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Morgenlage in Sachsen: Solingen; Günther vs. Kretschmer; Wagenknecht; Sexismus

Schuster nach Solingen: "Meine Geduld ist aufgebraucht" + Günther teilt gegen Kretschmer aus + BSW-Chefin: "Kretschmer hat Angst vor Sahra Wagenknecht" + Hat Sachsens Polizei ein Sexismus-Problem?

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Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen fordert Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) erneut stärkere Grenzkontrollen und konsequentere Abschiebungen.
Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen fordert Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) erneut stärkere Grenzkontrollen und konsequentere Abschiebungen. © Karl-Ludwig Oberthür

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Guten Morgen,

es gibt neben allen wichtigen Ereignissen, politischen Äußerungen und sonstigen Geschehnissen - von denen dieses Wochenende wahrhaftig voll war - auch die kleinen, aber feinen Events, die auf ihre Weise ein Highlight setzen für Beobachter der hiesigen politischen Verhältnisse.

Unter diese Kategorie fällt für mich die Preisverleihung des Dresdner Presseclubs an die Ukrainerin Natalija Bock. Sie engagiert sich seit Jahren von ihrer neuen Heimat Dresden aus für ihre Landsleute, für Begegnungen, Austausch – und seit zweieinhalb Jahren auch für die Kriegsflüchtlinge aus ihrer Heimat. Grund genug ihr den renommierten Erich-Kästner-Preis zu verliehen – für Toleranz, Humanität und Völkerverständigung. Und so trafen sich auch in den ersten Sitzreihen während der Auszeichnung Politiker von Grünen, SPD und CDU, darunter mit Katja Meier (Justiz), Wolfram Günther (Umwelt) und Christian Piwarz (Kultus) gleich drei Landesminister sowie der ukrainische Botschafter Oleksii Makeiev, um die Engagierte auf Schloss Albrechtsberg zu würdigen.

Sie sei das "Gesicht der Ukraine" in Dresden, lobte der frühere sächsische Ministerpräsident Georg Milbradt die Preisträgerin. Der 79-Jährige ist seit Jahren als Berater in der Ukraine aktiv. Es habe in den 90er-Jahren eine Aufarbeitung der Vergangenheit der DDR sowie der historischen Rolle der Sowjetunion nach dem Zweiten Weltkrieg gefehlt. Immer wieder spüre er einen ausgeprägten Anti-Amerikanismus, der für ihn ein Teil der Erklärung für die aktuelle Stimmungslage im Land sei.

Inhaltlich ganz an seiner Seite war da der grüne Vize-Ministerpräsident Wolfram Günther. Die Russland-Liebe in der DDR sei eine Erfindung der letzten Jahre, urteilte er – unter viel Beifall. Der Ukraine müsse auf alle möglichen Wege geholfen werden. Die Feier-Gesellschaft auf Schloss Albrechtsberg war sich darin einig. Mitten im Wahlkampf, in dem so viele so andere Töne anschlagen.

Herzlichst,

Ihre Annette Binninger, Chefredakteurin Sächsische.de

Das Wichtigste am Morgen:

Schuster nach Solingen: "Meine Geduld ist aufgebraucht"

Nach dem tödlichen Messerangriff von Solingen fordert Sachsens Innenminister Armin Schuster (CDU) erneut stärkere Grenzkontrollen und konsequentere Abschiebungen: "Meine Geduld mit der Artikulation von Bestürzung und politischen Beteuerungen ist aufgebraucht. Die Ampel ist in der Migrationspolitik vom ersten Tag an ein säumiger Schuldner geblieben". Schuster kritisiert die Ampel-Koalition und fordert den Familiennachzug für Personen mit subsidiärem Schutz aussetzen. "Deutschland hat sich in den zurückliegenden Jahrzehnten zu einem Asylmagneten entwickelt und um das umzukehren, müssen wir einen harten und in der Welt spürbaren Kurswechsel vollziehen." Das sind die weiteren Reaktionen aus Sachsens Politik.

