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Morgenlage in Sachsen: Solingen, U18-Wahl; Freie Sachsen; AfD-Vorhaben

Solingen: Diese Konsequenzen fordern Sachsens Politiker + AfD bei U18-Wahl deutlich vorn + Freie Sachsen setzen bei der Wahl auf Anhänger der AfD + Expertin: "Sind Zielland russischer Desinformationskampagnen"

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Der terroristische Anschlag in Solingen, bei dem drei Menschen durch den Messerangriff eines mutmaßlichen Islamisten starben, sorgt weiter für heftige Debatten - auch in Sachsen.
Der terroristische Anschlag in Solingen, bei dem drei Menschen durch den Messerangriff eines mutmaßlichen Islamisten starben, sorgt weiter für heftige Debatten - auch in Sachsen. ©   dpa

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Guten Morgen,

hat Sachsen so etwas schon einmal erlebt? Mit Kanzler Olaf Scholz (in Delitzsch), Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (in Chemnitz) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (in Meißen und Dresden) halten sich heute die drei vielleicht wichtigsten Vertreter der Bundesregierung im Freistaat auf. Hinzu kommt, dass die AfD mit Chrupalla, Weidel und Urban in Bautzen alles auffährt, was in der Partei Rang und Namen hat, und Sahra Wagenknecht in Chemnitz weilt. Dass auch die Linken-Koryphäe Gregor Gysi sowie die Parteichefs der Grünen und SPD, Omid Nouripour und Lars Klingbeil, heute in Sachsen unterwegs sind, ist da schon fast eine Randnotiz.

Übrigens: Wenn Sie wissen wollen, wie gestern Abend der Auftritt des CDU/CSU-Trios Friedrich Merz, Markus Söder und Michael Kretschmer in Dresden verlief, dann lesen Sie gern hier weiter. Und wenn Sie wissen wollen, wie Sachsens politische Promi-Woche weitergeht, dann haben wir hier die wichtigsten Termine zusammengefasst.

Die Aufzählung der politischen Prominenz zeigt: Es ist Wahlkampf-Endspurt und es wird ein enges Rennen erwartet - egal, ob es um den Kampf um die meisten Stimmen geht oder um das Überspringen der Fünf-Prozent-Hürde. Die prominenten Wahlkämpfer aus Berlin sorgen da schonmal für eines: wichtige Aufmerksamkeit. Zweitens soll die Prominenz der Bundespolitiker etwas auf die eigenen Landes-Spitzenkandidaten abfärben. Und drittens geht es abseits der üblichen Wahlkämpferei auch ganz realpolitisch um Themen, die in Sachsen existieren, aber zum Teil oder ausschließlich bundespolitisch gelöst werden können. Da ist es ja zumindest nicht schlecht, wenn Scholz, Baerbock und Co. sich wenigstens ein bisschen in Sachsen auskennen. Ob aber ihre Auftritte dann bei der Landtagswahl am Sonntag tatsächlich für mehr Stimmen sorgen, steht freilich auf einem anderen Blatt.

Ich wünsche Ihnen einen guten Start in den Tag.

Ihr Tobias Winzer, Politikredakteur Sächsische.de

Das Wichtigste am Morgen:

Solingen: Diese Konsequenzen fordern Sachsens Politiker

Der terroristische Anschlag in Solingen, bei dem drei Menschen durch den Messerangriff eines mutmaßlichen Islamisten starben, sorgt weiter für heftige Debatten - auch in Sachsen. Ministerpräsident Kretschmer und Innenminister Armin Schuster (beide CDU) fordern die Aussetzung des Familiennachzuges für Personen mit subsidiärem Schutz und mehr Abschiebeflüge nach Syrien und Afghanistan. Kritik kommt von der FDP, die Kretschmer selbst in der Pflicht sieht, "da Abschiebungen Ländersache sind". Auch dessen Forderung nach einer Obergrenze von 50.000 neuen Flüchtlingen pro Jahr stößt in Sachsen auf Widerspruch. So warnt die Linke vor einem "hysterischen Überbietungswettbewerb" zur Verschärfung des Asylrechts. Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) warnt vor parteipolitischer Instrumentalisierung. "Niemand sollte so tun, als hätte diese Tat durch die eine oder die andere einzelne Maßnahme verhindert werden können."

