen von einer "großen Wahlfälschung" zum Nachteil der AfD. Alle Stimmen in Sachsen sollen demnach überprüft oder neu ausgezählt werden, forderte Wendt in einer Mitteilung.

Sachsen-CDU macht ersten Schritt in Richtung Koalition

Die sächsische CDU macht als Sieger der Landtagswahl erste Schritte, um mit anderen Parteien über eine mögliche Regierungskoalition zu sprechen. Das beschloss der Parteivorstand auf seiner ersten Zusammenkunft nach der Wahl. An dem Treffen nahm auch der CDU-Spitzenkandidat und sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer teil. Auf Anfrage von Sächsische.de erklärt dazu Sachsens CDU-Generalsekretärs Alexander Dierks: "Der Landesvorstand der Sächsischen Union hat sich darauf verständigt, den im Landtag vertretenen Parteien, außer AfD und Linkspartei, in den nächsten Wochen Gespräche anzubieten." Alle aktuellen Entwicklungen nach der Wahl gibt es in unserem Ticker.

Schuldenbremse lockern? Kretschmer zurückhaltend

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hat sich zurückhaltend zu einer Lockerung der Schuldenbremse geäußert. Dies befürworten die beiden möglichen künftigen Koalitionspartner BSW und SPD. "Es ist eine besondere Stärke von Sachsen, dass wir jetzt nicht die Zinsen für Kredite aus den 1990er- oder 2000er-Jahren zahlen müssen. Wir haben die höchste Investitionsquote aller Länder, wir müssen Prioritäten setzen", sagt er im Kurzinterview mit Sächsische.de nach seinem Wahlkreissieg in Görlitz. Zugleich äußert er sich zu seinen Zielen in den nächsten Jahren. Er wolle auch, "dass wir das Thema Lehrer klären. Da haben die Menschen recht, die Lage ist absolut unbefriedigend. Da müssen wir Veränderungen erreichen."

Fünf überraschende Ergebnisse der Landtagswahl

Die Wahlergebnisse in einigen sächsischen Gemeinden sind einen genaueren Blick wert. Sächsische.de analysiert fünf Besonderheiten:

- Im Wahlkreis Zwickau 5 gab es das engste Duell zwischen zwei Direktkandidaten. Für AfD-Kandidat Mike Moncsek stimmten 11.242 Menschen, sodass er mit nur 189 Stimmen Vorsprung auf Ina Klemm (CDU) gewann.
- Elaine Jentsch (CDU) bekam in Crostwitz mit mehr als 68 Prozent der Stimmen das beste Ergebnis aller Direktkandidaten in allen sächsischen Gemeinden.
- Eine Gemeinde hält zur FDP. Es ist Deutschneudorf. Der Grund heißt: Heinz-Peter Haustein. 105 Stimmen bekam er als Direktkandidat, mehr als 25 Prozent.
- Unter den amtierenden Ministern, die zur Wahl antraten, lief es für die beiden Grünen-Minister Wolfram Günther (Umwelt) und Katja Meier (Justiz) am schlimmsten. Sie konnten beide weniger als fünf Prozent der Wähler ihres Wahlkreises überzeugen.
- Die höchste Wahlbeteiligung gab es in Markersdorf im Landkreis Görlitz. Dort gingen etwas mehr als 90 Prozent der Menschen wählen.

Hier geht es zur kompletten Analyse.

"Brombeer"-Koalition: Wer hat den Begriff erfunden?

CDU, Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) und SPD - so lautet Stand jetzt die wahrscheinlichste Regierungskoalition nach der Landtagswahl. Auch sie braucht eine Kurzbezeichnung. Da es kein Land mit den Flaggenfarben Schwarz (für CDU), Lila (für BSW) und Rot (für SPD) gibt, ist man offensichtlich in die Welt der Flora und Fauna ausgewichen. Die Brombeere wurde ausgewählt, weil sie in unterschiedlichen Reifegraden alle Farben der möglichen neuen sächsischen Koalition enthält. Der Begriff geht zurück auf den Parteienforscher Karl-Rudolf Korte und einen Gastbeitrag von Ende August.

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