Günther teilt gegen Kretschmer aus

CDU-Spitzenkandidat Michael Kretschmer wirbt für strategisches Wählen. In der aktuellen Folge des Podcasts Machtwechsel der Zeitung Welt betont der CDU-Spitzenkandidat mit Blick auf hohe AfD-Ergebnisse bei der Europawahl im Juni: Jeder der sich die Daten anschaue und Stabilität wolle, werde feststellen, "es gibt nur diesen Weg. Man muss jetzt strategisch wählen." Die Taktik birgt jedoch Risiken. Sollte Kretschmer mit seinem Appell Erfolg haben, könnte das die schwierige Situation von SPD und Grünen in Sachsen verschärfen. Die Parteien sind deshalb von Kretschmers Strategie wenig begeistert. Mehrfach haben die sächsischen Grünen im Wahlkampf betont, sie seien Garant für eine Regierung ohne AfD. Als "demokratische Lebensversicherung für diesen Freistaat" bezeichnet die grüne Justizministerin Katja Meier ihren Landesverband.

Derweil wirft der grüne Vize-Regierungschef Wolfram Günther der CDU und Kretschmer vor, "die Zukunft Sachsens aufs Spiel zu setzen". Kretschmer wette auf Kohle, Atomstrom und Verbrenner und riskiert damit den Wohlstand in Sachsen, sagt Günther. Er werde von Unternehmern geradezu angefleht, sagt Günther: "Wir brauchen Grünstrom, sonst können wir hier einpacken. Es darf nicht passieren, dass die Energiewende nach der Wahl zurückgedreht wird." "Mir sagen Unternehmer über die CDU: "Was machen die da? Das schadet uns"", sagt Günther. Kretschmer lasse auch die im Stich, die sich gegen Rechtsextremismus engagieren.

BSW-Chefin: "Kretschmer hat Angst vor Sahra Wagenknecht"

Die sächsische BSW-Chefin Sabine Zimmermann hat die Kritik von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) an Sahra Wagenknecht zurückgewiesen. "Wir können auch nichts dafür, dass Herr Kretschmer offenbar Angst vor Sahra Wagenknecht hat", sagt sie laut einer Mitteilung. "Für uns ist es selbstverständlich, dass sich die Parteispitze in Berlin eng mit uns abstimmt", sagt Zimmermann. Sie freue sich über die Unterstützung von Wagenknecht. Zimmermann forderte die CDU zur inhaltlichen Auseinandersetzung auf. "In unserem Wahlkampf geht es um große Themen wie Bildung, Gesundheit und das alles überragende Friedensthema – und nicht darum, welcher Politiker an welchem Verhandlungstisch sitzt", sagte sie. Sollte es nach der Wahl zu Gesprächen kommen, werde es um landesspezifische Themen gehen, dazu gehöre auch die Positionierung Sachsens zur Ukraine-Politik Deutschlands.

Im Interview mit der Zeit spricht sich Wagenknecht derweil für einen anderen Umgang mit der AfD aus. "Wenn die AfD sinnvolle Anträge stellt, sollte man zustimmen, statt ihnen mit einer Ablehnung eine Steilvorlage zu liefern", sagt sie. Zugleich schließt sie aber Vereinbarungen mit dem Thüringer AfD-Chef Björn Höcke und die Tolerierung einer AfD-Minderheitsregierung aus.

Hat Sachsens Polizei ein Sexismus-Problem?

Nach dem Bekanntwerden eines Falls sexueller Belästigung an der Polizeischule Schneeberg fordert ein Kriminologe der Polizeihochschule Sachsen einen konsequenten Umgang mit derartigen Fällen. Der Fall zeige, dass Vorgänge wie diese durchaus einen Platz in der Landespolizei hätten, aber teilweise gedeckt, ignoriert oder jahrelang bagatellisiert würden, sagt Marcel Schöne, Professor für Kriminologie und Direktor des Instituts für Polizei- und Sicherheitsforschung an der Polizei-Hochschule Sachsen. Es sei wichtig, dass die Polizeiführung schnell und entschlossen reagiere und dadurch weitere Fälle bekannt und neue verhindert würden. Schöne vertritt die Ansicht, dass einer modernen Polizei eine Vorbildfunktion zukomme bei der Gleichstellung der Geschlechter. Es müsse ihr Interesse sein, bei diesem Thema "vor die Lage" zu kommen. Er arbeitet derzeit an einer wissenschaftlichen Studie über das "Phänomen Sexismus" und seine Ausprägungen in der sächsischen Polizei. In einigen Interviews hätten Polizistinnen berichtet, dass sie angefasst oder unangemessen angesprochen wurden, so Schöne.

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