AfD bei U18-Wahl deutlich vorn

Die AfD hat in Sachsen bei einer simulierten Landtagswahl für Jugendliche mit deutlichem Abstand am besten abgeschnitten. 34,5 Prozent der unter 18-Jährigen gaben der Partei dabei ihre Stimme, wie der Kinder- und Jugendring Sachsen mitteilte. Mit 16,2 Prozent kam die CDU auf Platz zwei, gefolgt von der Linken (11,8 Prozent). Für die SPD stimmten 8,5 Prozent der Jugendlichen, für die Grünen 5,7 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht erreichte 4,8 Prozent. Die Wahl stellt keine repräsentative Umfrage dar. Der Vorsitzende des Kinder- und Jugendrings nennt das Ergebnis "besorgniserregend". Eine Studie von Generationenforschern zeigt außerdem, dass viele Erstwähler die Grünen als Bedrohung wahrnehmen. So gaben 25 Prozent der Befragten im Westen und 30 Prozent im Osten in einer Erhebung des Instituts für Generationenforschung an, dass die Partei ihnen Angst mache. Sie werde teils als extremistisch und Verbotspartei dargestellt, sagte Institutsgründer Rüdiger Maas. Größer war demnach nur die Angst vor der AfD mit 65 Prozent im Osten und 74 Prozent im Westen.

Freie Sachsen setzen bei der Wahl auf Anhänger der AfD

Sie wollen Kretschmer verhaften und dass Sachsen aus Deutschland austritt: die rechtsextremen Freien Sachsen. Zur Landtagswahl, bei der es die Fünf-Prozent-Hürde gibt, versuchen die Freien Sachsen diese mit einer Zweitstimmenkampagne zu knacken. Ihre Erzählung geht dabei so: Die Direktkandidaten der AfD seien so stark, dass die AfD die Zweitstimmen gar nicht brauche. Wähler sollen daher der AfD die Erst- und den Freien Sachsen die Zweitstimme geben. So könnten sich die "patriotischen Kräfte" im Landtag bündeln. Die Freien Sachsen vermarkten das offensiv, laden gar "Erklärvideos" zum Wahlsystem hoch. Offiziell hält die AfD, in Sachsen ebenfalls als "gesichert rechtsextrem" eingestuft, die Freien Sachsen auf Distanz. Die Partei hat einen Unvereinbarkeitsbeschluss mit den Freien Sachsen. Spitzenkandidat Jörg Urban wirbt dafür, beide Stimmen der AfD zu geben. Auf Demonstrationen passen jedoch zwischen Fahnenträger der beiden rechtsextremen Parteien mitunter kein Blatt. In den Stadträten von Eilenburg und Zittau haben sich bereits gemeinsame Fraktionen gebildet.

Derweil nennt die AfD erste Vorhaben, falls sie regieren sollte. Man wolle einen Kassensturz machen und Geld zugunsten von innerer Sicherheit und Bildung umschichten. Projekte zum Gendern und zur Demokratieförderung erachte die Partei als nicht dringlich, wie Spitzenkandidat Jörg Urban sagte. Mit Blick auf den Lehrermangel will die AfD überprüfen, ob verbeamtete Pädagogen statt in Teil- auch in Vollzeit arbeiten können. Kinder aus ausländischen Familien, die wenig Chancen auf Bleiberecht haben, sollen von Volkshochschulen oder Flüchtlingshilfeinitiativen unterrichtet werden. Zudem will die AfD, sollte sie regieren, vier Medien- und Rundfunkstaatsverträge zum Jahresende kündigen.

Expertin: "Sind Zielland russischer Desinformationskampagnen"

Kommunikationswissenschaftler und KI-Experten schauen derzeit sehr genau hin, was sich vor den beiden Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen im Netz tut. "Künstliche Intelligenz und Tools wie ChatGPT haben aus meiner Sicht die Möglichkeit der Wahlbeeinflussung verstärkt", sagt Michael Färber, Informatikprofessor an der TU Dresden und im Team von Scads.AI. Dies ist eines von bundesweit fünf Kompetenzzentren für Künstliche Intelligenz in Dresden und Leipzig. "Im Wahlkampf bedienen sich alle Parteien in Deutschland digitaler Plattformen", sagt Marianne Kneuer, Professorin für politische Systeme und Systemvergleich an der TU. Auch sie ist beim KI-Center Scads.AI beteiligt. Prinzipiell unterscheiden müsse man aber diesen legitimen Wahlkampf in den digitalen Medien von den kriminellen Handlungen. "Deutschland ist definitiv ein Zielland russischer Desinformationskampagnen. Und nicht erst jetzt und nicht nur im Zusammenhang von Wahlen", sagt Kneuer. "Ich gehe davon aus, dass das daher auch bei den Wahlen in Ostdeutschland der Fall ist. Welche Dimension das hat, ist schwieriger zu beurteilen."

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